BGB § 307; AVB Forderungsausfallversicherung § 1 § 2 § 4

Leitsatz

1. Bedingungen einer Forderungsausfallversicherung, die Versicherungsschutz nur für die Nichtbezahlung einredefreier und unbestrittener Forderungen des VN gewähren, sind wirksam.

2. Wird eine Forderung bestritten, tritt der Versicherungsfall erst mit rechtskräftiger Titulierung der Forderung ein.

(Leitsätze der Schriftleitung)

BGH, Beschl. v. 15.2.2017 – IV ZR 202/16

Sachverhalt

Die Kl., die gewerbsmäßig Kunststofffenster und -türen herstellt, macht gegen die Bekl. Ansprüche aus einer Forderungsausfallversicherung geltend. Mit Versicherungsvertrag v. 25.10.2011 schlossen die Parteien eine Forderungsausfallversicherung mit einer Selbstbeteiligung der Kl. i.H.v. 20 % für den Zeitraum v. 1.1.2012 bis zum 31.12.2012. Diese Versicherung wurde von der Kl. zum 31.12.2012 gekündigt. In den dem Vertrag zugrunde liegenden AVB ist unter anderem bestimmt:

"§ 1 Was ist Vertragsgegenstand?"

1. Der VR ersetzt dem VN Ausfälle an einredefreien Forderungen aus Warenlieferungen, Werk- und Dienstleistungen, die während der Laufzeit des Versicherungsvertrages durch Eintritt des Versicherungsfalls "Nichtzahlung" bei versicherten inländischen oder ausländischen Kunden entstehen.

§ 2 Was ist generell nicht versichert?

Vom Versicherungsschutz generell ausgeschlossen sind: Bestrittene Forderungen; … , sowie alle Versicherungsfälle, die nach Beendigung dieses Versicherungsvertrages eingetreten sind.

§ 4 Versicherungsfall "Nichtzahlung"

1. Versicherungsfall ist die Nichtzahlung versicherter Forderungen. Er tritt ein, wenn der VN spätestens innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit der betreffenden versicherten Forderung den VR mittels Interventionsauftrag unwiderruflich mit dem Einzug sämtlicher zu diesem Zeitpunkt fälligen Forderungen beauftragt hat und diese Forderung drei Monate nach fristgemäßem Zugang des Interventionsauftrages beim VR nicht oder nicht vollständig erfüllt ist … “

Im Jahr 2012 führte die Kl. für die Schuldnerin (S) Leistungen aus und stellte sie dieser am 22.5.2012 i.H.v. 42.665,40 EUR in Rechnung. Die S zahlte hierauf lediglich 8.000 EUR. Die Kl. beauftragte deshalb am 7.8.2012 die Bekl. mit der Forderungsbeitreibung des noch offenen Restbetrages von 34.665,40 EUR. Die Bekl. teilte der Kl. mit, dass die S Einwendungen gegen die Forderung erhebe. Hierzu übermittelte die Bekl. der Kl. ein Schreiben der S v. 27.8.2012, in dem sich diese wegen mangelhaft durchgeführter Arbeiten sowie nicht oder nur mangelhaft vorgenommener Nachbesserungen auf Meinungsverschiedenheiten mit der Kl. berief. Hierzu nahm die S ergänzend Bezug auf zwei E-Mails, in denen unter anderem eine fehlende Dämmung der Rollladenkästen sowie zu lange Rollladen-Führungsschienen gerügt wurden.

Die Kl. erwirkte am 30.11.2012 ein Versäumnisurteil, durch das die S verurteilt wurde, an die Kl. 34.665,40 EUR nebst Zinsen und Kosten zu zahlen. Der hiergegen von der S erhobene, jedoch nicht begründete Einspruch wurde mit Zweitem Versäumnisurteil v. 22.1.2013 verworfen. Am 18.3.2013 wurde über das Vermögen der S das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Kl. fordert von der Bekl. die Versicherungsleistung für die ausgefallene Forderung gegen die S abzüglich ihrer Selbstbeteiligung, insgesamt 27.732,32 EUR.

2 Aus den Gründen:

[6] "… II. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision i.S.v. § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO liegen nicht vor. Das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a S. 1 ZPO). …"

[8] Danach ist eine grundsätzliche Bedeutung nicht gegeben. Die Revision zeigt – ebenso wie das BG – nicht auf, dass über die Auslegung der hier von der Bekl. verwendeten Klausel in Rspr. und/oder Schrifttum unterschiedliche Auffassungen bestünden. Unter welchen Voraussetzungen in der Forderungsausfallversicherung Versicherungsschutz zu gewähren ist, hängt maßgeblich von der Formulierung der verwendeten Risikobeschreibung ab (Schneider, in: VersRHdb, 3. Aufl. § 24 Rn 20). Die hier zu beurteilende Klausel weicht insoweit von anderen Bedingungen in der Forderungsausfallversicherung ab, als sie nicht – wie diese – voraussetzt, dass die Forderung des VN gegen den Schuldner durch ein rechtskräftiges Urteil oder einen vollstreckbaren Vergleich festgestellt worden ist (vgl. hierzu die Bedingungen, die dem Senatsurteil r+s 2016, 74 Rn 1 zugrunde lagen … ). Die hier verwendeten Bedingungen setzen demgegenüber einen vollstreckbaren Titel nicht voraus. Vielmehr ersetzt der VR dem VN nach § 1 Nr. 1 AVB bereits Ausfälle an einredefreien Forderungen, ohne dass diese tituliert sein müssen. Nach § 2 AVB sind vom Versicherungsschutz unter anderem bestrittene Forderungen ausgeschlossen. Rspr. und/oder Schrifttum zu diesen besonderen Bedingungen in der Forderungsausfallversicherung mit unterschiedlichen Auffassungen zu ihrer Auslegung sind nicht ersichtlich und werden auch von der Revision nicht aufgezeigt. …

[9] 2. Die Revision hat auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. § 2 AVB hält entgegen der Auffassung der Revision einer Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB stand.

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