"… die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an das Sachverständigenbüro/bzw. die Werkstatt … EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen p.a. aus … EUR Zug um Zug gegen Abtretung der vertraglichen Gewährleistungsansprüche sowie etwaiger schadenersatz- und bereicherungsrechtlicher Rückgriffsansprüche aus dem zugrundeliegenden Sachverständigenvertrag/Reparaturvertrag zum Az. … seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen."
Seit den Entscheidungen des BGH vom 16.1.2024 und der nachgeschobenen vom 12.3.2024 (VI ZR 280/22) haben wir in der Praxis eine veränderte Rechtslage und damit einhergehend auch eine veränderte Herangehensweise bei der Schadenregulierung.
Auch wenn der BGH grundsätzlich alle Optionen offenhält, ist der Grundgedanke klar erkennbar, dass der Schutz des Geschädigten im Vordergrund steht und damit die favorisierte Variante, die der Zahlung des Rechnungsbetrags direkt an die Werkstatt ist. Dass dies nicht nur bei noch nicht bezahlter Rechnung, sondern auch bei der noch nicht vollständig bezahlten Rechnung gilt, hat der BGH ebenfalls klargestellt. Auch, dass dies für die Sachverständigenkosten ebenso gilt, ergibt sich aus der oben zitierten Entscheidung vom 12.3.2024. Dass es tatsächlich ohne Abtretung nicht geht, weil im Regelfall der Reparatur-/Sachverständigenvertrag zwischen dem Geschädigten und der Werkstatt oder dem Sachverständigen kein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ist, wurde ebenfalls mitentschieden.
Die erste Frage, die sich für uns deswegen in der Praxis stellt, ist, welche Ansprüche werden konkret abtreten – nur die vertraglichen oder auch die deliktischen? Wir empfehlen den obigen Antrag.
Diese Vorgehensweise ermöglicht uns eine schnelle Klage unmittelbar nach Vorlage der jeweiligen Rechnung. In der Praxis stellen sich dann viele Folgefragen:
- Wie überzeugen wir die Werkstatt davon, auf ihr Werkunternehmerpfandrecht zu verzichten und das Fahrzeug ohne vorhergehende Bezahlung an den Geschädigten herauszugeben?
- Ist der Geschädigte verpflichtet, so wie häufig von Werkstatt und einigen Gerichten gefordert, seine eigene Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen?
- Ist die spätere Kaskoinanspruchnahme ein Fall der Erledigung?
Wir empfehlen in diesem Fall ein kurzes allgemeines Schreiben direkt an das Sachverständigenbüro und später an die Werkstatt, in dem auf die neue BGH-Rechtsprechung hingewiesen wird. Dies bietet für die Beteiligten den großen Vorteil, dass die Klage auf Kosten des Mandanten (Rechtsschutzversicherung) erfolgt, der Schädiger mit Einwendungen gegen das Gutachten oder die Reparaturrechnung bis auf ganz wenige Ausnahmen ausgeschlossen ist und die Zahlung direkt an das Sachverständigenbüro bzw. die Werkstatt erfolgt. Gerade der Hinweis auf die Kosten, den Ausschluss von Einwendungen des Schädigers und der fehlenden Aufrechnungslage hat zumindest verbal dazu geführt, dass die jeweiligen Beteiligten sich dem Vorgehen annähern. Gleichwohl ist Vorsicht geboten, da die Werkstatt als potenzieller Gegner nicht beraten werden darf.
Trotz noch einiger kritischer Punkte, wie eine spätere Kaskoinanspruchnahme im laufenden Prozess oder einer Klage der Werkstatt/des Sachverständigen gegen den Mandanten (dann Widerklage auf Freistellung), sollte der vom BGH eröffnete Weg auch angenommen werden.
Autor: Thomas Noack
RA Thomas Noack, FA für Verkehrsrecht, Berlin
zfs 8/2024, S. 423