Das einst von Rösch begründete und von Stegbauer fortgeführte Werk zum Urteil in Straf- und Bußgeldsachen bietet mehr als es der Titel verspricht. Denn neben den Essentialia der Tenorierung und Urteilsbegründung gibt es auch zusätzliche Hilfestellungen und Anleitungen für verschiedene Verfahrenssituationen. Erfreulich ist, dass das Werk im Vergleich zur früheren zweiten Auflage, mit der das Buch damals auf das Doppelte an Umfang angewachsen war (damals schon knappe 470 Seiten, inzwischen verschlankt auf ca. 350 Seiten inklusive Verzeichnissen) immer noch im gleichen Preissegment angeboten wird: damals 68 EUR, nunmehr 69 EUR. Das ist zwar für ein thematisch begrenztes Paperback-Exemplar immer noch viel, gerade wenn man es mit den gelben Kommentaren des Beck-Verlages vergleicht, aber das Buch gehört in puncto Anwendungsfreundlichkeit nach wie vor zum Besten, was man während des juristischen Vorbereitungsdienstes, aber auch als Berufseinsteiger für die Urteilserstellung im Strafrecht konsumieren kann: Das Werk von Meyer-Goßner/Appl zum Strafurteil ist eine Spur theorielastiger, das Werk von Ziegler deutlich kürzer und das Werk von Göbel eigentlich nur von Praktikern sinnvoll einsetzbar. Deshalb kann man auch schon während des Referendariats und für das Assessorexamen die Anschaffung guten Gewissens vornehmen.
In insgesamt sieben Teilen wird das Urteil in Straf- und Bußgeldsachen aufbereitet. Der Autor beschränkt sich dabei nicht auf textliche Erläuterungen, sondern gibt eine Vielzahl von Musterformulierungen mit etlichen Alternativmöglichkeiten vor, aus denen man sich dann die passende Variante heraussuchen kann. So kann man bei einfach gestalteten Sachverhalten schnell die Grundzüge eines Urteils aus Textbausteinen erstellen und muss diese dann nur noch dem Fall anpassen. Sehr umsichtig sind Zitierungen aus der Rechtsprechung, um dem Leser die Absicherung für den Einsatz bestimmter Wendungen zu geben. Anhand des opulenten Inhaltsverzeichnisses kann man sich die passende Urteilssituation heraussuchen. Die Urteilsformel wird für zahlreiche Spielarten vorgestellt und etliche Zusatzentscheidungen wie die Entziehung der Fahrerlaubnis werden gut ausdifferenziert eingefügt. Einige Kapitel sind besonders zu empfehlen, etwa der Abschnitt zur Bestimmung des Strafrahmens (S. 91 ff.). Dort werden zunächst einmal alle Verschiebungsgründe aufgeführt, danach wird die Problematik anhand eines Beispiels konkret erläutert. Ebenfalls in dieses Kapitel integriert ist die Bestimmung der Tagessatzhöhe. Schließlich wird auch die tückische Gesamtstrafenbildung durchexerziert und die dabei zu verwendenden Formulierungen vorgestellt. Außerdem lesenswert sind die Urteilsvarianten (S. 187 ff.), in denen es um die Berücksichtigung von Rechtsfolgen nach dem JGG geht.
Für die Praxis wichtig ist darüber hinaus das Kapitel zum Urteil in Bußgeldsachen. Die dort schon anklingende stereotype Bearbeitung von Sachverhalten ist zwar auch ein Teilaspekt der Materie. Dennoch ist das Rechtsgebiet in der Praxis umkämpft und lebendig und gerade die Entscheidungen zur Verhängung eines Fahrverbots und den Ausnahmen hiervon werden hier zu Recht sehr ausführlich abgehandelt. Erfreulich sind vor allem die Vorschläge zum Beharrlichkeitsfahrverbot abseits des Regelfalls (S. 284). Dennoch habe ich zu diesem Kapitel – wie könnte es auch anders sein – die meisten Verbesserungswünsche. Dies betrifft aber nicht etwa handwerkliche Fehler, sondern eher veraltete/zu wenige/fehlende Fundstellen, ungünstige Behauptungen (Stellung des § 4 Abs. 4 BKatV im Prüfungsgefüge der Rechtsfolgenseite, S. 289) oder taktische Fragen, die im Detail hier aber nicht aufgeführt werden müssen, da der Gesamteindruck des Werks ja nach wie vor sehr gut ist. Die jüngste Entscheidung des BVerfG zum Akteneinsichtsrecht wurde immerhin an einer Stelle zu integrieren versucht. Dies könnte ausgebaut werden, um dem Charakter heutiger Hauptverhandlungen mehr gerecht zu werden.
Beschlossen und optimal abgerundet wird das Buch mit einem Abschnitt mit Musterbeschlüssen und Musterverfügungen, etwa zur Haftprüfung, zur Verfahrenseinstellung, zum Vorführungshaftbefehl oder zur Bewährungsüberwachung.
Mein Fazit zu diesem Buch fällt seit Jahren gleich aus: sehr empfehlenswert und eine echte Hilfe im Alltag.
Autor: Benjamin Krenberger
RAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl
zfs 9/2022, S. 492