AHB § 4 Abs. 1 Nr. 6 lit. a.; BBR Ziff. 5.1
Leitsatz
Zum Deckungsbereich der privaten Haftpflichtversicherung gehören Schäden, die dadurch entstehen, dass eine von dem Fahrer transportierte Bauschaumflasche unmittelbar nach Verlassen des Fahrzeugs explodiert.
(Leitsatz der Schriftleitung)
LG Hagen, Urt. v. 31.1.2017 – 9 O 293/15
Sachverhalt
Der Kl. unterhält bei der Bekl. eine Privathaftpflichtversicherung auf der Grundlage der AHB.
In § 4 Abs. 1 Nr. 6 lit. a der AHB ist folgendes geregelt:
"Falls im Versicherungsschein oder seinen Nachträgen nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf Haftpflichtansprüche wegen Schäden an fremden Sachen und allen sich daraus ergebenden Vermögensschäden, wenn der VN diese Sachen gemietet, geliehen oder durch verbotene Eigenmacht erlangt hat oder sie Gegenstand eines besonderen Verwahrungsverhältnisses sind."
Unter Ziffer 5.2.1 der BRR ist ferner Folgendes geregelt:
"Nicht versichert ist die Haftpflicht wegen Schäden, die der VN, ein Mitversicherter oder eine von ihnen bestellte oder beauftragte Person durch den Gebrauch eines Kfz oder Fahrzeuganhängers verursachen."
Der Kl. ist bei der Firma X beschäftigt. Seine Arbeitgeberin stellt dem Kl. einen Firmenwagen zur Verfügung, den er auch privat nutzen darf. Am Abend des 24.7.2015 begab sich der Kl. mit dem Fahrzeug zum Vereinsheim des Tennisclubs W. Beim Aussteigen aus dem Fahrzeug glitt dem Kl. eine Bauschaumflasche, die er am Nachmittag desselben Tages in einem Baumarkt erstanden hatte, aus der Hand. Nach einem Fall von ca. 50cm auf den geteerten Q-Platz explodierte die Bauschaumflasche unmittelbar neben dem Fahrzeug, wodurch Teile des Innenraums wie auch weite Teile der Fahrerseite des Fahrzeugs mit dem freigesetzten Bauschaum verunreinigt wurden. Ferner wurden die Motorhaube und das Dach des Fahrzeugs mit dem Schaum benebelt sowie Teile der Unterbodenverkleidung mit dem Bauschaum überzogen.
Die Arbeitgeberin verlangte den entstandenen Schaden vom Kl. Der Kl. meldete den Schaden der Bekl. Diese wies ihre Einstandspflicht zurück.
2 Aus den Gründen:
" … Der Kl. hat gegen die Bekl. einen Anspruch aus dem Versicherungsvertrag i.V.m. § 1 Abs. 1 AHB i.V.m. lit. A. I. BBR."
1) Ein Versicherungsfall in Gestalt eines Sachschadens ist gegeben. Nach § 1 Abs. 1 der AHB des Vertrags gewährt der VR dem VN Versicherungsschutz u.a. für den Fall, dass er wegen eines während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretenen Schadensereignisses, das die Beschädigung oder Vernichtung von Sachen (Sachschaden) zur Folge hatte, für diese Folgen von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, wobei Lit. A. Ziff. I. der BBR auf Versicherungsfälle beschränkt, die dem VN als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens erwachsen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Durch die explodierende Bauschaumflasche, die der Kl. neben seinem, von seiner Arbeitgeberin überlassenen Dienstwagen fallen ließ, ist das Fahrzeug durch den freigesetzten Bauschaum durch Beschmutzung und Benebelung mit demselben sowohl am Lack als auch im Innenraum beschädigt worden. Der Kl. wird auch von seiner Arbeitgeberin hinsichtlich der Kosten für die Reparatur, die diese mit Schreiben v. 1.9.2015 auf 6.183,02 EUR ansetzt, in Anspruch genommen. Unstreitig fällt der Schadensfall auch in den Versicherungszeitraum. Letztlich ist der Schaden dem Kl. i.S.d. BBR auch als Privatperson entstanden. Das Schadensereignis ereignete sich auf dem Q-Platz des Tennisclubs, in dem der Kl. Mitglied ist. Dass er sich im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit dort befand und sich Gefahren aus deren Ausübung realisiert hätten, ist nicht ersichtlich.
2) Der Schadensfall fällt auch nicht in den Anwendungsbereich der versicherungsvertraglichen Ausschlussgründe.
a) Zunächst greift entgegen der Auffassung der Bekl. nicht der in § 4 Ziff. I. 6. lit. a) geregelte Ausschlussgrund.
Nach dieser Regelung bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf Haftpflichtansprüche wegen Schäden, die an fremden Sachen entstehen, und allen sich darauf ergebenden Vermögensschäden, wenn der VN diese Sachen gemietet, gepachtet, geliehen oder durch verbotene Eigenmacht erlangt hat oder sie Gegenstand eines besonderen Verwahrungsvertrages sind.
Bei der beschädigten Sache handelt es sich um ein Dienstfahrzeug, das dem Kl. seitens seiner Arbeitgeberin zur dienstlichen wie auch privaten Nutzung überlassen worden ist. Aus der Sicht eines rechtsunkundigen durchschnittlichen VN ohne einschlägige versicherungsspezifische Fachkenntnis, auf den bei der Auslegung von AVB abzustellen ist (vgl. nur OLG Hamm r + s 2012, 185, 187), fällt ein arbeitgeberseitig überlassener Dienstwagen nicht in den Anwendungsbereich der genannten Ausschlussregelung. Vielmehr ist eine einschränkende Auslegung geboten, die sich eng an dem gesetzlichen Regelungsinhalt der genannten Rechtsverhältnisse orientiert.
Unter Zugrundelegung dessen scheidet zunächst eine Qualifizierung des Überlassungsverhältnisses als Mietvertrag i.S.d. Regelung aus. Gegenstand d...