" … Die Kl. ist der Auffassung, die Bekl. hätte im laufenden Verfahren zu einem Anerkenntnis raten müssen."
Die Klage ist … überwiegend begründet. Der Kl. steht gegen die Bekl. ein Schadensersatzanspruch aus übergegangenem Recht – § 86 VVG sowie gem. § 17 Abs. 8 ARB 2000 – zu.
Die Kl. ist zunächst aktivlegitimiert. Einer Klage aus abgetretenem Recht steht nicht entgegen, dass dem VN der Kl., wie die Bekl. vorträgt, ein Schaden nicht entstanden sei. Denn dieser war Kostenschuldner sowohl der Gerichtskostenrechnung als auch der Anwaltsrechnungen der Bekl. und der Prozessbevollmächtigten seiner Prozessgegnerin.
Der Anspruch besteht auch der Sache nach. Dies folgt daraus, dass die Bekl. als Prozessbevollmächtige des VN der Kl., Herrn D, den Rechtsstreit vor dem LG B fehlerhaft führte.
In diesem Fall wären die von der Kl. dargelegten Gebühren nicht angefallen, nämlich das Anwaltshonorar von ausgezahlten 1.581,45 EUR abzüglich einer in jedem Fall angefallenen Erstberatungsgebühr von 249,90 EUR, der Terminsgebühr für den Prozessbevollmächtigten der Tochter des VN von 928,20 EUR und der Gerichtskosten i.H.v. 2 Gebühren, mithin von 586 EUR. Hieraus ergibt sich der begründete Klagebetrag.
Nach st. Rspr. des BGH ist der Rechtsanwalt verpflichtet, dafür zu sorgen, dass er vermeidbare Nachteile für den Mandanten auch vermeidet. Er hat, wenn mehrere Maßnahmen in Betracht kommen, diejenigen zu treffen, die die sicherste und gefahrloseste ist, und wenn mehrere Wege möglich sind, den erstrebten Erfolg zu erreichen, den zu wählen, auf dem dieser am sichersten erreichbar ist. …
Diesen Maßstäben wurde die Tätigkeit der Bekl. in dem hier zu beurteilenden Fall nicht gerecht. Die Bekl. hätte in dem streitgegenständlichen Verfahren vielmehr zu einem Anerkenntnis raten müssen. Entscheidend für den Ausgang des dortigen Rechtsstreits war, ob die Unfallversicherung wirksam auf eigene oder auf fremde Rechnung abgeschlossen worden ist. Nur im ersteren Fall hätte der VN der Kl. den vereinnahmten Betrag behalten dürfen, in dem Fall, in welchem die Unfallversicherung auf fremde Rechnung abgeschlossen worden ist, hätte ihm kein Anspruch auf die Versicherungsleistung zugestanden.
Zwar liegt insoweit eine gesetzliche Zweifelsregelung vor, die wiederum von den zugrundeliegenden Tatsachen abhängig ist.
Hierauf kam es allerdings im Rechtsstreit nicht an. Denn der Abschluss der Versicherung auf eigene Rechnung hätte – § 179 Abs. 2 VVG – zur Voraussetzung gehabt, dass die damals minderjährige Tochter des VN ihrerseits dem ausdrücklich hätte zustimmen müssen. Eine solche Zustimmung war ersichtlich nicht erteilt worden.
In diesen Fällen wird vom BGH eine Fremdversicherung zugunsten der Gefahrsperson angenommen. Wird jedoch – einer abweichenden Ansicht folgend – die Unwirksamkeit des Vertrags angenommen, ist § 140 BGB zu prüfen, dessen Voraussetzungen im hier streitgegenständlichen Rechtsstreit unzweifelhaft vorlagen. Da die Voraussetzungen einer Versicherung auf fremde Rechnung gegeben waren, war eine Umdeutung vorzunehmen. Folglich schied auch in diesem Fall ein Anspruch des VN auf die vereinnahmte Versicherungsleistung aus und war ein Anspruch seiner Tochter auf Auskehrung der einbehaltenen Versicherungsleistungen begründet. Insoweit wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die ausführlichen und überzeugenden Ausführungen des LG B verwiesen.
Diese Rechtslage hätte die Bekl. erkennen müssen; diese Voraussetzungen ergeben sich bereits aus dem Gesetz. Eine unklare Rechtslage oder widersprechende Rspr. zu dieser Frage liegt nicht vor. Die seitens der Kl. gewährte Deckungszusage steht dem nicht entgegen und entlastet die Bekl. nicht von den sie treffenden Sorgfaltspflichten. Auch ein Mitverschulden der Kl. nach § 254 BGB ist nicht anzunehmen. Denn das verletzte Vertragsverhältnis bestand nur zwischen der Bekl. und Herrn D; in diesem Vertragsverhältnis ist aber für eine Mithaftung der Kl. aus dem alleine als Zurechnungsnorm in Betracht kommenden § 278 BGB kein Raum, da der Rechtsschutzversicherer kein Erfüllungsgehilfe des Mandanten ist (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 16.2.2006 – 5 U 271/05, juris Rn 20). Auch stellt sich der Vertrag über die Rechtsschutzversicherung nicht als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, hier der Bekl., dar.
Ferner kann sich der Rechtsschutzversicherer auf die rechtliche Fallbeurteilung durch den Rechtsanwalt verlassen; seine eigene Deckungszusage entfaltet gegenüber dem Rechtswalt hingegen keinen Vertrauensschutz. …
Letztlich wird die Bekl. nicht dadurch entlastet, dass das Gericht zunächst eine Beweisaufnahme vorbereitete, so dass – wie die Bekl. meint – der Eindruck habe entstehen können, die Entscheidung sei offen und es komme auf das Ergebnis der Beweisaufnahme an. Dem war nicht so, wie sich letztlich aus dem erlassenen Urteil ergibt, zunächst aber bereits aus der oben dargestellten Rechtslage. … “
zfs 9/2017, S. 518 - 519