Interessanter könnte hingegen eher die Fallgestaltung sein, dass ein so genannter unbenannter schwerer Fall zur Anwendung von § 243 StGB führt. Dass eine nicht von den Regelbeispielen erfasste Konstellation auch zur Annahme eines besonders schweren Falles führen kann, ist durch die Formulierung der Norm vorgesehen und auch generell anerkannt: Die als Regelbeispiel konzipierte Vorschrift ist nicht abschließend, so dass ein besonders schwerer Fall auch dann in Betracht kommt, wenn Umstände vorliegen, die zwar keines der genannten Regelbeispiele erfüllen, einem solchen jedoch vergleichbar sind. Für die Annahme eines solchen Falles kommt es darauf an, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, dass die Anwendung des erhöhten Strafrahmens geboten ist.
Dass der Diebstahl von Sachen von besonders hohem Wert unter diese ungeschriebene Variante fällt, war bereits Gegenstand der Rechtsprechung des BGH: "Die Annahme eines besonders schweren Falles kann hier naheliegen, weil einmal Sachen von besonders hohem Wert gestohlen worden sind und weil zum anderen die Täter Amtsträger waren, denen die gestohlenen Sachen in ihrer Eigenschaft als Amtsträger zugänglich waren." Der BGH hat in seiner Entscheidung also gerade nicht nur die Kombination aus beiden Elementen als begründend für die Annahme eines höheren Strafrahmens anerkannt, sodass auch ein reiner hoher Wert der Sache den unbenannten besonders schweren Fall eintreten lässt.
Wichtig ist allerdings die Einschränkung, dass es für diese Wertung ohne Belang ist, ob zugleich ein hoher Schaden eintritt. Denn zum Tatbestand des Diebstahls gehört die Vermögensbeschädigung eines Dritten gerade nicht; geschütztes Rechtsgut ist vielmehr das Eigentum und der Gewahrsam. Dennoch kann es bei der Gesamtwertung, ob ein besonders schwerer Fall des Diebstahls vorliegt, auch darauf ankommen, in welchem Maße das Opfer getroffen wird, sodass der Schaden auch schon auf dieser Stufe, später aber jedenfalls für die Strafzumessung nicht außer Betracht bleiben wird, vgl. § 46 Abs. 2 S. 1 StGB ("Auswirkungen der Tat"). Ebenso wenig ist wichtig, ob der Täter üblicherweise mit Sachen von vergleichbar hohem Wert zu tun hat, sodass sich ihm deshalb eher die Gelegenheit geboten hat, einen entsprechenden Diebstahl zu begehen.
Obwohl die – in dieser Hinsicht bezogen auf den hohen Wert des gestohlenen Guts einzige – Entscheidung des BGH eindeutig formuliert ist, ist ihre Rezeption in der Kommentarliteratur gerade nicht so ausgefallen. Viele Kommentierungen nennen die Entscheidung des BGH zum besonders hohen Wert der Sache, aber ohne weitere kritische Einstufung. Hingegen wird mancherorts – allgemein – als Gegenargument ins Spiel gebracht, dass eine zu extensive Ausdehnung der Norm erfolgen würde, wenn nicht auch der unbenannte schwere Fall mit einer Vergleichbarkeit mit einem der konkret benannten Erschwernisgründe aufwarten kann. Dies dürfe nicht über die "Gesamtabwägung aller Umstände" konterkariert werden. In Konsequenz dieser Ansicht läge dann aber im besonders hohen Wert der Sache allenfalls ein Strafzumessungsaspekt, nicht aber ein Argument für die Annahme eines unbenannten besonders schweren Falles, sodass die Lösung allein über §§ 242 und 46 StGB zu suchen wäre.
Dem würde ich nicht folgen wollen. Denn bei Nichtvorliegen eines Regelmerkmals würde ja auch bzw. gerade dann eine Strafschärfung nach § 243 StGB in Frage kommen, wenn sich die Tat nach ihrem Gewicht von Unrecht und Schuld aufgrund der Gesamtbewertung deutlich vom Normalfall des einfachen Diebstahls nach § 242 StGB abhebt. Dass man es beim Diebstahl einer besonders wertvollen Sache, also z.B. eines hochpreisigen Kraftfahrzeugs, aber gerade nicht mit dem Normalfall des Turnschuhdiebstahls im Kaufhaus zu tun hat, sondern es sich dabei durchaus um ein Mehr an Unrecht handelt, erscheint mir plausibel. Denn weder § 242 StGB noch § 246 StGB stellen ausdrücklich auf den Wert der Sache als besonderes Tatbestandsmerkmal oder als Strafzumessungsgrund ab. Zudem ist der Wert der Sache in § 243 Abs. 2 StGB ausdrücklich Abgrenzungsmerkmal, sodass umgekehrt in § 243 Abs. 1 StGB bei besonders hohem Wert die Annahme des unbenannten besonders schweren Falls nachvollziehbar erscheint.
Zutreffend ist aber jedenfalls die Ansicht, dass sich die Abwägung in der vorzunehmenden Gesamtwertung an der Norm des § 243 StGB selbst orientieren muss und man nicht anderenorts normierte Regelbeispiele mit Bezug zu einem hohen Schaden ohne weitere Differenzierung heranziehen darf.