„… Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurt. und zur Zurückverweisung der Sache an das BG.
[10] I. Nach dessen Auffassung hat der Kl. keinen Freistellungsanspruch gegen die Bekl., weil der Ausschlusstatbestand gem. § 4 Nr. 5 S. 1 AVB-S wegen einer wissentlichen Pflichtverletzung des Bruders des Kl. erfüllt und diesem über die Sozienklausel des § 12 Abs. 3 AVB-S zuzurechnen sei. Eine wissentliche Pflichtverletzung, über die im Haftpflichturteil nicht zu entscheiden gewesen sei, liege jedenfalls darin, dass der Bruder des Kl. nicht Inhaber des Kontos gewesen sei, das er in der Zahlungsanweisung gegenüber Herrn D angegeben habe …
[13] II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
[14] 1. Das BG hat den Kl. und seinen Bruder mit nicht tragfähiger Begründung als Sozien i.S.d. § 12 I 1 AVB-S behandelt. Es hat entgegen dem Gebot des § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO den maßgeblichen Sach- und Streitstoff nicht umfassend und widerspruchsfrei gewürdigt.
[15] a) Mit der Annahme, der Kl. und sein Bruder seien im Rahmen des Treuhandvertrages als (Schein-)Sozien tätig geworden, hat das BG nicht die Bindungswirkung des Haftpflichturt. verkannt.
[16] aa) Nach dem in der Haftpflichtversicherung geltenden Trennungsprinzip ist grds. im Haftpflichtprozess zu entscheiden, ob und in welcher Höhe der VN dem Dritten gegenüber haftet. Ob der VR dafür eintrittspflichtig ist, wird im Deckungsprozess geklärt. Notwendige Ergänzung des Trennungsprinzips ist die Bindungswirkung des Haftpflichturteils für den nachfolgenden Deckungsrechtsstreit. Sie bedeutet, dass das Ergebnis des vorangegangenen Haftpflichtprozesses für die Deckungsfrage verbindlich ist. Damit wird verhindert, dass die im Haftpflichtprozess getroffene Entscheidung und die ihr zugrunde liegenden Feststellungen im Deckungsprozess erneut überprüft werden können und müssen (st. Rspr.: VersR 2011, 203 Rn 10 … ).
[17] Die Bindungswirkung geht aber nicht weiter, als sie danach geboten ist. Das ist nur insoweit der Fall, als eine für die Entscheidung im Deckungsprozess maßgebliche Frage sich auch im Haftpflichtprozess nach dem vom Haftpflichtgericht gewählten rechtlichen Begründungsansatz bei objektiv zutreffender rechtlicher Würdigung als entscheidungserheblich erweist, also Voraussetzungsidentität vorliegt. Nur dann ist es gerechtfertigt anzunehmen, eine Feststellung sei Grundlage für die Entscheidung im Haftpflichtprozess. Die Begrenzung der Bindungswirkung auf Fälle der Voraussetzungsidentität ist insb. deshalb geboten, weil der VN und der VR keinen Einfluss darauf haben, dass der Haftpflichtrichter “überschießende’, nicht entscheidungserhebliche Feststellungen trifft oder nicht entscheidungserhebliche Rechtsausführungen macht ( … ).
[18] bb) An der Voraussetzungsidentität fehlt es hier. Zwar wird im Haftpflichturt. ausdrücklich festgehalten, dass der damalige Zweitbekl. und jetzige Kl. nicht nach den Grundsätzen der Scheinsozietät hafte, weil der damalige Kl., Herr D, keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen habe, dass aus seiner Sicht bei Abschluss des Treuhandvertrages vom Bestehen einer Steuerberatersozietät auszugehen gewesen sei. Diese Feststellung war aber für die Entscheidung der Haftungsfrage nicht entscheidungserheblich. Die Verurteilung des Kl. wurde damit begründet, dass der Kl. persönlich als Mitgesellschafter der BGB-Gesellschaft, zu der er sich mit seinem Bruder im Rahmen des Treuhandvertrages zusammengeschlossen habe, für das fehlerhafte Verhalten seines Bruders hafte. Daher kam es im Haftpflichtprozess nicht darauf an, ob darüber hinaus eine Scheinsozietät zwischen dem Kl. und seinem Bruder bestand.
[19] b) Allerdings sind der Kl. und sein Bruder entgegen der Auffassung des BG nicht als Sozien i.S.v. § 12 Abs. 1 Nr. 1 AVB-S tätig geworden.
[20] aa) Diese Klausel setzt voraus, dass Berufsangehörige ihren Beruf nach außen hin gemeinschaftlich ausüben, wobei es nicht darauf ankommt, ob sie durch Gesellschaftsvertrag oder einen anderen Vertrag miteinander verbunden sind. Dies versteht ein durchschnittlicher VN der hier betroffenen Berufsgruppe der Steuerberater so, dass es genügt, wenn die Berufsangehörigen den Anschein erwecken, Mitglieder einer Sozietät zu sein. Der Rechtsschein einer Sozietät wird dadurch gesetzt, dass die beteiligten Berufsträger in einem gemeinsamen Büro tätig sind, nach außen durch die einheitliche Verwendung von Briefkopf, Stempel, Praxisschild oder Kanzleibezeichnung auftreten und Aufträge gemeinsam entgegennehmen (vgl. für Rechtsanwälte: BGH NJW 2008, 2330 Rn 10; NJW 1999, 3040 unter I 2 …; für Steuerberater: BGH VersR 1990, 97 unter II 2b m.w.N.). In einem damit korrespondierenden Verständnis der Sozienklausel wird der durchschnittliche VN einer bei der Bekl. genommenen Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung dadurch bestärkt, dass die Bekl. schon in dem von ihr herausgegebenen Antragsformular bei der Frage, ob der Beruf nach außen hin mit (einem) anderen gemeinschaftlich ausgeübt werde, erläuternd in Klammern h...