Dieses Urt. ist eines der zahlreichen Urt., über die der Urteilsverfasser Richter Helmut Knöner in "stern TV" unter dem Titel "Massenfreispruch für Raser – Warum ein Richter ALLE freispricht" am 10.11.2010 live bei RTL unter Moderation von Günther Jauch berichtete. Dieses Urt. ist rechtskräftig seit dem 15.4.2011, nachdem die Staatsanwaltschaft ihr Rechtsmittel gegen das Urt. zurückgenommen hat.
Die gegen ein mit weitgehend gleicher Begründung freisprechendes Urt. des AG Herford v. 3.11.2010 von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsbeschwerde hat das OLG Hamm durch Beschl. v. 22.5.2011 (III-3 RBs 61/11 – wiedergegeben bei juris) aus formalen Gründen verworfen, gleichwohl u.a. ausgeführt:
"Der Senat weist jedoch aus Gründen der Sicherung einer einheitlichen Rspr. darauf hin, dass weiterhin an der zur Frage der Rechtsgrundlage für die Anfertigung von Messfotos ergangenen Senatsrechtsprechung festgehalten wird und die vorliegende Entscheidung des AG keine Veranlassung gibt, hiervon abzuweichen. Der Senat vertritt – soweit ersichtlich – wie die anderen Bußgeldsenate des OLG Hamm im Lichte der Entscheidungen des BVerfG v. 11.8.2009 (NJW 2009, 3293 [= zfs 2009, 589]) und 5.7.2010 (NJW 2010, 2717) weiterhin die Auffassung, dass die Vorschrift des § 100h StPO dann als Rechtsgrundlage für eine Geschwindigkeitsmessung heranzuziehen ist, wenn der Verdacht einer Verkehrsordnungswidrigkeit besteht (vgl. etwa Senatsbeschl. v. 25.5.2010 – III-3 RBs 119/10 (BeckRS 2010, 17282) und 22.7.2010 – III-3 RBs 200/10; OLG Hamm, Beschl. v. 11.3.2010 – 5 RBs 13/10 (BeckRS 2010, 11121) und 22.10.2009 – 4 Ss OWi 800/09 (BeckRS 2010, 01868)). Die Erwägungen des AG zur Praxis der Geschwindigkeitsmessung aus angeblichen fiskalischen Interessen entfalten keine im Bußgeldverfahren tragfähige Begründung für die Annahme eines Beweisverwertungsverbotes oder einer fehlenden Rechtsgrundlage. Die Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung durch die Straßenverkehrsbehörden stellt eine Allgemeinverfügung dar, deren Bindungswirkung für jeden Verkehrsteilnehmer nur bei Willkür, Sittenwidrigkeit oder objektiver Unklarheit entfällt (vgl. Senatsbeschl. v. 29.6.2010 – III-3 RBs 139/10). Soweit sich ein Betroffener gegen eine solche Anordnung zur Wehr setzen will, steht ihm der Verwaltungsrechtsweg offen."
Willkür, Sittenwidrigkeit oder objektive Unklarheit der Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung sowie vom AG beschriebenes rechtswidriges Verwaltungshandeln (bei dem Polizei oder Ordnungsbehörden Geschwindigkeitsübertretungen allein oder hauptsächlich aus fiskalischen Gründen, aus Gründen einer "Pensenbeschaffung" oder zur Erfüllung statistischer Vorgaben durchführen, wenn keine Gefahrenstellen vorliegen oder wenn ansonsten die verbindlichen verwaltungsinternen Richtlinien solche Maßnahmen nicht erfassen) werden vom Tatrichter wie bisher im Einzelfall aufgeklärt werden müssen. Das Urt. des AG bietet zahlreiche Anhaltspunkte dazu, welche Umstände der Aufklärung bedürfen.
VRiLG a.D. Dr. Hans Jürgen Bode