StGB § 69 Abs. 2 Nr. 3
Leitsatz
Die Wertgrenze des bedeutenden Sachschadens unterliegt ebenso wenig der Anpassung an die Lebenshaltungskosten wie etwa der Wert einer geringwertigen Sache im Sinne von § 243 Abs. 2 StGB.
LG Darmstadt, Beschl. v. 6.2.2020 – 3 Qs 57/20
Sachverhalt
Das LG Darmstadt hat die Beschwerde der Beschuldigten verworfen.
2 Aus den Gründen:
"… Die Beschwerde ist unbegründet. Die Beschuldigte ist nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen dringend verdächtig, sich des unerlaubten Entfernens vom Unfallort schuldig gem. § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB gemacht zu haben."
Insoweit kann zu den Umständen der vorgeworfenen Tat und der den dringenden Tatverdacht begründenden Feststellungen auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen werden. Das AG hat dies entsprechend gewürdigt, diesem Ergebnis schließt sich die Kammer in vollem Umfang an. Die Beschwerde versucht erfolglos zu begründen, dass sich die Beschuldigte nicht von Unfallort entfernt habe. Eine Nachsuche nach ihr durch den Geschädigten in dem Hotel blieb erfolglos, sie hatte dort auch nichts hinterlassen, das ihr Auffinden ermöglicht hätte. Eine befragte Hotelangestellte wusste nicht, wo sie sich aufhält, obwohl sie dieser bekannt war. Die Beschuldigte kam auch erst zur Unfallstelle zurück, als die Polizei bereits eingetroffen war, dort gab sie sich nicht zu erkennen. Vielmehr musste der sie wiedererkennende Geschädigte die Polizei auf die Beschuldigte aufmerksam machen.
Soweit die Beschwerde darauf gestützt ist, dass die Wertgrenze für die Annahme des bedeutenden Fremdschaden i.S.d. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB nicht erreicht wird, bleibt dies ebenfalls ohne Erfolg. Es kann insoweit auch dahingestellt bleiben, ob der Argumentation der Verteidigung zu folgen wäre, dass bei dem Kostenvorschlag nur der Nettobetrag anzusetzen sei.
Die Beschwerdekammer des LG Darmstadt bleibt in Übereinstimmung mit der Auffassung der Berufungskammern dagegen bei der bisherigen Wertgrenze von 1.300 EUR (vgl. zur gültigen Wertgrenze, Fischer, StGB Rn 29 zu § 69 StGB m.w.N.). Die Wertgrenze des bedeutenden Sachschadens unterliegt ebenso wenig der Anpassung an die Lebenshaltungskosten wie etwa der Wert einer geringwertigen Sache i.S.v. § 243 Abs. 2 StGB.
Es ist daher davon auszugehen, dass die Beschuldigte gem. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB als zum Führen eines Kraftfahrzeuges ungeeignet anzusehen ist, weshalb die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis zu Recht erfolgte. Danach hat auch der Schutz der Allgemeinheit vor einer voraussichtlich ungeeigneten Kraftfahrerin Vorrang vor den Interessen der Beschuldigten, weshalb ihr bereits jetzt vorläufig die Fahrerlaubnis zu entziehen war. Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung im eigentlichen Sinne findet insoweit auch nicht statt.
Eine Kostenentscheidung ist noch nicht veranlasst.“
zfs 9/2020, S. 531