ARB 94/2000 § 5 Abs. 3b
Leitsatz
Der Ausschlusstatbestand des § 5 Abs. 3b ARB 2000 setzt voraus, dass der VN – ausdrücklich oder konkludent – Kostenzugeständnisse in der Weise gemacht hat, dass die Kostenlast zu seinem Nachteil von der angesichts der Obsiegensquote objektiv gebotenen Kostenverteilung abweicht. Das ist vom VR darzulegen und zu beweisen.
BGH, Urt. v. 25.5.2011 – IV ZR 59/09
Sachverhalt
Der Kl. nimmt als Mitversicherter in der Rechtsschutzversicherung seiner Ehefrau die Bekl. als Schadenabwicklungsunternehmen des VR auf Freistellung von Anwaltskosten in Anspruch. Der VR erteilte dem Kl. unter dem 23.8.2007 eine Deckungszusage für die außergerichtliche Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen aus einem Autokauf. Der Kl., der die Rückabwicklung des Kaufs mit einem Preis von 15.830 EUR anstrebte, einigte sich schließlich mit dem Verkäufer darauf, dass dieser den verkauften Pkw gegen Anrechnung von 12.000 EUR zurücknimmt, wenn der Kl. stattdessen einen beliebigen Jahreswagen kauft. Eine ausdrückliche Kostenregelung wurde nicht getroffen. Die Anwälte des Kl. erstellten daraufhin eine Kostennote über 1.776,43 EUR. Der VR zahlte hiervon unter Berufung auf § 5 Abs. 3b ARB lediglich 429,90 EUR (= 24,2 % der Kosten), da der Kl. i.H.v. 75,8 % obsiegt habe (12.000 EUR/15.830 EUR).
2 Aus den Gründen:
„…2. Der VR, der sich auf den Ausschlusstatbestand des § 5 Abs. 3b ARB 2000 beruft, hat die tatsächlichen Voraussetzungen für ein Eingreifen dieser Klausel darzulegen und ggf. zu beweisen. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
[12] a) Wie der Senat bereits mit Urt. v. 25.1.2006 (VersR 2006, 404) zur inhaltlich entsprechenden Vorgängerklausel des § 2 Abs. 3a ARB 75 ausgeführt hat, werden auch außergerichtliche Vergleiche vom Anwendungsbereich der Klausel erfasst (a.a.O. unter III 2a), und zwar auch dann, wenn der Vergleich keine ausdrückliche Regelung über die außergerichtlichen Kosten der Parteien enthält, eine Kostenregelung aber konkludent getroffen worden ist (a.a.O. unter III 2b). Dies ergibt sich aus dem Zweck der Klausel, der darin besteht zu verhindern, dass der VN bei den Verhandlungen über die Einigung “unnötige’ Zugeständnisse im Kostenpunkt zu Lasten des Rechtsschutzversicherers macht, um vom Gegner weitere Zugeständnisse in der Hauptsache zu erhalten (Senat, a.a.O. und VersR 1977, 809 unter I 1).
[13] b) Ob dies auch dann gilt, wenn die außergerichtliche Einigung keine Kostenregelung enthält und ihr eine solche auch nicht konkludent entnommen werden kann, wird unterschiedlich beurteilt. So wird aus dem Senatsurt. v. 25.1.2006 teilweise gefolgert, dass die Klausel bei fehlender Kostenvereinbarung nicht anwendbar sein soll, weil es eines Rückgriffs auf die allgemeine Ausgleichsklausel dann nicht bedurft hätte (so Heither/Heither, NJW 2008, 2743, 2745; eine mindestens konkludente Kostenregelung verlangen auch LG Bremen NJW-RR 2007, 1404; LG München I r+s 2008, 512 und VersR 2009, 254; Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 5 ARB 2008/II Rn 50 und 58; a.A. Bauer, NJW 2008, 1496, 1499).
[14] Allerdings wird weithin von einer stillschweigenden Kostenregelung des Inhalts, dass jede Partei ihre eigenen Kosten selbst trägt, ausgegangen, wenn der Vergleich zum Kostenpunkt schweigt (Armbrüster, a.a.O. Rn 50; Harbauer/Bauer, Rechtsschutzversicherung, 7. Aufl., § 2 ARB 75 Rn 168a). Noch weiter gehend hält Bauer die Klausel für anwendbar, wenn die Kostenregelung in einem außergerichtlichen Vergleich ausdrücklich offen gelassen worden ist (a.a.O. 8. Aufl. § 5 ARB 2000 Rn 199). Nach anderer Auffassung ist die Klausel jedenfalls dann nicht anwendbar, wenn die Parteien keine Kostenregelung getroffen haben und auch kein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch bestand (LG Bremen a.a.O.; weitere Nachweise zur uneinheitlichen Rspr. der Instanzgerichte s. bei Harbauer/Bauer, a.a.O., 7. Aufl., Rn 168a und 8. Aufl. Rn 198 f.).
[15] c) Das braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden.
[16] aa) Versicherungsbedingungen sind nach st. Rspr. des Senats so auszulegen wie ein durchschnittlicher VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse diese bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss (vgl. Senat BGHZ 123, 83 unter III 1 b).
[17] Risikoausschlussklauseln sind dabei eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Denn der durchschnittliche VN braucht nicht damit zu rechnen, dass er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne dass die Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht (VersR 2009, 1617 Rn 10 m.w.N.).
[18] Danach ist für ein Eingreifen des Ausschlusstatbestands aus der maßgeblichen Sicht des VN jedenfalls erforderlich, dass er zu Lasten des VR – ausdrücklich oder konkludent – Kostenzugeständnisse gemacht hat. Davon ist auszugehen, wenn die Kostenlast zu seinem Nachteil von der angesichts der Obsiegensquote objektiv gebotenen Kostenverteilung abweicht. Anderenfalls würde das in...