I. Vorverfahren, §§ 55 ff. OWiG
Der Versuch, eine Umwandlung des Fahrverbotes bereits im Vorverfahren zu erreichen, wird selten erfolgreich sein, ist aber gelegentlich bei manchen Verkehrsbehörden möglich. Die Verkehrsbehörden neigen grundsätzlich dazu, den Bußgeldkatalog recht schematisch anzuwenden. Soweit es um die Frage geht, ob ein Fahrverbot verhängt oder umgewandelt werden soll, passt die Erörterung von Härtefallgründen nach meinem Verständnis auch besser vor ein Gericht, in der aufgrund von Erfahrung überwiegend begründeten Hoffnung, dass dort mit besonderen Umständen auch angemessener umgegangen werden kann.
II. Zwischenverfahren, § 69 OWiG
Der Übergabe der Akten an die StA nach einem Einspruch (§ 69 Abs. 2 OWiG) geht nach meiner Erfahrung sehr selten eine inhaltliche Überprüfung des Bußgeldbescheides voraus. Auch die StA stellt keine eigene Prüfung an, sondern überlässt selbst bei erheblichen Mängeln des Bußgeldbescheides die Sachverhaltsaufklärung dem Bußgeldrichter (§ 69 Abs. 3 und 4 OWiG). Die rechtlich mögliche Rückgabe der Akten durch das Amtsgericht zurück an die StA, die § 69 Abs. 5 OWiG bei einem nicht hinreichend aufgeklärten Sachverhalt vorsieht, habe ich noch nicht erlebt. Stattdessen wenden sich die Bußgeldrichter direkt an die Polizei oder die kommunale Verkehrsbehörde.
III. Entscheidung durch Beschluss, § 72 OWiG
Bei einem Standardfall könnte das Gericht mit Zustimmung des Betroffenen und der StA auch im schriftlichen Verfahren durch Beschluss entscheiden (§ 72 OWiG). Dies ist möglich, aber eher selten. Diesen Gerichten genügt für die Glaubhaftmachung von Härtefallumständen eine plausible Darlegung nebst schriftlichen Belegen (so die Bestätigung des Arbeitgebers über Urlaubsansprüche und eine drohende Kündigung, ÖPNV-Fahrpläne usw.), während die meisten Richter zusätzlich einen persönlichen Eindruck vom Betroffenen während der Darlegungen für notwendig halten. Kommt es dem Gericht auf die schnelle Erledigung eines offensichtlichen Standardfalls ohne Hauptverhandlung an, kann die Verteidigung, die Bereitschaft des Gerichts auf eine Hauptverhandlung zu verzichten, durch plausibles Vorbringen nebst der vorgenannten Belege und durch die Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch fördern.
IV. Beweisaufnahme, § 77 OWiG
Beweisbeschlüsse zu den Härtefallumständen habe ich bislang nicht erlebt, wohl aber kritische Nachfragen.
Das Gericht hat die Wahrheit von Amts wegen zu erforschen, während den Betroffenen keine Darlegungs- und Beweislast trifft. So lautet der Grundtenor der Kommentierungen zur Beweisaufnahme in Bußgeldsachen, um unmittelbar danach und nicht frei von Widersprüchlichkeit davon auszugehen, dass es dem Betroffenen "obliegt", das Gericht auf Besonderheiten hinzuweisen oder Anknüpfungstatsachen vorzutragen, die für einen Verzicht auf ein Fahrverbot sprechen. Hinsichtlich der Abwendung eines Fahrverbotes sollten der Betroffene und die Verteidigung deshalb rechtzeitig die Darlegung und Glaubhaftmachung von Härtefall- oder anderen besonderen Umständen vorbereiten. Empfehlenswert ist die rechtzeitige schriftsätzliche Ankündigung, dass es dem Betroffenen um die Fahrverbotsvermeidung geht, verbunden mit der Anfrage, was das Gericht zur Glaubhaftmachung für erforderlich hält. Die Entbindung des Betroffenen von der Pflicht zur Hauptverhandlung zu erscheinen, kann dann eine erfolgreiche Fahrverbotsvermeidungsstrategie behindern, weil die überwiegende Zahl der Richter den persönlichen Eindruck vom Betroffenen für zwingend für eine Umwandlung hält. "Wenn es ihm um das Fahrverbot geht, muss er" sich schon die Mühe machen zu erscheinen!“ habe ich in Fällen der erfolgten Entbindung häufiger gehört. Soll bei einem weiten Anreisetermin für den Betroffenen sowohl die Entbindung als auch das Absehen vom Fahrverbot beantragt werden, empfiehlt es sich, schon aus diesem Grund gegenüber dem Gericht das Ziel der Verteidigung nicht erst in der Verhandlung vorzutragen.
Die Bereitschaft des Gerichts, sich auf eine Umwandlung des Fahrverbotes gegen eine Bußgelderhöhung einzulassen, wird durch einen Verzicht auf eine Beweisaufnahme subjektiv spürbar, aber objektiv kaum nachweisbar, gesteigert. Gibt die Ermittlungsakte nichts...