Aus den Gründen: [14]„ … II. Die Revision beanstandet zu Recht, dass das Berufungsurteil auf verfahrensfehlerhaften Feststellungen und einer teilweise unzutreffenden Beurteilung der materiellen Rechtslage beruht.
[15] 1. Das BG ist insbesondere seiner tatrichterlichen Pflicht zur Überprüfung des Urteils der Vorinstanz nicht nachgekommen. Es hätte unter Verwertung des gesamten Prozessstoffs auch der ersten Instanz neue Feststellungen treffen und den Vortrag und die Beweisanträge der Parteien zur Kenntnis nehmen und prozessordnungsgemäß bescheiden müssen. Dies war deshalb geboten, weil nicht nur konkrete Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen der Vorinstanz begründet waren, sondern weil das Urteil des LG wegen schwer wiegender Fehler keine hinreichende Entscheidungsgrundlage darstellt. In einem solchen Fall sind erneute Feststellungen des BG i.S.v. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO erst recht zwingend geboten …
[16] 2. Nach dem Beschluss des LG vom 18.12.2001 war durch Einholung eines medizinischen Gutachtens Beweis zu erheben über die bestrittene Behauptung der Klagepartei, sie sei auf Grund der medizinischen Folgen aus dem Unfall vom 3.4.1998 ohne Berücksichtigung der psychischen bzw. psychiatrischen Folgen zu 100 % arbeits- bzw. berufs- bzw. erwerbsunfähig, die Beklagte werde zum Gegenbeweis zugelassen.
[17] a) Das LG hat schon nicht beachtet, dass nach dem unstreitigen Parteivortrag den Verträgen unterschiedliche Bedingungen zu Grunde liegen. Es hat damit die Feststellung des Vertragsinhalts als grundlegender Voraussetzung für eine sachgerechte Behandlung und Entscheidung des Rechtsstreits versäumt. § 8 II (1) S. 1 AUB 61 definiert Invalidität als dauernde Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit, § 7 I (1) S. 1 AUB 88 als dauernde Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit. Auf diese unterschiedliche Definition mag es im Ergebnis häufig nicht ankommen. Erhebliche Unterschiede bestehen jedoch, soweit es um Risikoausschlüsse für Erkrankungen infolge psychischer Einwirkung und für Folgen psychischer und nervöser Störungen im Anschluss an einen Unfall (§ 2 (3) b und § 10 (5) AUB 61) und krankhafte Störungen infolge psychischer Reaktionen, gleichgültig, wodurch diese verursacht sind (§ 2 IV AUB 88), geht. Der Ausschluss des § 2 IV AUB 88 geht erheblich über den der AUB 61 hinaus… Das BG hat ebenfalls nicht zur Kenntnis genommen, dass der Gruppenversicherung die AUB 61 zu Grunde liegen. Das LG hat im Übrigen ebenso wie das BG nicht gesehen, dass psychische Leiden, die auf einer organischen Schädigung oder Reaktion beruhen, nach der Rspr. des Senats weder nach den AUB 88 noch nach den AUB 61 unter den Ausschlusstatbestand fallen. Es war deshalb verfehlt, “psychische bzw. psychiatrische’ Unfallfolgen von der Beweiserhebung auszunehmen, zumal die Beweislast für den Risikoausschluss nach der zitierten Rspr. des Senats und allgemeiner Auffassung der Versicherer trägt. Es erscheint im Übrigen widersprüchlich, dass sich das BG für das Vorliegen einer “psychoreaktiven Störung’ auf das Gutachten Dr. N beruft, dem es zuvor die Überzeugungskraft unter Hinweis auf das gerichtliche Gutachten Dr. Nu abgesprochen hat, und sich zudem nicht damit auseinander setzt, dass Dr. Nu den Ausführungen von Dr. N zu psychischen, neuropsychologischen und psychoreaktiven Störungen nicht beizupflichten vermochte.
[18] b) Mit Recht hat das BG angenommen, dass für die Beurteilung der Invalidität das Ende des dritten Jahres nach dem Unfall maßgeblich ist. Nach beiden hier einschlägigen Bedingungswerken kommt es auf den zu diesem Zeitpunkt erkennbaren, d.h. hinreichend prognostizierbaren Dauerzustand an, wenn eine Erstfeststellung stattgefunden hat und die Neubemessung bedingungsgemäß möglich ist (Senat VersR 2008, 527 f.; VersR 2005, 927 unter II 1; VersR 2003, 1165 unter B I 1b). Das Schreiben der Beklagten vom 20.12.1999 ist als eine Erstfeststellung der Invalidität dem Grunde nach mit der Folge einer Vorschusszahlung nach §§ 11 S. 1, 13 (2) S. 1 AUB 61, § 11 III AUB 88 anzusehen mit der Erklärung des Vorbehalts der Neubemessung nach einem Jahr.
[19] c) Das BG hat auch richtig gesehen, dass für den Beweis der Kausalität zwischen dem (nach § 286 ZPO zu beweisenden) unfallbedingten ersten Gesundheitsschaden und der (ebenfalls nach § 286 ZPO zu beweisenden) Invalidität der Maßstab des § 287 ZPO gilt (BGHZ 159, 360, 368 f.; Senat VersR 2001, 1547 unter II 1 und 2a). Darauf hätte das LG den Sachverständigen hinweisen müssen. Das Verkennen des Beweismaßes führt zur Unvollständigkeit des Gutachtens und damit zu Zweifeln an der Richtigkeit der Feststellungen der Vorinstanz (BGH VersR 2004, 1477 unter II 2a und b). Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit entscheidungserheblicher Feststellungen ist nach der gesetzlichen Neuregelung eine erneute Beweisaufnahme zwingend geboten (BVerfG NJW 2003, 2524). Es war rechtsfehlerhaft, die gebotene Beweisaufnahme mit der eigene Sachkunde nicht...