StVG § 7 Abs. 1 § 17 Abs. 1 § 17 Abs. 2; BGB § 280 Abs. 1 § 421
Leitsatz
Zum Ausgleichsanspruch des Unfallgegners gegen den haltenden Nichteigentümer (Leasingnehmer) und den Fahrer nach Regulierung der Schadensersatzansprüche des Leasinggebers wegen der Verletzung seines Eigentums an dem Fahrzeug.
BGH, Urt. v. 18.4.2023 – VI ZR 345/21
1 Sachverhalt
[1] Der klagende Haftpflichtversicherer nimmt die Beklagten auf Gesamtschuldnerausgleich in Anspruch. Am 8.3.2017 kam es zu einem Verkehrsunfall, an dem ein bei der Klägerin versicherter Klein-Lkw und der vom Beklagten zu 2 geführte und von der Beklagten zu 1 gehaltene Pkw beteiligt waren. Hierbei wurde der Pkw beschädigt. Der Pkw stand im Eigentum der S. Leasing SE, von der die Beklagte zu 1 das Fahrzeug geleast hatte. Die in den Leasingvertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (nachfolgend: AGB) der Leasinggeberin enthalten u.a. folgende Bestimmungen, wobei S […] die Leasinggeberin bezeichnet:
"8. Übernahme, Gefahrtragung, Sachgefahr
8.1 Der Leasingnehmer übernimmt das Fahrzeug am vereinbarten Ort der Übernahme gegen Unterzeichnung einer Empfangsbestätigung. Die Übergabe findet nur nach vollständiger Zahlung einer ggf. vereinbarten Mietsonderzahlung statt.
8.2 Für Untergang, Verlust, Beschädigung und schadensbedingte Wertminderung des Fahrzeugs und seiner Ausstattung haftet der Leasingnehmer S[…] ab Besitzübergang auch ohne Verschulden, jedoch nicht bei Verschulden von S[…]. Die Leasingraten sind daher auch zu zahlen für die Dauer von Reparaturarbeiten oder bei einem Ausfall, Verlust oder Untergang des Fahrzeugs. [S[…] tritt dem Leasingnehmer alle Rechte gegenüber Dritten, einschließlich Versicherern wegen des Nutzungsausfalls ab.] Das Kündigungsrecht nach Ziffer 13.8 bleibt unberührt.
8.3 Erfolgt die Übernahme des Fahrzeugs auf Anforderung des Leasingnehmers an einem anderen als dem vereinbarten Übernahmeort, so trägt der Leasingnehmer, sofern nicht in Textform zuvor etwas anderes vereinbart ist, auch das in Ziffer 8.2 beschriebene Risiko während der Überführung des Fahrzeuges zum Übergabeort.
13. Versicherungsschutz und Schadensabwicklung
13.1 Der Leasingnehmer hat – sofern im Rahmen eines sogenannten Full-Service-Vertrages nichts Anderslautendes vereinbart wurde – das Fahrzeug gemäß den Bestimmungen dieser Ziffer 13 zu versichern. Auf Kosten des Leasingnehmers sind folgende Versicherungen abzuschließen und für die Dauer der Laufzeit des Leasingvertrages aufrechtzuerhalten: …
13.2 Mit Abschluss des Einzelleasingvertrages tritt der Leasingnehmer unwiderruflich alle fahrzeugbezogenen Ersatzansprüche (betrifft nicht Ansprüche wegen Personenschaden, Nutzungsausfall, Mietwagen, Lohnfortzahlung) aus den Versicherungsverträgen, sowie gegen etwaige Schädiger und gegen deren Versicherer an S[…] ab. S[…] nimmt die Abtretung an. …
13.4 Der Leasingnehmer hat jeden Schaden am Fahrzeug unverzüglich S.[…] anzuzeigen. …
13.5 Die versicherungstechnische Abwicklung aller fahrzeugbezogenen Schäden erfolgt durch S[…]. … Der Leasingnehmer haftet für alle Schäden, soweit sie nicht von einer Versicherung/Dritten gedeckt werden …
13.7 … Erleidet das Fahrzeug einen Schaden, für den ein Versicherer/Dritter nicht oder nicht in voller Höhe eintritt, hat S[…] gegen den Kunden einen sofort fälligen Anspruch, der sich – je nach Wahl von S[…] – der Höhe nach auf den Reparaturkostenbetrag laut Werkstattrechnung oder auf den Reparaturkostenbetrag laut Gutachten eines Sachverständigen beläuft, sowie ab einer Schadenshöhe von Eur 1.000,-- (netto) die daraus resultierende Wertminderung. … "
[2] Der Unfallhergang konnte nicht geklärt werden. Die Klägerin regulierte die Schadensersatzansprüche der Leasinggeberin vollständig. Mit der Klage begehrt sie von den Beklagten im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs die Zahlung von 50 % des von ihr gezahlten Betrags. Das Landgericht (Darmstadt) hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht (Frankfurt – 22 U 50/20) hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
2 Aus den Gründen:
[3] I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf anteiligen Ersatz der von ihr an die Leasinggeberin gezahlten Beträge zu. Die Klägerin habe die von der Leasinggeberin geltend gemachte Forderung zu Recht in voller Höhe beglichen. § 17 StVG finde im Verhältnis zwischen der Leasinggeberin und dem Unfallgegner keine Anwendung, da die Leasinggeberin nicht Halterin sei. Ein Gesamtschuldnerregress scheide im vorliegenden Fall aus, da ein Verschulden der Beklagten nicht nachgewiesen werden könne. Aus diesem Grund stehe der Leasinggeberin gegen die Beklagten kein Anspruch aus § 823 BGB zu. Ein Anspruch der Leasinggeberin aus § 7 StVG scheitere daran, dass sich die Haftung des Halters nicht auf das von ihm gehaltene Fahrzeug selbst erstrecke. Mangels Nachweises einer Pflichtverletzung käme auch ein Anspruch aus § 280 BGB nicht in Betracht. Es könne...