BGB a.F. § 312b § 312d § 355 § 357 Abs. 3; BGB § 346
Leitsatz
Der Verbraucher, der im Fernabsatz einen Katalysator gekauft, diesen anschließend in sein Kfz eingebaut und mit diesem eine (kurze) Probefahrt durchgeführt hat, schuldet im Falle des Widerrufs dem Verkäufer Ersatz für die Verschlechterung, die dadurch an dem Katalysator eingetreten ist. Solche Maßnahmen gehen über die in § 357 Abs. 3 BGB in der bis zum 12.6.2014 geltenden Fassung vorgesehene Prüfung der Eigenschaften und Funktionsweise der Sache hinaus, denn diese Vorschrift soll den Verbraucher nicht gegenüber einem Käufer im stationären Handel begünstigen, sondern nur einen Ausgleich dafür schaffen, dass ihm die im stationären Handel zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten entgangen sind.
BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 55/15
Sachverhalt
Der Bekl. betreibt einen Onlinehandel für Autoteile. Im Februar 2012 bestellte der Kl. über dessen Internetseite einen Katalysator nebst Montagesatz zu einem Gesamtpreis von 386,58 EUR. Dabei entfielen auf den Katalysator 351,99 EUR, auf den Montagesatz 17,59 EUR und 17 EUR auf Versandkosten. Die dem Kl. zugegangene Bestätigung der Bekl. über den Versand der Ware enthielt eine Widerrufsbelehrung. Der Kl. ließ den am 9.2.2012 gelieferten Katalysator von einer Fachwerkstatt in seinen Pkw einbauen. Bei einer kurzen Probefahrt stellte er fest, dass das Fahrzeug nicht mehr die ursprüngliche Leistung erbrachte. Daraufhin widerrief er seine auf Abschluss des Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung und sandte den Katalysator und den Montagesatz zurück. Der Katalysator wies deutliche Gebrauchs- und Einbauspuren auf. Die Bekl. verweigerte die Rückzahlung des Kaufpreises und führte zur Begründung an, der Katalysator sei durch den Gebrauch wertlos geworden. Sie rechnete gegen den Rückzahlungsanspruch mit einem von ihr angenommenen Wertersatzanspruch auf. Das AG gab der auf Rückzahlung des Kaufpreises gerichteten Klage statt. Auf die Berufung der Bekl. änderte das LG die Entscheidung des AG teilweise ab, da der Katalysator nach einem eingeholten Gutachten noch einen Marktwert hatte und der Unternehmergewinn nicht zu ersetzen sei. Das LG gab der Klage nur i.H.v. 214,17 EUR statt. Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Kl. die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils. Die Bekl. ging von einem Wertersatzanspruch auf 255,63 EUR aus und verfolgt mit ihrer Anschlussrevision die Abweisung der Klage, soweit ein Betrag von 130,95 EUR überschritten wird.
Der BGH hob das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück.
2 Aus den Gründen:
[13] "… II. … Zwar hat das BG zutreffend und im Revisionsverfahren nicht angegriffen dem Kl. aufgrund des wirksam erklärten Widerrufs seiner auf den Abschluss eines Fernabsatzvertrags gerichteten Willenserklärung einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises i.H.v. insgesamt 386,58 EUR zugesprochen, der sich aus der nach der Übergangsregelung des Art. 229 § 32 Abs. 1 EGBGB maßgeblichen, bis einschließlich 12.6.2014 geltenden Fassung der Bestimmungen in §§ 312d Abs. 1 S. 1, 312b Abs. 1 S. 1 und Abs. 2, 355 Abs. 1 S. 1, 357 Abs. 1 S. 1 BGB (nachfolgend jeweils: a.F.) i.V.m. § 346 Abs. 1 BGB ergibt."
[14] Dagegen hat es auf der Grundlage unzureichender tatsächlicher Feststellungen und damit rechtsfehlerhaft angenommen, der Bekl. stehe eine aufrechenbare Gegenforderung auf Wertersatz nach der gem. Art. 229 § 32 Abs. 1 EGBGB anzuwendenden, bis einschließlich 12.6.2014 geltenden Fassung der Vorschrift des § 357 Abs. 3 S. 1 BGB (nachfolgend: a.F.) zu. Dabei hat es zwar entgegen der Auffassung der Revision des Kl. rechtsfehlerfrei das Vorliegen der nach § 357 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB a.F. für das Entstehen eines Wertersatzanspruchs notwendigen Voraussetzungen, also eine Verschlechterung des Katalysators bejaht, die auf einen über eine Prüfung der Kaufsache hinausgehenden Gebrauch zurückzuführen ist. Jedoch fehlen – was die Revision allerdings nicht rügt, aber von Amts wegen zu beachten ist – tatsächliche Feststellungen zu einer weiter erforderlichen Anspruchsvoraussetzung, nämlich dazu, ob der Verbraucher spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf die Rechtsfolge eines möglichen Wertersatzanspruches hingewiesen worden ist (§ 357 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB a.F.) beziehungsweise ein solcher Hinweis nachträglich erfolgt ist (§ 357 Abs. 3 S. 2 BGB a.F.).
[15] Weiter hat das BG – was die Anschlussrevision der Bekl. zu Recht rügt – bei der Bemessung eines (möglichen) Wertersatzanspruchs rechtsfehlerhaft den Gewinnanteil der Bekl. i.H.v. 29,58 EUR abgesetzt.
[16] 1. Das BG hat das Vorliegen der in § 357 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB a.F. für einen Anspruch der Bekl. auf Wertersatz erforderlichen Voraussetzungen rechtsfehlerfrei bejaht.
[17] a) Der Einbau des Katalysators in das Fahrzeug des Kl. und sein anschließender Gebrauch im Rahmen einer kurzen Probefahrt gingen – anders als die Revision des Kl. meint – über eine nach § 357 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB a.F. gestattete bloße Prüfung seiner Eigenschaften und seiner Funkt...