Straßenverkehrsrecht
Gesetz zur Haftung bei Unfällen mit Anhängern und Gespannen im Straßenverkehr
Am 17.7.2020 ist das Gesetz zur Haftung bei Unfällen mit Anhängern und Gespannen im Straßenverkehr v. 10.7.2020 in Kraft getreten (BGBl I S. 1653). Durch das Gesetz sind die §§ 19 und 19a in das StVG eingefügt worden, in denen nunmehr die Haftung bei Unfällen mit Anhängern und Gespannen geregelt ist. Entgegen dem Urteil des BGH v. 27.10.2010 (IV ZR 279/08, BGHZ 187, 211) ist nunmehr gesetzlich ausdrücklich geregelt, dass im Innenverhältnis der Schaden weiterer Unfallbeteiligter allein vom Halter bzw. der Pflichtversicherung des Zugfahrzeugs (und nicht des Anhängers) zu tragen ist, wenn das Ziehen des Anhängers nicht gefahrerhöhend gewirkt hat. Nach § 19 Abs. 4 S. 4 StVG n.F. bewirkt das Ziehen des Anhängers im Regelfall allein keine höhere Gefahr. Durch die gesetzliche Neuregelung soll erreicht werden, dass im Regelfall der Halter bzw. die Pflichtversicherung des Zugsfahrzeugs den Schaden zu tragen hat. Dies entspricht der Regulierungspraxis der Versicherungen vor dem o.g. Urteil des BGH v. 27.10.2010, soll Abrechnungsprobleme mit Haltern und deren Versicherungen aus Staaten vermeiden, deren Rechtsordnung keine Pflichtversicherung für Anhängerhalter vorsieht, und der Steigerung der Versicherungsprämien für Anhänger entgegenwirken.
Quelle: BR-Drucksache 49/20
Fahrzeug-Zulassungsrecht
FZV-Ausnahmeverordnung
Am 31.8.2020 ist die Verordnung über Ausnahmen von den Vorschriften der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV-Ausnahmeverordnung – FZVAusnV) v. 20.8.2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden (BGBl I S. 1968). Sie tritt am 1.3.2021 in Kraft und am 29.2.2024 wieder außer Kraft. Durch die Verordnung soll eine Folienlösung für Versicherungskennzeichen in einer Testphase von zwei Jahren erprobt und anschließend evaluiert werden. Derzeit werden jährlich in Deutschland ca. 2 Millionen Versicherungskennzeichen aus Aluminiumblech produziert, die nur für ein Jahr gültig sind und anschließend entsorgt werden. Durch die Folienlösung soll Material eingespart werden. Sofern sich das Verfahren bewährt, soll es zukünftig in die FZV integriert werden.
Quelle: Referentenentwurf des BMVI v. 3.6.2020 – www.bmvi.de
Zivilprozessrecht
Unzulässigkeit der Berufung bei Verwendung von nicht auf den konkreten Fall angepassten Textbausteinen (OLG Köln, Beschl. v. 18.8.2020 – 15 U 171/19)
Das OLG Köln hat mit Beschl. v. 18.8.2020 entschieden, dass eine Berufungsbegründung den aus § 520 ZPO folgenden Anforderungen nicht genügt, wenn sie weitgehend aus Textbausteinen besteht und auf das erstinstanzliche Urteil nur "sporadisch" eingeht. Im entschiedenen Fall hatte die Klägerin im Zusammenhang mit dem sog. "Dieselskandal" den Hersteller und Verkäufer des Fahrzeugs auf Rückabwicklung des Kaufvertrages und Schadenersatz in Anspruch genommen. Das LG hat die Klage wegen Bedenken an der Substantiierung des Vortrags abgewiesen. Trotz des Umfangs von 146 Seiten sei die Berufungsbegründung nicht ausreichend, da sie nicht auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sei. Die Darstellung ähnele einem allgemeinen Rechtsgutachten zur Dieselkrise mit umfassenden Ausführungen zur "Historie", die im vorliegenden Fall zu prüfenden Fragen seien jedoch ausgeblendet worden. Es fehle jeder Einzelfallbezug und jede Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil. Selbst das Datum des angefochtenen Urteils und der Kaufpreis des Fahrzeugs seien unrichtig wiedergegeben worden.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln v. 25.8.2020
Covid-19-Pandemie
Grillverbot auf öffentlichen Plätzen in Bayern und Alkoholkonsumverbot in München unverhältnismäßig (BayVGH, Beschl. v. 1.9.2020 – 20 CS 20.1962 u. Beschl. v. 2.9.2020, 20 NE 20.1754)
Im Eilverfahren hat der BayVGH das nächtliche Alkoholkonsumverbot in München (Beschl. v. 1.9.2020 – 20 CS 20.1962) und das bayernweite Grillverbot auf öffentlichen Plätzen für unverhältnismäßig erklärt und die entsprechenden Bestimmungen außer Vollzug gesetzt. Ein Alkoholkonsumverbot im gesamten Stadtgebiet München sei nicht erforderlich, weil eine Beschränkung des Verbots auf stark frequentierte Örtlichkeiten ("Hotspots") ein gleich geeignetes und den Adressatenkreis weniger belastendes Mittel darstelle. Grillen im öffentlichen Raum begründe für sich genommen kein erhöhtes Infektionsrisiko. Ein Grillverbot zur Reduzierung des Infektionsrisikos müsse daher nach differenzieren, ob in räumlicher und zeitlicher Hinsicht das Grillen mit der Gefahr der Bildung von Menschenansammlungen verbunden ist.
Quelle: Pressemitteilung des BayVGH v. 1.9.2020
Autor: Karsten Funke
Karsten Funke, Richter am Landgericht, München
zfs 9/2020, S. 482