Der in der Unfallschadenregulierung tätige Rechtsanwalt ist gut beraten, seinen Mandanten umfangreich zu befragen, um festzustellen, ob und gegebenenfalls welche Versicherungen bei der Schadenregulierung mit zu berücksichtigen sind. Sollte eine Alleinhaftung oder aber eine Mithaftung des Fahrers gegeben sein, können hier weitere unmittelbare Ansprüche des Geschädigten gegenüber der eigenen Haftpflichtversicherung geltend gemacht werden. Dies entweder aufgrund eines Einschlusses in den Vertrag oder aber möglicherweise unter dem Gesichtspunkt der Quasideckung.
In Kenntnis der Forderungsausfallversicherung wird der tätige Rechtsanwalt zukünftig auch solche Mandate in den Blick nehmen, bei denen er in früherer Zeit wegen Aussichtslosigkeit einer Vollstreckung von der Geltendmachung von Ersatzansprüchen abgeraten hat. Die mangelnde Kenntnis der Kollegenschaft von den in diesem Aufsatz besprochenen Versicherungen führt im Übrigen dazu, dass erst wenige Verfahren aus der Quasideckung geführt wurden.
Soweit das LG Erfurt einen Anspruch aus der Quasideckung bei der Fahrerschutzversicherung versagt hat, dürfte dieser Entscheidung nicht zu folgen sein, da sie bereits auf einem völlig unzutreffenden Verständnis der Fahrerschutzversicherung beruht.
Im Anschluss an den im Aufsatz diskutierten Beschluss des OLG Zweibrücken hat das LG Erfurt zunächst einmal dem OLG Zweibrücken vollumfänglich beigepflichtet. Das LG hat dann noch weitergehend festgehalten, dass die Beklagte nicht einmal ein Beratungsprotokoll vorlegen konnte. Von daher war auch das LG von einem Beratungsverschulden ausgegangen. Das LG Erfurt meint indes, dass die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens nicht feststellbar gewesen sei. Begründet wird dies insbesondere damit, dass – so der Leitsatz – die subsidiäre Fahrerschutzversicherung nur in Ausnahmefällen von Belang und daher als "Restschadenversicherung mit einem Entschädigungsfond vergleichbar" sei. Wie der vorliegende Aufsatz zeigt, ist dies bereits eine Fehleinschätzung, was letztlich zur Entscheidung des LG geführt hat, die nicht zu billigen ist. Es lässt sich schlichtweg nicht nachvollziehen, warum ein ordnungsgemäß beratener Versicherungsnehmer nicht zu einem Einschluss einer Fahrerschutzversicherung gelangt, für die er zwischen EUR 15 und EUR 40 im Jahr aufwenden muss, wenn er damit seine erheblichen Risiken als Fahrer abdecken kann, wie gerade der vom OLG Zweibrücken entschiedene Fall aufzeigt.
Nach hiesiger Auffassung ist die Versicherungswirtschaft gut beraten, für einen weitergehenden Einschluss der Fahrerschutzversicherung in den Versicherungsvertrag Sorge zu tragen. Ansonsten wird sich die Versicherungswirtschaft bei zunehmender Kenntnis der Kollegenschaft von der Fahrerschutzversicherung und den Grundsätzen der Quasideckung zahlreichen Prozessen ausgesetzt sehen, für die die Versicherungswirtschaft dann letztlich Deckung gewähren muss, ohne hier eine entsprechende Prämie zu erhalten.
Autor: RA Rolf-Helmut Becker, FA für Verkehrsrecht und Versicherungsrecht, Bergneustadt
zfs 8/2021, S. 424 - 431