Im Falle der Tötung eines Menschen spricht das italienische Recht auch den Hinterbliebenen eigene Schadenersatzsprüche auf Ersatz von Vermögensschaden und Nichtvermögensschaden zu. Anspruchsberechtigte sind dabei die Ehegatten und Nachkommen des Getöteten. Weiterhin können auch Nichten und Neffen, Großeltern und Geschwister, Onkel und Tanten etc einen Anspruch haben, aber nur, wenn zum Verstorbenen nachweislich ein besonders enges, vertrauensvolles zwischenmenschliches Verhältnis bestanden hat.
2. 1. Ersatz von Vermögensschaden der Hinterbliebenen
Als Vermögensschaden der Hinterbliebenen kommt ein Anspruch auf Zahlung von Unterstützungs- oder Unterhaltsleistungen infrage. Dieser Anspruch kann auf eine vorhersehbare Zeit begrenzt sein, wie es der Fall ist bei der Unterhaltsleistung an einen minderjährigen Nachkommen. Der Anspruch erlischt, sobald dieser wirtschaftliche Selbstständigkeit erlangt hat. Der Anspruch kann in Einzelfällen aber auch für die gesamte Lebensdauer des Hinterbliebenen bestehen.
Die Anspruchshöhe wird bestimmt nach den Einkommensverhältnissen des Getöteten, nach der Höhe der Leistungen, die der Getötete zu Lebzeiten an den Hinterbliebenen erbrachte, nach der Dauer des Unterhaltsanspruchs des Hinterbliebenen sowie nach dem Alter des Verstorbenen und dem Alter des geschädigten Hinterbliebenen.
Besondere Umstände des Einzelfalles können bei der Berechnung der Anspruchshöhe zusätzlich zu berücksichtigen sein.
Die Ermittlung des Einkommens des Getöteten erfolgt über dessen Einkommensteuererklärung; dieser kommt bei der Schadensermittlung nach Verkehrsunfällen entsprechend Art. 4 des Gesetzes vom 26.2.1977, Nr. 39 besonderer Beweiswert zu. Vom Einkommen ist der Selbstbehalt des Getöteten abzuziehen.
Hatte der Verstorbene zum Todeszeitpunkt kein Einkommen, wird stattdessen das Dreifache des Sozialhilfesatzes herangezogen.
Die Beweislast für die Anspruchshöhe liegt beim Geschädigten.
2. 2. Der Ersatz des Nichtvermögensschadens von Hinterbliebenen
2. 2.1. Körperschaden (danno biologico)
Erleidet der Hinterbliebene durch den Tod des nahen Angehörigen psychisch-physiologische Einschränkungen mit Verletzungswert, bestimmt sich der Schadenersatz nach der Bewertung der Verletzung durch den Rechtsmediziner.
Zudem kann ein Schadensersatzanspruch aus Billigkeitsgründen zugesprochen werden, wenn der Tod des Angehörigen beim Hinterbliebenen eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes herbeigeführt hat.
2. 2.2. Immaterieller Schaden (danno morale)
Der Anspruch auf Erstattung des immateriellen Schadens der Hinterbliebenen ergibt sich zum einen daraus, dass durch den Tod des Familienmitgliedes zum einen die Unversehrtheit der Familie zerstört wurde. Diese Unversehrtheit im täglichen Leben des Opfers und der Familienangehörigen hat Verfassungsrang entsprechend den Art. 2, 3, 29, 30, 31 und 36 der italienischen Verfassung.
Zum anderen wurde durch den Tod der Familienzusammenhalt zerstört. Dies gilt sowohl für die ehelichen Beziehungen als auch die Beziehungen zu den nahen Angehörigen. Auch hier handelt es sich um ein Gut mit Verfassungsrang entsprechend den Art. 2, 3, 29 und 30 der Verfassung.
Festzuhalten ist, dass dieser Anspruch auch bei den Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft besteht (vgl. Urteil des Kassationsgerichts Nr. 2988 v. 18.3.1994).
Die Bemessung der Schadenshöhe erfolgt auf der Grundlage der Art. 2056, 2059. und 1226 CC nach Billigkeitserwägungen. Sie liegt im Ermessen des Richters. Bei der Ermessensausübung muss er die Lebensverhältnisse des Opfers sowie den Umstand berücksichtigen, dass ein nicht behebbarer Schaden entstanden ist.
Die Anspruchshöhe orientiert sich an einem Anspruch des Verstorbenen bei einer 100 %igen Invalidität nach Körperschaden, der sodann nach Anteilen auf die Hinterbliebenen verteilt wird.
2. 2.3. Entschädigung für entgangene Lebensfreude (danno esistenziale)
Diese Schadensposition steht auch den Hinterbliebenen zu. Die Bemessung hat auf Grund billigen Ermessens zu erfolgen, wobei die Intensität der Familienbande, das Zusammenleben sowie weitere Umstände des Einzelfalls herangezogen werden müssen. Eine schematische Berechnung durch Verdoppelung des Betrages für den Körperschaden verbietet sich. Entsprechenden Tendenzen der Untergerichte wurde entgegengetreten.
Der Schaden muss sich bereits verwirklicht haben, den Geschädigten trifft die Beweislast.