I. Einleitung
Der Beitrag befasst sich mit einer Auswahl der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs auf dem Gebiet des Vertragsrechts, soweit sie für den Verkehrsrechtler von Bedeutung sind. Der Besprechungszeitraum erstreckt sich auf die Jahre 2009/2010.
II. Aufklärungspflicht hinsichtlich "fliegender" Zwischenhändler
Der Kläger erwarb über den Beklagten zu 2 von dem Beklagten zu 1 ein gebrauchtes Kraftfahrzeug. Als Vorbesitzer waren aus dem Kfz-Brief nur der ursprüngliche Halter sowie der als weiterer Halter eingetragene Beklagte zu 1 ersichtlich. Dieser hatte das Fahrzeug jedoch über den Beklagten zu 2 von einem Zwischenhändler erworben, der beiden Beklagten nur als "A." bekannt war und der das Fahrzeug seinerseits ebenfalls von einem nicht als Halter im Kfz-Brief eingetragenen Vorbesitzer erworben hatte. Über diese Umstände wurde der Kläger bei Abschluss des Kaufvertrages nicht informiert.
Nach Auffassung des BGH ist der Vermittler (der Beklagte zu 2) dem Kläger aus culpa in contrahendo (§ 280 Abs. 1 i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB) zum Schadensersatz verpflichtet, weil er ihn bei den Vertragsverhandlungen nicht über den beiden Beklagten nicht näher bekannten und im Kfz-Brief auch nicht eingetragenen Vorbesitzer ("A.") aufgeklärt habe. Es sei ein Fall der sog. Sachwalterhaftung gegeben (§ 280 Abs. 1 i.V.m. § 311 Abs. 3 BGB). Der Beklagte zu 2 habe besonderes Vertrauen in Anspruch genommen, indem er die Anzeige im Internet in seiner Eigenschaft als Kfz-Händler – ohne Hinweis auf ein Vertretergeschäft – veranlasst und später auch das Verkaufsgespräch geführt und den Vertrag zustande gebracht habe. Mit dem Beklagten zu 1 habe der Kläger demgegenüber keinen Kontakt gehabt. Dies sei als Indiz für ein besonderes Vertrauen gegenüber dem Sachwalter zu bewerten.
Der Gebrauchtwagenhändler habe im Rahmen eines Schuldverhältnisses nach § 311 Abs. 3 BGB die Pflicht, den Käufer auch ungefragt auf ihm bekannte und für den Käufer nicht ersichtliche wesentliche Mängel hinzuweisen. Der Umstand, dass sich einer der Voreigentümer aus dem Kfz-Brief nicht ergebe und nicht mit Namen und Adresse "greifbar" sei, habe negative Auswirkungen auf den Wert des Pkw und damit auch auf die Kaufentscheidung des Interessenten. Denn in diesem Fall bestehe eine größere Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Wagen unsachgemäß behandelt oder der Kilometerzähler manipuliert worden sei. Gegen diese Pflicht zur Aufklärung habe der Beklagte zu 2, dem der Ankauf des Fahrzeugs von "A." bekannt gewesen sei, bewusst verstoßen. Diese vorsätzliche Pflichtverletzung sei ursächlich für den vom Kläger geltend gemachten Schaden gewesen. Ein vertraglicher Haftungsausschluss scheide schon deshalb aus, weil er bei vorsätzlicher Nichtaufklärung analog § 444 BGB nichtig wäre.
Ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen scheide auch nicht deshalb aus, weil im Anwendungsbereich des Sachmängelgewährleistungsrechts ein Rückgriff auf diese Grundsätze nicht zulässig wäre. Der BGH habe zwar entschieden, dass nach Gefahrübergang von einem grundsätzlichen Vorrang der §§ 434 ff. BGB auszugehen sei. Eine Ausnahme sei aber jedenfalls bei vorsätzlichem Verhalten des Verkäufers zu machen.
III. Originallackierung als vereinbarte oder übliche Beschaffenheit
Der Kläger erwarb von der Beklagten ein vier Jahre altes Fahrzeug und leistete zunächst eine Anzahlung. Dieses Fahrzeug hatte er einige Monate zuvor seinerseits an die Beklagte verkauft. Der Pkw verblieb zunächst auf dem Betriebsgelände der Beklagten und wurde dort vor der vereinbarten Restzahlung und Übereignung an den Kläger zerkratzt. Der Kläger trat daraufhin vom Kaufvertrag zurück und forderte die Beklagte zur Rückerstattung der geleisteten Anzahlung auf. Die Beklagte wurde nicht zur Nacherfüllung aufgefordert.
Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung wäre entbehrlich gewesen, wenn die Beseitigung eines Mangels unmöglich gewesen wäre. Eine Mängelbeseitigung seitens des Verkäufers wäre zum einen unmöglich, wenn die Parteien eine (unbeschädigte) Originallackierung als Beschaffenheit des Fahrzeugs vereinbart hätten. Eine solche Originallackierung kann durch Neulackierung des Fahrzeugs nicht wiederhergestellt werden. Die Parteien hatten über die Art der Lackierung weder mündlich noch schriftlich irgendwelche Abreden getroffen. Für die Annahme einer konkludent vereinbarten Beschaffenheit genügt es nach Ansicht des BGH nicht, dass das Fahrzeug sich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in einem den Parteien bekannten, unbeschädigten und unfallfreien Zustand befunden hat. Hieraus lasse sich nicht schlussfolgern, die Parteien hätten eine Originallackierung als Beschaffenheit vereinbart. Zwar könne die für eine Beschaffenheitsvereinbarung erforderliche Willensübereinstimmung auch konkludent in der Weise erzielt werden, dass der Käufer dem Verkäufer bestimmte Anforderungen an den Kaufgegenstand zur Kenntnis bringt und dieser zustimmt. Eine einseitig gebliebene Vorstellung des Käufers genüge jedoch selbs...