RA Dr. Frank Häcker
Wie jedes Jahr kommen nach der Ferienzeit häufig Mandanten in die Kanzleien, die unangenehme Urlaubserinnerungen mitgebracht haben. Dies sind meist Unterlagen der Verwaltungsbehörden oder der Polizei wegen eines Unfalls oder einer Verwaltungsübertretung.
Durch die Umsetzungen der KH-Richtlinien konnten glücklicherweise große Fortschritte auf dem Gebiet der Abwicklung von Auslandsschäden erreicht werden. Der Geschädigte kann infolge der Umsetzungen der 4 KH-Richtlinie wesentlich einfacher und schneller die Schadensersatzansprüche gegen den ausländischen Verkehrsteilnehmer bzw. dessen Haftpflichtversicherung durchsetzen. Dazu bedarf es allerdings besonderer Kenntnisse auf dem Gebiet des Schadensersatzrechts des Staates, in dem sich der Unfall ereignete. Der Auslandsunfall ist häufig der Anlass, dass der Geschädigte den Anwalt aufsucht. Er sucht dabei kompetenten Rechtsrat, den er bei uns Verkehrsanwälten findet.
Zur Beratung des Rechtssuchenden im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht bedarf es der Kenntnis des ausländischen Straf- und Verwaltungsunrechts. Obwohl bereits seit mehreren Jahren die Umsetzung des Rahmenbeschlusses zur gegenseitigen Vollstreckung von Geldsanktionen zwischen den Mitgliedstaaten der EU angekündigt wird, ist diese bislang noch nicht erfolgt. Im Rahmen der Umsetzung des Europarechts (Rahmenbeschluss 2005/214/JI des Rates vom 24.2.2005) steht die Vollstreckung der Strafen aus den Mitgliedsstaaten unmittelbar bevor. Zum jetzigen Zeitpunkt besteht diese Möglichkeit allerdings noch nicht. Die Vollstreckung von ausländischen Strafen und Bußen ist in Deutschland nur eingeschränkt möglich. Nur mit Österreich besteht ein entsprechendes Vollstreckungsabkommen. Die Versuche der Eintreibung ausländischer Bußgeldbescheide durch Inkassounternehmen oder Rechtsanwälte erfolgen ohne rechtliche Basis. Für die Zukunft droht dem Verkehrsteilnehmer allerdings auch in Deutschland eine Vollstreckung ausländischer Knöllchen.
Voraussichtlich Anfang 2009 wird der EU-Rahmenbeschlusses in Deutschland umgesetzt werden, demzufolge Geldbußen und -strafen ab einem Betrag von 70 EUR in allen EU-Staaten anerkannt und vollstreckt werden sollen. Mit der Umsetzung des Rahmenbeschlusses kommen auf uns Verkehrsanwälte ganz neue Tätigkeitsfelder zu. Auf Grund der häufig höheren Strafen als in Deutschland ist damit zu rechnen, dass die Betroffenen den spezialisierten Rechtsanwalt aufsuchen. Aus diesem Grunde bedarf es daher der Weiterbildung im Hinblick auf das materielle und formelle ausländische Recht. Nur so lassen sich die Rechte des Betroffenen erfolgversprechend vertreten. Dabei sind die Regelungen des Rahmenbeschlusses von besonderem Interesse. Nach diesen entscheidet sich, ob die ausländische Sanktion in Deutschland vollstreckt werden darf. So soll die Beachtung des Verfassungsrechts gewährleistet werden. Um dem Betroffenen die in Deutschland erforderliche Fahrerermittlung zu ersparen, soll für den Halter die Möglichkeit bestehen, auf einen Deliktsbescheid hin, welcher einem Verwarnungsgeldangebot ähnelt, ohne Benennung des Fahrers das Verfahren zu beenden. Gerade hier gilt es, darauf zu achten, dass es sich dabei nicht um einen Vorläufer der Einführung einer Halterhaftung auch in Deutschland handelt. So darf es nicht angehen, dass durch den Deliktsbescheid elementare Verfahrensrechte eingeschränkt bzw. verletzt werden. Eine entsprechende Ahndungsmöglichkeit stünde elementar im Gegensatz zu dem Interesse der Erhöhung der Verkehrssicherheit. Durch die Entbehrlichkeit der Fahrerermittlung würde das System der persönlichen Sanktionierung des Fahrers aufgegeben. Die Sanktionierung des Fehlverhaltens mit einem Fahrverbot oder einer Eintragung in einem Register wäre in diesem Fall nicht mehr möglich.
Aus diesem Grunde muss die Umsetzung des Rahmenbeschlusses beinhalten, dass der Halter nicht verpflichtet werden darf, den Fahrer zu benennen. Eine solche Praxis würde das Recht des Betroffenen, von seinem Schweigerecht Gebrauch zu machen in unzulässiger Weise einschränken.
Bei der anstehenden Umsetzung des Rahmenbeschlusses handelt es sich um einen bedeutenden Schritt. Im Interesse der Wahrung elementarer Verfahrensrechte ist aber auf eine verfassungskonforme Umsetzung zu achten, damit in der Umsetzung nicht ein erster Schritt zur Einführung einer Halterverantwortlichkeit liegt.
RA Dr. Frank Häcker, Aschaffenburg