1) Nach dem neuen System der Gewährleistung bei Lieferung einer mangelhaften Kaufsache muss der Käufer zunächst die Nacherfüllung wählen (§ 439 BGB). Das verpflichtet den Käufer bei Ersatzlieferung nach § 439 Abs. 4 BGB zur Zahlung einer Nutzungsvergütung für den Gebrauch der zunächst gelieferten mangelhaften Sache, da § 439 Abs. 4 BGB auf die §§ 346 – 348 BGB verweist, damit die Rücktrittsfolge der Entrichtung einer Nutzungsvergütung für die Nacherfüllung angeordnet wird. Versuche diese als ungerecht empfundene Folgenverweisung durch eine teleologische Reduktion des § 439 Abs. 4 BGB auszuschalten, haben sich nicht durchgesetzt (vgl. Gsell, JuS 2006, 203 205). In dem Vorlagebeschluss, der zur Entscheidung des EuGH geführt hat, hat der BGH es als einer korrigierenden Auslegung unzugänglich bezeichnet, dass die nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte gewollte Rechtsfolge der Nutzungsvergütung entfallen könne (vgl. BGH NJW 2006, 3200):
Der EuGH hat nicht unerwartet die deutsche Regelung der Auslösung einer Nutzungsvergütung für die zunächst gelieferte mangelhafte Sache als einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie angesehen, da damit dem Käufer eine Gegenleistung für die Ausübung seines Gewährleistungsrechtes auferlegt werden.
2) Die damit verbundene Verwerfung einer nationalen Regelung durch den EuGH stellt lediglich fest, dass eine unzureichende Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie vorliege. Die Frage nach der Auswirkung der Entscheidung für die Rechtsbeziehung Käufer/Verkäufer hat von der grundsätzlich geltenden Wirkung der Richtlinie auszugehen, dass sie nur "horizontal", damit im Verhältnis EU/Mitgliedsstaaten wirkt. Auch wenn inzwischen eine deutliche Tendenz zur Anerkennung einer horizontalen Wirkung von Richtlinien, damit im Gleichordnungsverhältnis zwischen Bürgern der EU unverkennbar ist (vgl. Gassner, JuS 1996, 303 ff.; Steindorf, in: Festschrift Everling 1995, 1445 ff.; ablehnend EuGH E 1986, 732 ff.), wird von einer horizontalen Wirkung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie kaum ausgegangen werden können. Das würde zur Folge haben, dass deutsche Zivilgerichte nach wie vor Nutzungsvergütungen bei Ersatzlieferungen zuerkennen müssten, was nach der Rspr. des EuGH zu Staatshaftungsansprüchen wegen legislativen Unrechts führte (vgl. EuGH NJW 1992, 165/Francovich); Lorenz, DAR 2008, 330, 331). Etwas anderes würde dann gelten, wenn der BGH seine Ansicht aufgäbe, dass bei Richtlinienwidrigkeit eines Auslegungsergebnisses trotz Abweichung von Wortlaut und Entstehungsgeschichte dem Regelungsgehalt der Richtlinie der Vorzug zu geben wäre (vgl. Adeneier, NJW 2006, 2465 2467).
RiOLG Heinz Diehl, Frankfurt/M.