B-BUZ §§ 1 (1); 2 (1)
Leitsatz
1. Verweist der Berufsunfähigkeits-Versicherer den Versicherungsnehmer auf eine Tätigkeit als "Pförtner", so kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Tätigkeit im Wesentlichen lediglich daraus besteht, präsent zu sein und eine Schranke zu öffnen. Jedenfalls wird für eine solche ganz einfache Tätigkeit eine Stelle auf dem freien Arbeitsmarkt nicht vorhanden sein.
2. Ob Stellen als "Pförtner mit weiteren Aufgabenbereichen" auf dem freien Arbeitsmarkt vorhanden sind oder es sich auch dabei um eine "Nischentätigkeit" handelt, aufweiche der Versicherer nicht wirksam verweisen kann, bleibt offen.
3. Bei einem bisherigen monatlichen Bruttoeinkommen von 2.496 EUR ist eine Verweisung auf eine Tätigkeit mit einem um 28 % niedrigeren Einkommen nicht zumutbar; diese entspricht nicht der bisherigen Lebensstellung (§ 2 Abs. 1 BB-BUZ).
OLG Hamm, Urt. v. 16.1.2008 – 20 U 17/07
Sachverhalt
Der inzwischen fast 43-jährige Kläger unterhält bei der Beklagten eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Mit Antrag vom 10.10.2002 beantragte der Kläger daraus Leistungen mit der Begründung, er sei seit September 2002 in seinem zuletzt ausgeübten Beruf als Isolierhelfer wegen einer Parkinson-Erkrankung zu 100 % berufsunfähig.
Daraufhin kam ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten zu dem Ergebnis, dass der Kläger infolge des Morbus Parkinson mit Tremor im Bereich des rechten Armes und des rechten Beines, mit Zahnradphänomen im Bereich beider Arme und Störung der Feinmotorik im Bereich der rechten Hand zu 80 % in seinem Beruf als Isolierer berufsunfähig sei. Er könne in seinem jetzigen Beruf jedenfalls nicht mehr auf Leitern und Gerüsten arbeiten. Allerdings könne er eine Alternativtätigkeit, wie bspw. eine Tätigkeit als Pförtner oder als Telefonist, ab sofort ausüben.
Aus den Gründen
“ … Der Anspruch des Klägers auf Leistungen aus der BUZ-Versicherung ergibt sich aus § 1 Abs. 1 S. 2 VVG und des Versicherungsvertrages der Parteien i.V.m. § 1 der Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung der Beklagten.
1. Es ist nicht mehr streitig, dass der Kläger i.S.d. §§ 1 (1); 2 (1) der Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung der Beklagten in seinem zuletzt ausgeübten Beruf als Isolierer bzw. Isolierhelfer zu 80 % berufsunfähig ist …
2. Des Weiteren ist der Kläger unfähig, eine vergleichbare andere Tätigkeit auszuüben, die er auf Grund seiner Ausbildung und Erfahrung ausüben kann und die seiner bisherigen Lebensstellung entspricht, § 2 (1) der B-BUZ der Beklagten.
a) Nicht mehr in Betracht kommt in diesem Zusammenhang nach dem ergänzenden Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. P vom 17.2.2006 eine Tätigkeit des Klägers als Telefonist oder als Mitarbeiter in einem Call-Center. Diese Berufsbilder würden – so der Sachverständige – ein Ausmaß an Vorbildung, Selbstständigkeit, Eigeninitiative, Schnelligkeit und Flexibilität erfordern, welches vom Kläger nicht geleistet werden könne.
Des Weiteren hat der Sachverständige eine Tätigkeit des Klägers als Pförtner im Schichtdienst ausgeschlossen. Die Notwendigkeit einer an den Tag-Nacht-Rhythmus gekoppelten regelmäßigen Medikation schließe eine Tätigkeit mit Tag-Nacht-Wechselschicht aus.
Auch dagegen hat die Beklagte konkrete Angriffe in zweiter Instanz nicht mehr vorgetragen.
b) Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg auf eine Tätigkeit als Pförtner ohne Nachtschicht verwiesen werden.
(1) Der Senat ist nach der persönlichen Anhörung des Klägers … und der dort vom Sachverständigen Prof. Dr. P vorgenommenen, ergänzenden Ausführungen zu seinem schriftlichen Gutachten zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger von seiner Persönlichkeit und seinen Fähigkeiten für eine Tätigkeit als Pförtner nicht geeignet ist.
Der Sachverständige hat im Termin ausgeführt, dass der Kläger keine Tätigkeiten auszuüben vermag, bei denen er schreiben und einen PC bzw. Monitor bedienen müsse. Auch für Publikumsverkehr sei der Kläger nicht unbedingt geeignet. Er sei – dies hat der Sachverständige bereits in seinem Gutachten vom 17.2.2006 ausgeführt – introvertiert, wobei sich dieses Persönlichkeitsbild unter der vorliegenden Krankheit akzentuiert habe. Der Sachverständige hat weiter erläutert, dass er dem Kläger zutraue, die Tätigkeit eines Pförtners auszuüben, wenn sich diese darauf reduziere, “eine Schranke zu öffnen oder zu schließen’. Er sehe aber Schwierigkeiten, sobald die Anforderungen stiegen, also gewisse Vermittlungstätigkeiten etc. hinzu kämen. Diesen Ausführungen des Sachverständigen folgt der Senat, der sich von der Persönlichkeit des Klägers im Sitzungstermin ein Bild selbst zu verschaffen vermochte. Des Weiteren geht der Senat davon aus, dass Pförtnerstellen, deren Anforderungsprofil sich darauf beschränkt, Schranken bzw. Türen zu öffnen oder zu schließen, auf dem freien Arbeitsmarkt so gut wie nicht vorhanden sind.
(2) Der Verweisungsberuf eines Pförtners ohne Nachtschicht entspricht auch nicht der bisherigen Lebensstellung des Klägers. Die Tätigkeit, auf die der Versicherte verwiesen werden soll, da...