"… II."

Das “Rechtsmittel' ist nach § 46 Abs. 1, § 300 StPO als Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des AG Bremen vom 25.7.2019 auszulegen Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 79 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 1 OWiG) und wurde frist- und formgerecht eingelegt (§§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, 341 StPO).

Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die Rücknahme des Einspruchs ist bereits mit dem Eingang des Schriftsatzes bei Gericht wirksam geworden (vgl. OLG Koblenz NZV 1993, 282; BayObLG NZV 2002, 469; Göhler/Seitz/Bauer § 71 OWiG Rn 9). Da dieser Zeitpunkt vor Beginn der Hauptverhandlung liegt und der Bußgeldbescheid des Ordnungsamts Bremen vom 17.12.2018 durch die Einspruchsrücknahme in Rechtskraft erwachsen ist, durfte der Einspruch nicht mehr durch Urteil verworfen werden (BayObLG a.a.O.). Die Rechtskraft des Bußgeldbescheids bildete ein Verfahrenshindernis, durch das sich das gerichtliche Verfahren von selbst erledigt hat (BayObLG a.a.O.). Eine per Telefax vor Beginn der mündlichen Verhandlung erklärte Einspruchsrücknahme ist wirksam und stellt auch dann ein Verfahrenshindernis dar, wenn der zuständige Richter hiervon nicht rechtzeitig erfährt (BayObLG a.a.O.).

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens waren dem Betr. gem. § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 467 Abs. 2 StPO aufzuerlegen, denn er hat sie durch eine schuldhafte Säumnis verursacht. Die Säumnis muss zwar grds. eine Frist oder einen Termin betreffen; allgemein nachlässiges Verhalten bei der Verteidigung oder Prozessverschleppung genügen nicht (BVerfG NStE Nr. 4 zu § 467; Pfeiffer Rn 5; Degener in SK-StPO Rn 8). Eine derartige Säumnis liegt aber auch dann vor, wenn das Ausbleiben zwar durch triftige Gründe gerechtfertigt war, der Betr. dem Gericht jedoch nicht rechtzeitig von der Verhinderung Kenntnis gegeben hat, obwohl ihm dies nach den Umständen möglich war (KK-StPO/Gieg, 8. Aufl. 2019, StPO § 467 Rn 4). Entsprechend verhält es sich dann, wenn die Rücknahme des Einspruchs so spät erfolgt, dass damit gerechnet werden muss, dass sie den zuständigen Spruchkörper vor dem Beginn der Hauptverhandlung nicht mehr erreicht. Ergangen ist das angefochtene Urteil nur, weil er Betr. seinen Einspruch so kurz vor der Hauptverhandlung zurückgenommenen hat, dass die zuständige Richterin nicht rechtzeitig davon erfahren hat. Eingegangen ist die Rücknahme per Fax knapp eine Stunde vor Beginn der Hauptverhandlung. Nach den üblichen Geschäftsabläufen in einem derart großen Gericht wie dem AG Bremen konnte der Betr. nicht davon ausgehen, dass die zuständige Richterin davon noch rechtzeitig vor der Verhandlung erfahren würde.

Einer Entscheidung über die Kosten des gerichtlichen Einspruchsverfahrens bedarf es im Hinblick auf § 27 GKG nicht (OLG Koblenz, Beschl. v. 2.1.2007 – 1 Ss 223/06, juris 7 m.w.N.).“

zfs 9/2020, S. 532 - 533

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