I. Bußgeldhöhe
Es ist zumindest bedenklich, wenn wie im Fall 13 als Erhöhungsfaktor für die Fahrverbotsumwandlung nicht die allgemein übliche Rechtsprechung zugrunde gelegt wird, sondern die durch den Einspruch weggefallende Geldbuße des Bußgeldbescheides mit dem erklärten Motiv, von zukünftigen Einsprüchen abzuschrecken, um das Gericht zu entlasten. Entscheidungen, mit denen die Effektivität der Justiz im Auge behalten wird, sind unter dem Grundsatz des Opportunitätsprinzips gem. § 47 OWiG zulässig, nicht aber bei der Zumessung der Geldbuße, die sich allein daran orientieren darf, was angemessen ist.
Eine Spannbreite von einer Verdoppelung bis zu einer Vervierfachung des Bußgeldes für eine Fahrverbotsumwandlung bei etwa gleich schweren Fällen und Härtefallumständen ist zu groß. Den Fällen 16 und 19 liegt jeweils auch eine Voreintragung zu Grunde. Dennoch ist der schwerere Verstoß mit einer Übertretung um 60 km/h, trotz seinem Angrenzen zur nächsthöheren Rechtsfolge, nur mit einer Verdoppelung des Bußgeldes sanktioniert worden. Der deutlich leichtere Fall, mit 42 km/h nur knapp im Bereich des groben Verstoßes, wurde mit einer Vervierfachung des Bußgeldes deutlich schärfer sanktioniert.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse gehören zu den vom Gericht zu beachtenden Umständen. Ein schlüssiger Vortrag des Betroffenen oder seines Verteidigers, selbst wenn dieser nur eine Einschätzung abgibt, zum Einkommen in Verbindung mit der Berufsangabe, den Unterhaltsverpflichtungen oder den Schulden kann zwar gerichtlichen Nachfragen begegnen, wird aber in der forensischen Praxis im Regelfall akzeptiert. Relevant sind diese Angaben auch für eventuelle Ratenzahlung (§ 18 OWiG), die üblicherweise in vier Monatsraten aufgeteilt wird.
Nicht nur besonders schwerwiegende Tatumstände und Voreintragungen, sondern auch überdurchschnittlich gute wirtschaftliche Verhältnisse können zu einer höheren Geldbuße als nach den Regelsätzen des Bußgeldkataloges vorgesehen führen. Ohnehin kann das Gericht von der Geldbuße des Bußgeldbescheides auch nach oben abweichen. Bei einer Fahrverbotsumwandlung ist die "angemessene" Erhöhung des Bußgeldes gem. § 4 Abs. 4 BKatV sogar ausdrücklich vorgesehen. Nicht geregelt ist, ob der Ausgangspunkt für die Erhöhung der Geldbuße die Regelbuße oder eine schon wegen Voreintragungen oder besonderer Tatumstände modifizierte Geldbuße sein soll.
Rechtsystematisch darf die Geldbuße des Bußgeldbescheides kein unmittelbarer Anknüpfungspunkt sein, da seine Rechtsfolgen durch den Einspruch wegfielen. Um sowohl ent- als auch belastende Umstände, die zu einer Abweichung von der Regelbuße führen können, angemessen zu berücksichtigen, ist es stattdessen sachgerecht, die ggf. vom Gericht modifizierte Geldbuße, die es ohne eine Fahrverbotsumwandlung zugrunde gelegt hätte, für eine Fahrverbotsvermeidung zu multiplizieren.
In der Regel sachgerecht praktiziert wird der Umgang mit den Einkommen von Selbstständigen. Zur Gleichbehandlung mit sozialversicherungspflichtig Beschäftigten werden Abzüge für die Altersvorsorge und die Krankenversicherung für die Bemessung des Bußgeldes und eventuelle Ratenfestsetzungen akzeptiert.
II. Härtefallumstände
Wenn inhaltlich dünne Darlegungen ohne Anhaltspunkte für ihre Glaubhaftmachung dem Gericht nicht genügen, muss das akzeptiert werden. Signalisiert die Verteidigung rechtzeitig und nicht erst in der Verhandlung, dass das Ziel die Vermeidung des Fahrverbotes ist, sollte das Gericht ebenso rechtzeitig darauf hinweisen, welche Belege es für die Glaubhaftmachung von Härtefallumständen erwartet. Setzt das Gericht für die Einschätzung der Glaubwürdigkeit eine Anhörung des Betroffenen in der Hauptverhandlung voraus, muss es bei einem Antrag auf Entbindung des Betroffenen vom persönlichen Erscheinen darauf hinweisen, um einem fairen Verfahren zu genügen.
Wenn das AG Hamburg-St. Georg im Fall 36 ein so einschneidendes Erlebnis, wie ein Trennungsgespräch von Eheleuten, nicht als atypisch und die Außendiensttätigkeit nicht als grundsätzlich härtefallbegründend ansieht, handelt es sich sowohl um eine unübliche als auch nicht angemessene Entscheidung. Dass es sich zudem um einen nicht vorbelasteten Betroffenen handelte, macht die Entscheidung zu einem krassen Ausreißer der Rechtsprechungspraxis, der nicht vorkommen sollte.
III. Viermonatsabgabefrist
Die Wirksamkeit eines Fahrverbotes in Bußgeldsachen beginnt grundsätzlich mit der Rechtskraft des Bußgeldbescheides, § 25 Abs. 2, S. 1 StVG oder des Urteils, soweit keine Abgabefrist von vier Monaten zugestanden wird. Diese Viermonatsfrist kann Betroffenen zugestanden werden, wenn gegen sie innerhalb von zwei Jahren vor der Tat zu...