1) Die in dem Urteil des BGH v. 25.5.2020 (zfs Heft 8/2020) bestimmte Anrechnung der von dem getäuschten Käufer gezogenen Nutzungen im Wege der Vorteilsausgleichung (Rn 64–83) verfestigt die Auffassung, dass der auch im Zivilrecht geltende Präventionsgedanke die Zubilligung einer den Käufer verpflichtenden Nutzungsentschädigung verbiete (anders noch Heese NJW 2019, 257 (261)). Die Versagung der Nutzungsentschädigung als von dem Schadensersatzbetrag abzugsfähige Summe beruht auf der rechtlicher Prüfung nicht Stand haltenden Überlegung des Geschädigten, dass der täuschende Hersteller diese "Vergünstigungen" nicht verdient.
2) Anders ist es um die Überlegungen bestellt, dass bei grundsätzlicher Anerkennung der im Wege der Vorteilsausgleichung anzuerkennenden abzugsfähigen Nutzungsvorteile entweder eine zeitliche Zäsur für die Abzugsfähigkeit anzuerkennen ist oder der Höhe nach nicht ungeprüft der Kaufpreis als Berechnungsgrundlage zugrunde gelegt werden darf.
Die Entscheidung des OLG Hamburg befasst sich mit der für die Bestimmung der Nutzungsentschädigung maßgeblichen zeitlichen Dauer. Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass der getäuschte Käufer nach dem von ihm erklärten Rücktrittsverlangen oft noch geraume Zeit auf die Rückgewähr des sich durch die Verrechnung mit der Nutzungsentschädigung vermindernden Kaufpreises warten muss, was ihm bei sofortiger Erfüllung des Abwicklungsverlangens erspart bliebe. Als rechtlichen Ansatz für diese Zäsur, die die Pflicht zur Leistung der Nutzungsentschädigung beende, sieht die Entscheidung des OLG Hamburg den aufgrund der Rückabwicklungsforderung eingetretenen Annahmeverzug an (Rn 8 m.w.N.). Da § 302 BGB die Herausgabepflicht des Schuldners bei bestehendem Gläubigerverzug auf die gezogenen Nutzungen beschränkt, hilft der bestehende Annahmeverzug dem getäuschten Käufer nicht weiter. Die gezogenen Nutzungen hat er herauszugeben. Überlegungen des OLG Hamburg dazu, der geschädigte Käufer sei durch die unterbliebene Rückabwicklung des Kaufs seitens des Herstellers geradezu in eine Zwangslage versetzt worden, Nutzungen durch den Gebrauch des kontaminierten Kfz zu ziehen, liefern keine Begründung dafür, dass die Nutzungen entgegen der Wertung des § 302 BGB "gratis" sein mussten. Vielmehr war es für den Geschädigten zumutbar, anderweitig seinen Mobilitätsbedarf zu decken. Die hierbei entstehenden Aufwendungen konnte er ohnehin nicht von dem Hersteller ersetzt verlangen, da sie nur bei einem geschuldeten Ersatz des Erfüllungsinteresses ersatzfähig gewesen wären. Der gem. § 826 BGB haftende Hersteller schuldete jedoch nur den Ersatz des negativen Interesses.
3) Da sonstige Versagungsgründe für die Abzugsfähigkeit der Nutzungsentschädigung nicht vorliegen (vgl. BGH zfs 2020, 434 ff.), ist die Höhe der Nutzungsentschädigung noch zweifelhaft. Das betrifft weniger die zugrunde zu legende Laufleistung seiner Besitzzeit als die Berücksichtigung, dass der getäuschte Käufer während seiner Besitzzeit zur Ermöglichung der Nutzung Aufwendungen treffen musste (Steuern, Versicherungen, Reparatur- und Wartungskosten), die bei zusätzlicher Berechnung auf der Grundlage des Kaufpreises unberücksichtigt blieben (vgl. von Mirbach MDR 2020, 129 (132).; vgl. aber Feevers/Gsell NJW 2020, 1393 zum Verhältnis Vorteilsanrechnung/Wertverlust).
RiOLG a.D. Heinz Diehl
zfs 9/2020, S. 498 - 503