Hinweis

"In der Bußgeldsache gegen … (Entbindungsantrag). Ferner übersende ich das Sachverständigengutachten des ö.b.u.v. Sachverständigen für Geschwindigkeitsmessungen … vom … , dessen Verlesung ich in der Hauptverhandlung beantragen werde. Insbesondere ist bei der streitgegenständlichen Messung zu rügen, dass …"

Bezüglich des verhängten Fahrverbots erlaube ich mir, höflich anzufragen, ob für das Gericht grundsätzlich eine Kompensation oder Teilkompensation in Betracht käme. Der Mandant ist Berufskraftfahrer bei … und als Alleinverdiener und unterhaltsverpflichteter Vater zweier Kinder dringend darauf angewiesen, zumindest arbeitsbedingt Fahrzeuge der Fahrerlaubnisklassen C, C1, C1E und CE zu fahren. Darüber hinaus stellt das Fahrverbot für ihn auch im privaten Bereich eine besondere Härte dar (ggf. näher ausführen). Der Arbeitgeber meines Mandanten hat diesem bereits mitgeteilt, dass eine unbezahlte Freistellung für die Dauer des Fahrverbots für ihn nicht in Betracht käme. Auch Jahresurlaub steht meinem Mandanten für die Dauer des Fahrverbots leider nicht mehr zur Verfügung. Die entsprechenden Nachweise würde ich Ihnen selbstverständlich bei Bedarf sofort übersenden. Mein Mandant ist verkehrsrechtlich bisher nicht (oder eben nur geringfügig) in Erscheinung getreten. Insofern wäre ich dem Gericht sehr dankbar, wenn die Möglichkeit einer Kompensation oder einer Teilkompensation der Lkw-Fahrerlaubnisklassen zumindest in Erwägung gezogen werden könnte. Ich erlaube mir höflich, in der Anlage entsprechende Entscheidungen des Amtsgerichts Tiergarten und des Amtsgerichts Bad Hersfeld als Muster beizufügen. Mit einer Entscheidung im Beschlussverfahren unter Begründungsverzicht gem. § 72 Abs. 6 OWiG erkläre ich mich ausdrücklich einverstanden …“

 

Erläuterung:

Die Möglichkeit der Kompensation des Fahrverbots gegen eine erhöhte Geldbuße, wenn dieses für den Betroffenen eine außergewöhnliche Härte darstellt, wird regional sehr unterschiedlich gehandhabt. Je nach Gericht schwankt der Begründungsaufwand sehr. Wir handhaben es in der Regel so, dass wir zunächst anfragen, ob grundsätzlich die Möglichkeit besteht, über eine Kompensation nachzudenken. Da diese Anfragen in der Regel überhaupt nicht beantwortet werden, entsteht beim Gericht zumindest so etwas wie ein schlechtes Gewissen, wenn in der Hauptverhandlung nachgefragt wird, was man denn eigentlich als Verteidiger wolle, weil der Schriftsatz der Verteidigung gar nicht gelesen wurde. Diese Diskussionen, die wir alle kennen, enden oft sehr personenabhängig. Was in diesem Zusammenhang häufig übersehen wird, ist die Tatsache, dass man bei einem Berufskraftfahrer, der größere Fahrzeuge führt, auch über eine Teilkompensation als milderes Mittel sprechen kann. Der immer wieder ins Feld geführte Gleichheitsgrundsatz bei der Ahnung greift dann nicht, da der Betroffene ja gerade privat nicht fahren darf. Viele Richter kennen diese Möglichkeit überhaupt nicht, so dass es wichtig ist, dass man ihnen den Beschluss möglichst fertig liefert, so dass sie ihn nur abzuschreiben brauchen. Im Gespräch über die Kompensation nutze ich dann häufig noch den § 69a Abs. 2 StGB, in dem ausdrücklich geregelt ist, dass auch von der Fahrerlaubnissperre bestimmte Arten von Kfz ausgenommen werden können. Auch diese Möglichkeit ist weitestgehend unbekannt und sollte in Strafsachen immer wieder thematisiert werden. Viele Richter sind geradezu dankbar, wenn man ihnen eine Möglichkeit bietet, tatsächlich in Härtefällen auch helfen zu können, ohne gegen ihre eigene OLG-Rechtsprechung angehen zu müssen. Bezüglich der praktischen Umsetzung erläutern wir den Richtern dann immer, dass der entsprechende Beschluss des Gerichts während der Fahrten mitzuführen ist und der Beschluss tatsächlich auch so konkretisiert werden kann, dass entweder ein konkretes Fahrzeug mit Kennzeichen oder aber z.B. bei größeren Arbeitgebern diese halterspezifisch konkretisiert werden können.

Autor: Thomas Noack

RA Thomas Noack, FA für Verkehrsrecht, Berlin

zfs 8/2021, S. 423

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