Bruck/Möller: Großkommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, 9. Aufl., Band 9, §§ 178–191 VVG; AUB 2008, de Gruyter, 1.644 S., 369 EUR, ISBN 978-3-89949-509-6
Die vorliegende Kommentierung befasst sich auf rund 1600 Seiten mit der privaten Unfallversicherung und ist durchgängig von Dr. Kent Leverenz bearbeitet. Es handelt sich eigentlich um zwei miteinander verbundene Kommentare in einem Buch: Teil I behandelt die §§ 178–191 VVG n.F., Teil II die AUB 2008, wobei auch ältere Bedingungswerke besprochen werden. Leitmaximen der 9. Auflage sind höchste fachliche Kompetenz, unbestechliche Objektivität und größtmögliche Praxisgerechtigkeit.
Diesen ehrgeizigen Ansprüchen wird das Werk vollkommen gerecht. Eine moderne Gliederung hat dankenswerter Weise den unübersichtlichen Aufbau der 1978 erschienenen Vorauflage ersetzt. Struktur, Zweck, Entwicklung, Inhalt, Beweisfragen etc. der einzelnen Regelungen werden mit leicht verständlichen Worten, umfangreichen Zitaten, einer Fülle von Beispielen aus der Rechtsprechung und gut nachvollziehbaren Begründungen erläutert.
Dazu werden zu besonders praxisrelevanten Themen Schwerpunkte gesetzt, indem diese Problemfelder gebündelt dargestellt werden. So verwundert es zwar die Darstellung zu Bandscheibenschädigungen als Anhang zu § 178 VVG zu finden, durch den Verweis beim Ausschlusstatbestand in Ziff. 5.2.1 AUB 2008 bleibt dies aber übersichtlich. Die Darstellung selber umfasst auch Erläuterungen zu medizinischen Fragen und gibt einen ausführlichen Überblick über die Rechtsprechung und die Probleme in der Fallbearbeitung.
Als Beispiel für die gute und umfangreiche Recherche kann die Doppelbelehrungsproblematik in § 186 VVG genannt werden. So wird in anderen Kommentaren die Fragestellung, ob in Gruppenverträgen der Versicherer sowohl den Versicherungsnehmer, als auch die verletzte Person über Anspruchs- und Fälligkeitsvoraussetzungen belehren muss, zum Teil als unstrittig bzw. sogar einhellige Auffassung bejaht. Leverenz benennt die Gegenmeinung, diskutiert den Streit und folgt mit guter Begründung dieser Auffassung.
Hervorzuheben ist auch die Diskussion im Rahmen des Ausschlusses von Bewusstseinsstörungen, ob diese krankhafter Natur sein sollen oder nicht. Die Argumente gegen die Auffassung des BGH zeigen, dass eine zufrieden stellende Lösung weiterhin fehlt.
Nur in geringem Umfang werden die in der Praxis weit verbreiteten Sonderbedingungen besprochen. Das ist im Rahmen der Zielsetzung des Buchs konsequent, da das VVG und die AUB 2008 kommentiert werden sollen. Es wird aber insoweit auf andere Kommentierungen hingewiesen. Für Einsteiger in das Rechtsgebiet der privaten Unfallversicherung wäre ein umfangreicheres Stichwortverzeichnis wünschenswert, für den mit der Unfallversicherung vertrauten Praktiker ist es wegen der guten Gesamtstruktur des Werks und der Verweise hingegen völlig ausreichend. Wermutstropfen bleibt der sehr hohe Anschaffungspreis. Auch wenn das Buch trotz allem seinen Preis wert ist, wird es für nicht spezialisierte Kanzleien vermutlich unrentabel sein.
Dr. Kent Leverenz ist es gelungen, selbst für einen Großkommentar in Umfang und Qualität neue Maßstäbe zu setzten. Gleichzeitig werden VVG und AUB so gekonnt erläutert, dass dieses Buch auch Einsteigern bereits empfohlen werden kann. Gratulation zu diesem tollen Buch.
RA André Naumann, Bornheim