Der Kläger hatte vor dem LG Stuttgart gegen die beklagte Volkswagen AG Ansprüche im Zusammenhang mit dem sogenannten VW-Dieselskandal geltend gemacht. Der Kläger hatte einen gebrauchten Pkw Audi erworben, der mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor ausgestattet war, der eine Software zur Abgasrückführungssteuerung enthielt. Diese Software verfügte über zwei Modi. Aufgrund eines Bescheides des Kraftfahrtbundesamtes wurde die Software als unzulässig beanstandet. Hieraufhin entwickelte die Beklagte ein Software-Update, das vom Kraftfahrtbundesamt freigegeben wurde und auf dem Fahrzeug des Klägers aufgespielt wurde.
Der Kläger hatte geltend gemacht, er sei von der Beklagten durch den Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung für die Abgasrückführung sittenwidrig geschädigt worden. Er hat vor dem LG Stuttgart die Feststellung beantragt, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm Ersatz für Schäden zu leisten, die aus der Manipulation seines Fahrzeugs resultieren würden. Außerdem hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihn von vorgerichtlichen Anwaltskosten, berechnet auf der Grundlage einer 2,0 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG freizustellen. Das LG Stuttgart hat die beantragte Feststellung ausgesprochen und die Beklagte zur Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten, jedoch berechnet nur auf der Grundlage einer 1,3 Geschäftsgebühr, verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Die Beklagte hat hiergegen Berufung mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung eingereicht. Mit seiner Anschlussberufung hat sich der Kläger gegen die Absetzung eines Teils der vorgerichtlichen Anwaltskosten gewandt. Das OLG Stuttgart hat die Berufungen zurückgewiesen. Zur anwaltlichen Geschäftsgebühr hat das OLG folgendes ausgeführt:
Zitat
… a) Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus §§ 826, 249 BGB. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten sind Bestandteil des infolge einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung durch den Schädiger zu erstattenden Schadens. Allerdings hat der Schädiger dem Geschädigten nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH, Urt. v. 23. 1. 2014 – III ZR 37/13 –, Rn 48, juris,- AGS 2015, 97 = RVGreport 2015, 68 (Hansens); BGH, Urt. v. 17. 9. 2015 – IX ZR 280/14 –, Rn 9, juris- zfs 2016, 44 m. Anm. Hansens = AGS 2015,589 m. Anm. Schons = RVGreport 2016, 25 (Ders.)).
b) Die Höhe des Anspruchs wird durch die in Nr. 2300 VV RVG geregelte einheitliche Geschäftsgebühr und den für diese vorgesehenen Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5 bestimmt.
Bei einer solchen Rahmengebühr bestimmt der Rechtsanwalt gem. § 14 Abs. 1 S. 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen. Allerdings besteht bei der Rahmengebühr nach Nr. 2300 VV RVG das Bestimmungsrecht des Rechtsanwalts nicht unbeschränkt. Gemäß § 2 Abs. 2 RVG i.V.m. Nr. 2300 S. 2 VV-RVG kann eine Geschäftsgebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (BGH, Urt. v. 11. 7. 2012 – VIII ZR 323/11 –, Rn 8, juris – zfs 2012, 584 m. Anm. Hansens = AGS 2012, 373 m. Anm. Schons = RVGreport 2012, 375 (Hansens); BGH, Urt. v. 31.10. 2006 – VI ZR 261/05 –, Rn 6, juris – zfs 2007,102 m. Anm. Hansens = AGS 2007, 28 m. Amm. Schons = RVGreport 2007, 21 (Ders.)). Ist die Gebühr – wie vorliegend – von einem Dritten zu ersetzen, trägt der ersatzpflichtige Dritte die Darlegungs- und Beweislast für die Unbilligkeit der getroffenen Bestimmung gemäß § 14 Abs. 1 S. 4 RVG (BGH, Beschl. v. 20.1.2011 – V ZB 216/10 –, Rn 10, juris – RVGreport 2011, 145 (Hansens); KG Berlin, Urt. v. 26.9.2019 – 4 U 51/19 –, Rn 193, juris) und zwar auch dann, wenn das Bestimmungsrecht gem. Nr. 2300 S. 2 VV-RVG eingeschränkt ist. Unter Abwägung der hierfür maßgeblichen Kriterien ist der Senat davon überzeugt, dass die vorliegende Angelegenheit weder in zeitlicher (aa)) noch in qualitativer (bb)) Hinsicht überdurchschnittlich ist (so auch OLG Stuttgart, Urt. v. 29.7.2019 – 5 U 45/18 –, Rn 55, juris, OLG Stuttgart, Urt. v. 28.11.2019 – 14 U 89/19 –, Rn 70, juris, OLG Koblenz, Urt. v. 25.10.2019 – 3 U 819/19 –, Rn 133, juris, KG Berlin, Urt. v. 26.9.2019 – 4 U 51/19 –, Rn 195, juris, OLG Stuttgart, Urt. v. 29.7.2019 – 5 U 45/18 –, Rn 55, juris).
aa) Bei dem Umfang ist der zeitliche Aufwand zu berücksichtigen, den der Rechtsanwalt auf die Sache verwenden muss (Gerold/Schmidt/Mayer, 24. Aufl. 2019, RVG § 14 Rn 18).
In tatsächlicher Hinsicht mag es zwar sein, dass die vorgerichtliche Tätigkeit der klägerischen Bevollmächtigten Kenntnisse der technischen Grundfunktionen eines Dieselmotors voraussetzt und diese den Alltag des durchschnittlichen Rechtsanwaltes nicht betreffen und damit eine erhebliche Einarbeitungszeit erfordern. Dem steht jedoch gegenüber, dass die Ei...