AVB Luftkasko Ziff. 3.2.2; VVG § 28 Abs. 1
Leitsatz
Die Klausel in Ziffer 3.2.2 AVB eines (Voll-)Kaskoversicherungsvertrags für ein Flugzeug, wonach der Versicherer leistungsfrei ist, wenn das Luftfahrzeug durch andere als nach dem Versicherungsvertrag als berechtigt genannte Luftfahrzeugführer geführt oder zu anderen als den versicherten Zwecken verwendet wurden, ist rechtlich nicht als verhüllte Obliegenheit, sondern als sog. Risikobeschränkung einzuordnen, für die § 28 VVG nicht gilt. Grund dafür ist, dass der Versicherungsschutz von vornherein "ausschnittsweise" nur für den Fall gewährt wird, dass der VN das versicherte Flugzeug steuert.
OLG Köln Beschl. v. 5.11.2020 – 9 U 141/20
1 Aus den Gründen:
Das LG hat mit in jeder Hinsicht zutreffender Begründung die Klage abgewiesen und einen Anspruch des Kl. auf Gewährung einer Entschädigung wegen der Beschädigung seines versicherten Flugzeuges am 23.5.2019 aufgrund der bei der Bekl. dafür unterhaltenen Vollkaskoversicherung verneint …
Nicht zu beanstanden ist, dass das LG eine Leistungsfreiheit der Bekl. gemäß der Ziffer 3.2.2 der vereinbarten AVB bejaht hat, weil das versicherte Flugzeug am Unfalltag nicht vom Kl., der im Versicherungsschein als allein berechtigter Flugzeugführer namentlich genannt ist, gesteuert worden ist, sondern von dem Zeugen R.
Nach Ziffer 3.2.2 AVB ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn das Luftfahrzeug durch andere als nach dem Versicherungsvertrag als berechtigt genannte Luftfahrzeugführer geführt oder zu anderen als den versicherten Zwecken verwendet wurden.
1. Diese Voraussetzungen waren nach dem erstinstanzlichen Vortrag der Parteien … erfüllt. Der Kl. hatte auf Nachfrage des Gerichts erklärt, dass die Angabe in der von der Bekl. vorgelegten und vom Kl. ausgefüllten Schadenanzeige richtig sei, dass das Flugzeug von Herrn R. gesteuert worden sei und dieser auch die Landung durchgeführt habe, was der anwesende Kl. bestätigt hat.
Der Senat geht nicht davon aus, dass der Kl. – so die Behauptung der Bekl. – mit seinem Vorbringen, er hätte dem erfahrenen Piloten respektvoll den linken Sitzplatz überlassen, ohne dabei das Kommando/die Führung im Rechtssinne über sein Flugzeug abzugeben, bestreiten will, dass Herr R. das Flugzeug im Unfallzeitpunkt geführt und gesteuert hat. Vielmehr ist dieses Vorbringen im Zusammenhang mit dem Verweis des Kl. auf die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 923/2012 (SERA) so zu verstehen, dass er sich während des besagten Fluges auch weiterhin nur für den verantwortlichen – und wohl auch versicherten – Piloten eines Luftfahrzeugs gehalten hat, auch wenn er dieses nicht selbst steuerte. Der Kl. führt selbst aus, dass er dem Zeugen R., der als Sachverständiger auch Pilotenprüfungen abnehmen dürfe, bei dem Unfallflug nur die technische Bedienung des Flugzeug überlassen habe, weil er sein Flugzeug in besseren Händen als seinen eigenen habe wähnen dürfen, was das LG als "Führung des Flugzeugs" angesehen haben mag. Er weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass er weder die Verantwortlichkeit für den Flug habe abgeben noch sein Flugzeug oder dessen Versicherungsschutz habe gefährden wollen. Für dieses Verständnis des Vorbringens des Kl. spricht auch sein Hinweis, dass nach der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 923/2012 (SERA) der verantwortliche Pilot eines Luftfahrzeugs, unabhängig davon, ob er die Steuerorgane bediene, für den Betrieb des Luftfahrzeugs im Einklang mit dieser Vorschrift verantwortlich sei und es bei der Qualifikation als Pilot nicht darauf ankomme, wer die Instrumente des Flugzeugs bediene …
2. Dem LG folgend geht auch der Senat davon aus, dass es sich bei der Klausel in Ziffer 3.2.2 AVB nicht um eine um verhüllte Obliegenheit, sondern eine sog. Risikobeschränkung handelt, für die § 28 VVG nicht gilt (vgl. Prölss/Martin/Armbrüster, VVG, 30. Aufl. 2018, § 28 VVG Rz. 6). Dies hat zur Folge, dass die Bekl. unabhängig von einem etwaigen Verschulden des Kl. oder einer Ursächlichkeit der Steuerung des Flugzeugs durch den Zeugen R. für den Schadenseintritt von der Leistungspflicht frei ist.
Nach der Rechtsprechung des BGH kommt es bei der Unterscheidung zwischen einer Obliegenheit und einer Risikobegrenzung nicht nur auf Wortlaut und Stellung einer Versicherungsklausel an. Entscheidend ist vielmehr der materielle Gehalt der einzelnen Klauseln. Maßgeblich ist, ob die Klausel eine individualisierende Beschreibung eines bestimmten Wagnisses enthält, für das der Versicherer Versicherungsschutz gewähren will, oder ob sie in erster Linie ein bestimmtes Verhalten des VN fordert, von dem es abhängt, ob er einen zugesagten Versicherungsschutz behält oder ob er ihn verliert. Wird von vornherein nur ausschnittsweise Deckung gewährt und nicht ein gegebener Versicherungsschutz wegen nachlässigen Verhaltens wieder entzogen, so handelt es sich um eine Risikobegrenzung (BGH VersR 2000, 969 f.).
In der Sache stellt die Rspr. bei dieser Abgrenzung darauf ab, ob ein sorgfältiger VN in einem wenn auch begrenzten Bereich durchgehend V...