[…] II. Die Rechtsbeschwerde war gem. § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG wegen der Versagung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) zuzulassen.

1) Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist zulässig erhoben; sie genügt insbesondere den Formerfordernissen der §§ 79 Abs. 3 Satz 1, 80 Abs. 3 Satz 3 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.

2) Das Amtsgericht hat ferner den Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör insofern verkürzt, als es dessen Beweisanträge zu 1) sowie 2 a) und b) – Vernehmung der Beifahrerin des Betroffenen und Einholung von Sachverständigengutachten zu den Beweisbehauptungen lediglich einen elektronischen Fahrzeugschlüssel (SmartKey) in der Hand gehalten (Beweisantrag zu 1) und diesen nur kurz in Blick genommen zu haben (Beweisanträge 2 a) und b)) – abgelehnt hat. Die Ablehnung des weiteren, in der Hauptverhandlung am 22.11.2020 gestellten Beweisantrags – Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage, ob für den als Zeugen vernommenen Polizeibeamten aus seiner Beobachtungsposition der Unterschied zwischen einem Mobiltelefon und einem elektronischen Fahrzeugschlüssel (SmartKey) erkennbar war – erfolgte hingegen nicht in gehörsverletzender Weise.

a) Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs gebietet, dass Beweisanträge, auf die es für die Entscheidung ankommt, vom Gericht berücksichtigt werden müssen, sofern nicht Gründe des Prozessrechts es gestatten oder dazu zwingen, sie unbeachtet zu lassen (BVerfG NJW 1996, 2785, 2786; OLG Hamm, Beschl. v. 2.7.2002 – 3 Ss OWi 159/02). Eine bloße prozessordnungswidrige Behandlung von Beweisanträgen stellt hierbei allerdings noch keine Verweigerung rechtlichen Gehörs dar (OLG Köln, Beschl. v. 11.12.2020 – III-1 RBs 337/20). Erforderlich ist nach ständiger Rechtsprechung vielmehr, dass der Beweisantrag ohne nachvollziehbare, auf das Gesetz zurückführbare Begründung abgelehnt wird und die Ablehnung unter Berücksichtigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist (vgl. BVerfG NJW 1992, 2811; OLG Hamm, Beschl. v. 2.7.2002 – 3 Ss OWi 159/02; OLG Hamm, Beschl. v. 10.3.1999 – 4 Ss OWi 634/99; OLG Köln, Beschl. v. 11.12.2020 – III-1 RBs 337/20; BayObLG, Beschl. v. 4.12.2020 – 201 ObOWi 1471/20; KG, Beschl. v. 22.9.2020 – 3 Ws (B) 182/20).

b) Dies ist vorliegend in Bezug auf die Ablehnung der Beweisanträge zu 1), 2 a) und b) der Fall. Das Amtsgericht hat die Ablehnung der vorbezeichneten Beweisanträge darauf gestützt, dass die Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich sei, weil bereits das Gegenteil (der Beweisbehauptung) aufgrund der glaubhaften Aussage des Polizeibeamten R feststehe. Diese Begründungen finden im Gesetz indes ersichtlich keine Stütze und sind damit offensichtlich unzutreffend.

Nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG kann das Gericht einen Beweisantrag ablehnen, wenn nach seinem pflichtgemäßen Ermessen die Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Ein weiterer Aufklärungswert kann der Aussage indes regelmäßig nicht abgesprochen werden, wenn diese – wie hier – der Entkräftung des bisherigen, lediglich auf der Aussage eines Zeugen beruhenden Beweisergebnisses dienen soll (BayObLG VRS 84, 44; OLG Düsseldorf NStZ 1991, 542; OLG Karlsruhe NStZ 1988, 226; OLG Köln VRS 81, 201; 88, 376; Göhler/Seitz/Bauer, 17. Aufl. 2018; § 77 OWiG Rn 14; KK-OWiG/Senge, 5. Aufl. 2019, § 77 Rn 17). Eine Ausnahme gilt nur für den Fall, dass sich nach Abwägung des im Einzelfall bereits gewonnenen Beweisergebnisses und der beantragten Beweiserhebung unter Berücksichtigung der Verlässlichkeit des Beweismittels ergibt, dass es unwahrscheinlich oder nicht damit zu rechnen ist, dass das benannte Beweismittel die behauptete Tatsache erweisen könne (OLG Düsseldorf zfs 2004, 185, OLG Köln, Beschl. v. 20.10.2000 – Ss 438/00 Z; Senge a.a.O., § 77 Rn 17). Solche Ausnahmeumstände werden jedoch weder im ablehnenden Gerichtsbeschluss angeführt noch sind diese sonst ersichtlich. Das Amtsgericht hat in der Hauptverhandlung zum Vorwurf der verbotswidrigen Benutzung eines elektronischen Gerätes lediglich den Polizeibeamten R als Zeugen vernommen. Vor diesem Hintergrund konnte der beantragten Vernehmung der Beifahrerin des Betroffenen sowie der Einholung von Sachverständigengutachten nicht von vornherein ein weiterer Aufklärungswert abgesprochen werden (im Ergebnis ebenso: OLG Köln, Beschl. v. 20.10.2000 – Ss 438/00 Z; OLG Düsseldorf zfs 2004, 185).

c) Die Ablehnung des weiteren Beweisantrags des Antragstellers – Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage, ob der Polizeibeamte aus seiner Position den Unterschied zwischen einem Mobiltelefon und einem elektronischen Fahrzeugschlüssel (SmartKey) erkennen konnte – ist hingegen nicht zu beanstanden. Das Amtsgericht hat diesen Beweisantrag vielmehr rechtsfehlerfrei nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG abgelehnt. Nach Vernehmung des Polizeibeamten sowie Inaugenscheinnahme des Lichtbildes zu den örtlichen Verhältnissen durfte das Amtsgericht den Sachverhalt für hinreichend geklärt halten. Im...

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