VVG § 172 § 173 § 174; BB-BUZ Nr. 2.5.3 4.1.5
Leitsatz
Auf eine "außervertragliche" Vereinbarung über befristete Rentenleistungen darf sich ein VR nicht berufen, wenn zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls viel für eine bereits eingetretene Leistungspflicht des VR spricht und der VR den VN nicht ausdrücklich über die mit der Vereinbarung eintretenden Rechtsnachteile unterrichtet.
(Leitsatz der Schriftleitung)
BGH, Beschl. v. 15.2.2017 – IV ZR 280/15
Sachverhalt
I. Die Parteien streiten darüber, ob die Bekl. aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zur Fortzahlung einer Berufsunfähigkeitsrente nach Ablauf der Dauer einer vereinbarten Leistung verpflichtet ist.
Die dem Vertrag zugrunde liegenden Bedingungen der Bekl. für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (im Folgenden: BB-BUZ) lauten auszugsweise wie folgt:
"Befristetes Anerkenntnis"
2.5.3 Grundsätzlich sprechen wir kein befristetes Anerkenntnis aus. In begründeten Einzelfällen können wir einmalig ein zeitlich begrenztes Anerkenntnis bis zu 12 Monaten in Textform aussprechen.
2.5.4 Gründe für ein befristetes Anerkenntnis liegen z.B. vor, wenn für ein unbefristetes Leistungsanerkenntnis noch Erhebungen oder Untersuchungen oder deren Auswertung erforderlich sind oder aus medizinischen oder beruflichen bzw. betrieblichen Gründen … ein Ende der Berufsunfähigkeit zu erwarten ist.
2.5.5 Die Prüfung der Fortdauer der Berufsunfähigkeit bei befristetem Anerkenntnis erfolgt nach Ablauf der Frist nach den Grundsätzen der Erstprüfung gem. 1.1 dieser Bedingungen; die Regelungen für das Nachprüfungsverfahren gem. 4.1 gelten insoweit nicht … “
Das Nachprüfungsverfahren ist in Nr. 4 BB-BUZ wie folgt geregelt:
"4.1.5 Ist die Berufsunfähigkeit weggefallen oder hat sich der Grad auf weniger als 50 % … vermindert, passen wir die Leistung entsprechend der gewählten Leistungsregelung … an. In diesem Fall informieren wir den Anspruchsberechtigten schriftlich über die Veränderungen oder die Einstellung der Leistungen. …"
Die Einstellung unserer Leistungen wird mit dem Ablauf des 3. Monats nach Zugang unserer Erklärung bei Ihnen wirksam. … “
Die Kl. wurde ab dem 7.1.2011 wegen einer depressiven Erkrankung arbeitsunfähig geschrieben. Unter Berufung hierauf machte sie mit Schreiben v. 7.6.2011 Leistungen wegen Berufsunfähigkeit ab dem 6.1.2011 geltend. Im Rahmen der Leistungsprüfung erhielt die Bekl. auf ihre Anforderung verschiedene ärztliche Unterlagen, unter anderem ein für die Bundesagentur für Arbeit erstelltes Gutachten, das den zeitlichen Umfang der Leistungsfähigkeit der Kl. auf unter drei Stunden täglich bezifferte und eine verminderte Leistungsfähigkeit für einen Zeitraum von voraussichtlich länger als sechs Monaten prognostizierte.
Nach Erhalt dieser Unterlagen teilte die Bekl. der Kl. unter dem 17.10.2011 mit, für den Zeitraum ab dem 6.1.2011 lägen zwar Bescheinigungen zur Arbeitsunfähigkeit vor, jedoch keine zweifelsfreie ärztliche Einschätzung zum Grad der Berufsunfähigkeit. Aus diesem Grunde wäre nun eine Begutachtung erforderlich, welche einen nicht unerheblichen Zeitraum in Anspruch nehmen würde. Sie habe daher geprüft, inwieweit sie der Kl. entgegenkommen könne, da sie nicht verkenne, dass Arbeitsunfähigkeitszeiten vorlägen. Sie unterbreite daher die in der Anlage beigefügte Vergleichsvereinbarung, nach der sie sich bereit erklärte, "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage, Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (Rente und Beitragsbefreiung) i.H.v. 100 % für die Dauer vom 1.2.2011 bis 31.12.2011 zu erbringen". In dem Entwurf dieser Vereinbarung heißt es weiterhin: "Zum Ablauf der vereinbarten Leistungszeit zum 1.1.2012 erfolgt eine Prüfung der Leistungsvoraussetzungen nach den Grundsätzen der Erstprüfung. Die bedingungsgemäßen Regelungen zum Nachprüfungsverfahren gelten hierfür nicht." Die Kl. unterschrieb diese Vereinbarung und erhielt für den Zeitraum von Februar 2011 bis einschließlich Dezember 2011 die versprochenen Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung.
Die Bekl. stellte ab Januar 2012 ihre Leistungen ein und ließ die Kl. fachärztlich begutachten. Dieses Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass es durch ein Ende 2011 durchgeführtes psychosomatisches Heilverfahren zu einer Stabilisierung mit Abnahme der depressiven Symptomlast gekommen und für die bisherige Tätigkeit der Kl. als Einzelhandelskauffrau eine aufgehobene Leistungsfähigkeit nicht mehr gegeben sei. Im Hinblick darauf teilte die Bekl. der Kl. mit Schreiben v. 11.7.2012 unter Bezugnahme auf das beigefügte Gutachten mit, derzeit habe sich ihr Gesundheitszustand gebessert, insg. sei von einem Grad der Berufsunfähigkeit von noch maximal 20 % auszugehen. Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung könne sie daher über den 1.1.2012 hinaus aufgrund der ärztlichen Feststellungen nicht mehr zur Verfügung stellen.
Das LG hat die auf Verurteilung der Bekl. zu Rentenzahlungen und Freistellung von der Beitragspflicht ab dem 1.1.2012 gerichtete Klage abgewies...