1. Rechtsfehlerfrei bejaht das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin gegen die Bekl. zu 1, die Erstattung der Gerichtskasse in Höhe von 2.127,71 EUR an sie auszukehren. Der entsprechende Anspruch der VN gegen die Bekl. zu 1 ist auf die Kl. gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG übergegangen.

a) Die Rechtsschutzversicherung ist eine Schadensversicherung, für die § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG gilt (BGH NJW 2020, 1585). Nach dieser Regelung geht ein dem VN gegen einen Dritten zustehender Ersatzanspruch auf den VR über, soweit dieser den Schaden ersetzt. Hierbei handelt es sich um einen gesetzlichen Anspruchsübergang im Sinne der §§ 412 ff BGB.

b) Die Kl. hat ihren VN im Sinne des § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG in Höhe von insgesamt 13.532,59 EUR einen Schaden ersetzt, weil sie 4.518 EUR für Gerichtskosten und 9,024,59 EUR für die Vergütung der gerichtlichen Tätigkeit der Bekl. aufgewendet hat. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Gerichtskosten später auf 1.746 EUR ermäßigten.

In der Rechtsschutzversicherung stellt der Anspruch auf Kostenbefreiung die Hauptleistung des Versicherers dar. Die Kosten der Rechtsverfolgung bilden den Schaden, dessen Deckung der Rechtsschutzversicherer übernommen hat (BGH r+s 1999, 285, 286 m.w.N. …). Der Leistungsanspruch des Versicherungsnehmers ist auf Befreiung von den bei der Wahrnehmung der rechtlichen Interessen entstehenden Kosten gerichtet BGHZ 202, 122 VersR 2015, 1501). Dabei erfüllt der Versicherer den bestehenden Befreiungsanspruch noch nicht dadurch, dass er dem Versicherungsnehmer einen entsprechenden Betrag zur Verfügung stellt (BGHZ 202, 122). Entscheidend ist vielmehr, dass das Ergebnis – Befreiung von der Verbindlichkeit – eintritt (BGH VersR 2018, 673). Dieser Kostenbefreiungsanspruch ist fällig, sobald der Versicherungsnehmer wegen der Kosten in Anspruch genommen wird (vgl. § 5 Abs. 2 Buchst. a ARB 2010; …).

Entschließt sich der VN in Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen zu einem gerichtlichen Vorgehen, handelt es sich nach diesen Maßstäben bei der gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 GKG mit Einreichung der Klageschrift fälligen 3,0-Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen nach Nr. 1210 KV GKG um einen Schaden. Gleiches gilt, sofern in einem gerichtlichen Verfahren Auslagen- und Kostenvorschüsse angefordert werden (vgl. auch § 5 Abs. 1 Buchst. c ARB 2010). Der Versicherungsnehmer entnimmt den Bedingungen, dass der Rechtsschutzversicherer unabhängig von späteren Ermäßigungen Kostenbefreiung in Höhe der vollen Verfahrensgebühr und etwaiger weiterer Auslagen- und Kostenvorschüsse schuldet. Daher führen spätere Ermäßigungen der Gerichtsgebühren – etwa wegen der Festsetzung eines niedrigeren als des ursprünglich angenommenen Streitwerts oder wegen der Erfüllung eines Ermäßigungstatbestandes nach Nr. 1211 KV GKG – nicht dazu, dass in Höhe der unverbrauchten Gerichtskosten kein Schaden des Versicherungsnehmers vorlag. Der Versicherer ersetzt dem Versicherungsnehmer in der Rechtsschutzversicherung auch dann einen Schaden, wenn die Höhe der Kosten der Rechtsverfolgung noch nicht endgültig feststeht.

Im Streitfall leistete die Kl. die 4.518 EUR im Hinblick auf die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 1210 KV GKG. Dass sich diese Verfahrensgebühr aufgrund des geschlossenen Vergleichs gemäß Nr. 1211 KV GKG später auf eine 1,0- Gebühr ermäßigte, ändert nichts daran, dass die Klägerin ihren VN bereits mit der Zahlung auf die Verfahrensgebühr einen Schaden ersetzte.

c) Soweit die Gerichtskasse an die Beklagte zu 1 als Prozessbevollmächtigte der VN unverbrauchte Gerichtskosten in Höhe von 2.772 EUR überwies, begründete dies einen Auszahlungsanspruch der VN gegen die Bekl. zu 1 aus §§ 675, 667 BGB.

aa) Der Rechtsanwalt ist gemäß § 667 BGB verpflichtet, dem Auftraggeber alles herauszugeben, was er aus der Geschäftsführung erlangt. Dies sind alle Vorteile, die ihre Grundlage in der Auftragsausführung finden und in einem inneren Zusammenhang mit ihr stehen (BGH NJW 2016, 317 Rn 36 …). Danach hat der Mandant aus einem Anwaltsvertrag einen Anspruch auf Rückgewähr desjenigen Teils des geleisteten Vorschusses, der die tatsächlich geschuldete Vergütung übersteigt (BGH NJW 2019, 1458). Ebenso steht dem Mandanten gemäß § 675 Abs. 1, § 667 BGB ein Anspruch auf Herausgabe hinsichtlich der Zahlungen zu, die ein Prozessgegner an den Rechtsanwalt erbringt (vgl. BGH NJW 2020, 1585). Schließlich sind Leistungen Dritter, die der Rechtsanwalt aufgrund seiner Tätigkeit im Rahmen des Anwaltsvertrags für den Mandanten erhält, aus der Geschäftsführung erlangt.

bb) Die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 667 BGB liegen vor. Die Bekl. zu 1 hat die von der Gerichtskasse unstreitig an sie gezahlten 2.772 EUR aus der Geschäftsführung für die VN erlangt. Bei der Zahlung handelt es sich um eine Leistung der Gerichtskasse an die Versicherungsnehmer.

Für einen Herausgabeanspruch aus § 667 BGB hinsichtlich der erstatteten Gerichtskosten ist es unerheblich, ob die VN materiell-rechtlich Inhaber des Anspruchs gegen die Gerichtskasse sind, oder ob dieser ...

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