I. Allgemeines zu Beweisverwertungsverboten
Im Strafverfahren ist der Staat verpflichtet, die Wahrheit zu ermitteln. Doch das gilt nicht um jeden Preis. Übergeordnete rechtsstaatliche Gesichtspunkte können es verbieten, bestimmte Beweise zu verwerten (selbstständiges Beweisverwertungsverbot) oder sie zur Grundlage einer Verurteilung zu machen, weil sie unter Verletzung von Vorschriften über die Beweiserhebung zustande gekommen sind (unselbstständige Beweisverwertungsverbote).
Ausdrücklich geregelte Beweisverwertungsverbote finden sich in der StPO nur in wenigen Fällen. So bestimmt § 136a Abs. 2 S. 2 StPO, dass Aussagen, die unter Beeinträchtigung der Freiheit des Willens eines Beschuldigten (Misshandlung, Ermüdung, körperlicher Eingriff, Verabreichung von Mitteln, Quälerei, Täuschung, Hypnose) zustande gekommen sind, nicht verwertet werden dürfen.
War die Beweiserhebung unzulässig, d.h. mit einem Verfahrensfehler behaftet, bedeutet dies noch nicht, dass hieraus zwingend auch ein (unselbstständiges) Beweisverwertungsverbot folgt. Andererseits kann aber auch die Beweiserhebung zulässig gewesen und dennoch ein selbstständiges Beweisverwertungsverbot anzunehmen sein.
Die StPO trifft keine abschließende Regelung über Beweisverwertungsverbote. In den von der Rechtsprechung anerkannten Fällen eines (ungeschriebenen) Beweisverwertungsverbotes ist dem Gesetz tatsächlich kein Hinweis darüber zu entnehmen, ob ein solches Verbot besteht oder nicht.
Bei den selbstständigen Beweisverwertungsverboten sind die Beweise rechtmäßig erhoben worden oder es hat eine "formelle" Beweiserhebung gar nicht stattgefunden. Es kann sich jedoch aus der Intensität eines (Grundrechts-)Eingriffs ein Beweisverwertungsverbot ergeben. Das ist z.B. der Fall, wenn gezielt gegen das Schweigerecht des § 136 StPO verstoßen worden ist, etwa wenn ein verdeckter Ermittler eingesetzt wird, um einen Betroffenen zu einer ihn selbst belastenden Aussage zu veranlassen. Bei den unselbstständigen Beweisverwertungsverboten dagegen ergibt sich die Unzulässigkeit der Verwertung aus einem Verstoß gegen die Beweiserhebung, so in den "Normalfällen" aufgrund fehlender Belehrung über ein Aussageverweigerungsrecht.
II. Die verfassungsrechtliche Situation
Ein Beweisverwertungsverbot stellt von Verfassungs wegen eine begründungsbedürftige Ausnahme dar, weil es die Beweismöglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden zur Erhärtung oder Widerlegung des Verdachts strafbarer Handlungen einschränkt und so die Findung einer materiell richtigen und gerechten Entscheidung beeinträchtigt. Grundrechtsverletzungen, zu denen es außerhalb der Hauptverhandlung gekommen ist, führen daher nicht zwingend dazu, dass auch das auf dem Inbegriff einer Hauptverhandlung beruhende Strafurteil gegen Verfassungsrecht verstößt. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist ein Beweisverwertungsverbot geboten, wenn die Auswirkungen des Rechtsverstoßes dazu führen, dass dem Angeklagten keine hinreichenden Möglichkeiten zur Einflussnahme auf Gang und Ergebnis des Verfahrens verbleiben, die Mindestanforderungen an eine zuverlässige Wahrheitserforschung nicht mehr gewahrt sind oder die Informationsverwer tung zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht führen würde. Zudem darf eine Verwertbarkeit von Informationen, die unter Verstoß gegen Rechtsvorschriften gewonnen wurden, nicht bejaht werden, wo dies zu einer Begünstigung rechtswidriger Beweiserhebungen führen würde. Ein Beweisverwertungsverbot kann daher insbesondere nach schwerwiegenden, bewussten oder objektiv willkürlichen Rechtsverstößen, bei denen grundrechtliche Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen worden sind, geboten sein.
Das BVerfG geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Beurteilung der Frage, welche Folgen ein möglicher Verstoß gegen strafprozessuale Verfahrensvorschriften hat und ob hierzu ein Beweisverwertungsverbot zählt, in erster Linie den zuständigen Fachgerichten obliegt. Verfassungsrechtlich ist nur zu prüfen, ob der Anspruch auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG erfüllt wird. Unter diesem Gesichtspunkt ist allein entscheidend, ob ein rechtsstaatlicher Mindeststandard gewahrt ist und weiter, ob die maßgeblichen strafrechtlichen Vorschriften unter Beachtung des Fairnessgrundsatzes und in objektiv vertretbarer Weise, also ohne Verstoß gegen das allgemeine...