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[8] II. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des BG, der Kl. stehe aus Nr. 3 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vergleichs ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Mehrkosten für ihre Reise nach Gran Canaria zu.
[9] 1. Gem. Nr. 3 des Vergleichs sollen Pflege- und Betreuungskosten, die ab Vollendung des 25. Lebensjahrs entstehen, ab diesem Zeitpunkt neu geregelt werden. Unter Beachtung der dann vorliegenden medizinischen Notwendigkeit sind die tatsächlich entstehenden und konkret nachzuweisenden Kosten zu erstatten.
[10] 2. Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das BG die der Kl. aufgrund ihrer Behinderung entstandenen Mehrkosten für ihre eigene Reise und die Reisekosten der für ihre Rundumbetreuung erforderlichen Begleitpersonen als zu erstattende Kosten i.S.v. Nr. 3 des Vergleichs angesehen hat. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Auslegung durch das BG, wonach unter den Begriff der Pflege- und Betreuungskosten im Sinne dieser Bestimmung im Grundsatz nicht nur die unabhängig vom Aufenthaltsort der Kl. entstehenden unmittelbaren Kosten, sondern auch die durch eine Veränderung des Aufenthaltsorts der Kl. verursachten Mehrkosten ihrer Betreuung fallen, und wonach sich der Vorbehalt der medizinischen Notwendigkeit auf die Pflege und Betreuung der Kl. nicht aber auf die von ihr unternommene Ortsveränderung bezieht.
[11] a) Die Auslegung von Individualvereinbarungen ist grds. Sache des Tatrichters. Dessen Auslegung unterliegt im Revisionsverfahren nur einer eingeschränkten Überprüfung im Hinblick darauf, ob gesetzliche Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht, etwa, weil wesentliches Auslegungsmaterial unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH v. 9.3.2010 – VI ZR 52/09, VersR 2010, 783 Rn 20; BGH v. 18.10.2017 – I ZR 6/16, GRUR 2018, 297 Rn 32 [media control]; BGH v. 21.2.2019 – I ZR 98/17, BGHZ 221, 181 Rn 56 [HHole (for Mannheim)]; jeweils m.w.N.).
[12] b) Derartige Rechtsfehler liegen nicht vor. Die Auslegung durch das BG ist insb. weder wortsinnwidrig noch verstößt sie gegen das Gebot der nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung.
[13] aa) Der Begriff der Pflege- und Betreuungskosten ist im Ausgangspunkt weit; er umfasst nach allgemeinem Sprachgebrauch all diejenigen Aufwendungen, die für die Pflege oder Betreuung des Betroffenen anfallen. Hierzu gehört auch der Ersatz notwendiger Aufwendungen der Betreuungsperson(en) wie etwa Fahrtkostenersatz (vgl. bspw. zu Kinderbetreuungskosten; BFH v. 10.4.1992 – III R 184/90, BFHE 167, 436 = BStBl II 1992, 814 = juris Rn 21 zu § 33c EStG i.d.F. v. 14.12.1984; FG Stuttgart v. 9.5.2012 – 4 K 3278/11, StBW 2012, 581 = EFG 2012, 1439 = juris 23 ff. zu § 4f EStG i.d.F. v. 20.12.2007 – nunmehr § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Dies zieht die Revision nicht in Zweifel.
[14] bb) Es begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass das BG unter den Begriff der Pflege- und Betreuungskosten im Grundsatz auch solche Ausgaben gefasst hat, die erforderlich waren, um die Betreuung der Kl. außerhalb ihres gewöhnlichen Aufenthaltsorts – während einer von ihr gewählten Ortsveränderung und an einem anderen Aufenthaltsort – zu gewährleisten. Denn auch diese Aufwendungen dienten dem Zweck, den behinderungsbedingten Betreuungsbedarf der Kl. zu befriedigen. Die Revision rügt in diesem Zusammenhang ohne Erfolg, das BG habe verkannt, dass es vorliegend nicht um die unmittelbaren Betreuungskosten gehe, die unabhängig vom Aufenthaltsort der Kl. anfielen, sondern um Reisekosten der Betreuungspersonen und der Kl. Mit diesem Gesichtspunkt hat sich das BG ausdrücklich befasst; es hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass dem Vergleich weder nach dem Wortlaut noch den Umständen des Streitfalls eine Beschränkung der Ersatzpflicht der Bekl. auf unmittelbare Betreuungskosten zu entnehmen ist. Die Revision zeigt keinen Rechtsfehler der vom BG vorgenommenen Vertragsauslegung auf, sondern nimmt lediglich in revisionsrechtlich unbeachtlicher Weise eine von der tatrichterlichen Würdigung abweichende Auslegung der vertraglichen Vereinbarung vor.
[15] cc) Gleiches gilt für die Rüge, für die Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit der geltend gemachten Kosten komme es nicht auf die Notwendigkeit der Betreuung der Kl., sondern auf die Notwendigkeit der Ortsveränderung mithin der Urlaubsreise an; diese sei nach dem vorgelegten ärztlichen Attest zwar “hilfreich und sinnvoll', eine medizinische Notwendigkeit ergebe sich daraus aber nicht. Auch insoweit zeigt die Revision einen Rechtsfehler nicht auf. Die Auslegung durch das BG verstößt insb. nicht gegen das Gebot der nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung.
[16] Das Gebot der interessengerechten Auslegung erfordert die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkennbaren wechselseitigen Interessen zu berücksichtigen und der Abrede einen...