"Er will nur spielen", hört so mancher, der ungebeten von einem Hund angesprungen oder ungewollt verfolgt wird; große Freude macht auch die Hinterlassenschaft des vierbeinigen Lieblings, die dessen zweibeiniger Halter nicht von der Straße entfernt hat. Ähnlich beliebt wie Hunde dieser Art und ihre Halter sind Radfahrer, die dem Autofahrer grundsätzlich im Dunkeln ohne Licht in der Einbahnstraße entgegenkommen. Natürlich tragen diese Radfahrer in den seltensten Fällen einen Helm, man kann sie nicht anhalten, selbst wenn sie einen Unfall verursachen. Sie entschwinden, ohne dass man sie am Kennzeichen erkennen kann, ins Dunkle oder Ungewisse. Radfahren ist modern. Wer Rad fährt, schont die Umwelt, da er keine fossilen Brennstoffe einsetzt, um sich fortzubewegen. Der Radfahrer tut etwas für seine Gesundheit; die Wahrscheinlichkeit, dass er wegen einer Herz-Kreislauferkrankung der Versichertengemeinschaft zur Last fallen wird, reduziert sich. Die Mehrheit der Radfahrer nutzt die ausgebauten Radwege, die unsere Städte mehr und mehr im Namen des Klimaschutzes bauen und hierbei die Fahrbahnbreite für Autofahrer und Fußwege für Fußgänger einschränken. Und die Minderheit?
Zurück zu den Hunden: Es gibt in nahezu jedem Bundesland ein Hundegesetz, das präzise regelt, wann Pfiffi mit und ohne Leine, gar mit Maulkorb auf öffentlichem Straßenland bewegt werden darf, für welchen Hund sein Halter einen sog. "Hundeführerschein" benötigt, in Berlin müssen alle Hundehalter für ihre Vierbeiner eine Pflicht-Haftpflichtversicherung unterhalten, die Personen- und Sachschäden mit einer Mindestversicherungssumme von 1,0 Mio. EUR beinhaltet (§ 14 HundeG Bln) abdeckt.
Radfahrer dürfen ohne Nachweis der Kenntnis der StVO, ohne eine Pflicht-Haftpflichtversicherung am Straßenverkehr teilnehmen, dürften die oftmals in hübschem rot gepflasterten Radwege als Dekoration betrachten – es gibt keinen Benutzungszwang – sie unterliegen keiner Kennzeichenpflicht. Wenn sie schuldhaft einen Unfall verursachen, bei dem es zu Sach- oder Personenschäden kommt, mag der geschädigte Fußgänger oder Autofahrer einen Titel erstreiten, ob er aus diesem erfolgreich vollstrecken kann, hängt vom Zufall der Vermögensgröße des schädigenden Radfahrers ab und von dem Zufall, ob er eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat.
Der Gesetzgeber ist gefragt: Die Einführung der Helmpflicht für Radfahrer schützt diesen vor schweren Kopfverletzungen und die Versichertengemeinschaft vor hohen Kosten. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass die Freiheit des Radfahrers ohne Helm größer sein soll, als die des Autofahrers, der die Gurtpflicht hinnehmen muss, ohne Gurt eine Geldbuße riskiert und im Schadensfall eine Einbuße an Leistungen.
Warum werden aus Steuermitteln Radwege gebaut und Radfahrer haben nicht die Pflicht, sie zu benutzen, sondern benutzen weiter die Fahrbahn, die den Autos vorbehalten bleiben sollte, und gefährden dadurch sich und andere? Warum müssen Halter bestimmter Hunderassen einen Eignungstest machen, wenn sie einen Hund führen wollen, Radfahrer aber dürfen ohne jede Kenntnis der StVO am Straßenverkehr teilnehmen?
Als Autofahrerin in Berlin drängt sich mir häufig der Eindruck auf, als seien die Radfahrer, die gegen die Regeln der StVO verstoßen, in der Mehrheit.
Ich weiß, dass dieser Eindruck subjektiv ist und trügt, auch sind mir die schaurigen Zahlen bekannt, die alljährlich über die Opfer unter den Radfahrern im Straßenverkehr veröffentlicht werden.
Würde eine Prüfung für Radfahrer, zumindest aber der Erwerb theoretischer Kenntnisse, nicht zwangsläufig dazu führen, dass diese Zahlen sinken, weil der Inhalt des § 1 der StVO dann allen künftigen Radfahrern bekannt gemacht würde?
Es ist mit den Radfahrern wie mit den Hunden: Wenige schwarze "Schafe" schaden der großen Mehrheit.
Ich wünsche Ihnen, liebe Leserinnen und Lesern, alles Gute und hoffe, dass sie nur braven Hunden und vernünftigen Radfahren mit Haftpflichtversicherung begegnen.
Autor: Monika Maria Risch
RA Monika Maria Risch, FA für VersR, FA für FamR
zfs 8/2021, S. 421