VVG § 100; AHB § 1 § 4

Leitsatz

1. Wird in einem Haftpflichtversicherungsvertrag vereinbart, dass der Versicherer Versicherungsschutz für den Fall gewährt, dass eine versicherte Person von einem Dritten geschädigt wird und die daraus entstandene Schadensersatzforderung gegen den Dritten nicht durchgesetzt werden kann, sowie der Umfang des Versicherungsschutzes sich im Übrigen nach dem Deckungsumfang der Privathaftpflichtversicherung richtet, so kommt ein Versicherungsschutz in Betracht, wenn der Versicherungsnehmer einem Dritten ein Darlehen gewährt hat, dieses nicht zurückgezahlt wird, und der Versicherungsnehmer nachweist, dass der Darlehensnehmer von vornherein nicht zur Rückzahlung in der Lage und/oder willens war (Eingehungsbetrug gem. § 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB, § 826 BGB).

2. Zur Bindungswirkung und Voraussetzungsidentität bei einem Versäumnisurteil für den späteren Deckungsprozess in einem solchen Fall.

OLG Celle, Urt. v. 30.4.2009 – 8 U 11/08

Sachverhalt

Zwischen den Parteien besteht ein Vertrag über eine Haftpflichtversicherung. Dem Vertrag liegen die AHB sowie die Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen zu Grunde. In Ziff. 6.1 BBR heißt es:

"Der Versicherer gewährt dem Versicherungsnehmer und … Versicherungsschutz für den Fall, dass eine versicherte Person während der Wirksamkeit der Versicherung von einem Dritten geschädigt wird und die daraus entstandene Schadensersatzforderung gegen den Schädiger nicht durchgesetzt werden kann … Darüber hinaus besteht Versicherungsschutz für Schadensersatzansprüche, denen ein vorsätzliches Handeln des Schädigers zu Grunde liegt. … "

Der Kläger begehrt Deckung von der Beklagten für ein nach seiner Behauptung von ihm einem H H am 8.12.2004 gewährten Darlehen über 85.000 EUR, für das H H ein Pfandrecht an einem Hausboot bestellte.

H H legte am 18.12.2004 die Eidesstattliche Versicherung ab. Ein vom Kläger erwirktes Urteil auf Rückzahlung konnte nicht vollstreckt werden. H H ist unbekannten Aufenthalts.

Aus den Gründen

Aus den Gründen: „ … Dem Kläger könnte gegen die Beklagte gem. § 1 Abs. 1 S. 1, § 149 VVG a.F. … i.V.m. Ziff. 6.1 BBR-Klassik ein Anspruch auf Zahlung von 89.957,58 EUR zuzüglich Zinsen zustehen. Bei der vom Kläger behaupteten Darlehenshingabe handelt es sich zunächst um einen deckungspflichtigen Versicherungsfall (zu 1). Ferner müsste der Kläger nachweisen, dass H von Anfang nicht die Absicht hatte, das Darlehen zurückzuzahlen, was in einer nachzuholenden Beweisaufnahme zu klären sein wird (zu 2).

1. In dem Versicherungsvertrag der Parteien vom 23.4.2004 sind neben den AHB zusätzlich BBR Klassik vereinbart worden. Diese sehen in Ziff. 6.1 auch die Mitversicherung von Forderungsausfällen des Versicherungsnehmers vor. Hiernach gewährt der Versicherer dem Versicherungsnehmer Versicherungsschutz für den Fall, dass eine versicherte Person während der Wirksamkeit der Versicherung von einem Dritten geschädigt wird und die daraus entstandene Schadensersatzforderung nicht durchgesetzt werden kann. Inhalt und Umfang der versicherten Schadensersatzansprüche richten sich nach dem Deckungsumfang der Privathaftpflicht-Versicherung dieses Vertrages. Darüber hinaus besteht Versicherungsschutz für Schadensersatzansprüche, denen ein vorsätzliches Handeln des Schädigers zu Grunde liegt.

Die Regelung über die Mitversicherung von Forderungsausfällen in Gestalt der hier vereinbarten Forderungsausfallversicherung stellt eine Ergänzung zu der Regel des § 1 Ziff. 1 AHB dar, wonach die Haftpflichtversicherung sich nur auf Schäden bezieht, die der Versicherungsnehmer einem Dritten zugefügt hat. Hier wird nämlich zusätzlich ein Eigenschaden des Versicherungsnehmers mitversichert, der durch die Schädigung eines Dritten entstanden ist (vgl. zu dieser Versicherungsart etwa OLG Hamm VersR 2005, 1527). Die tatbestandlichen Voraussetzungen von Ziff. 6.1 sind jedenfalls nach dem Vortrag des Klägers ebenfalls gegeben. Der Kläger ist hiernach von einem H H dadurch geschädigt worden, dass dieser ein ihm am 8.12.2004 gewährtes Darlehen über 85.000 EUR – wie von Anfang an beabsichtigt – nicht bis zum vertraglich vereinbarten Zeitpunkt am 25.12.2004 und auch danach nicht zurückgezahlt hat, sondern verschwunden und unbekannten Aufenthalts ist. Zwar bestimmt Ziff. 6.1 weiter, dass sich Inhalt und Umfang der versicherten Schadensersatzansprüche nach dem Deckungsumfang dieses Vertrages richten. Nach § 1 Ziff. 1 AHB werden vom Deckungsumfang nur erfasst Schadensersatzansprüche auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts. Hieraus folgt, dass reine Erfüllungsansprüche sowie an die Stelle der Erfüllung tretende Erfüllungssurrogate nicht vom Deckungsschutz umfasst werden (vgl. Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 1 AHB Rn 4). Vorliegend hat der Kläger indessen Umstände dargelegt, aus denen sich ergeben könnte, dass gegen H H nicht nur der reine vertragliche Anspruch auf Darlehensrückzahlung nach § 488 Abs. 1 BGB besteht, sondern daneben auch ein deliktischer Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § ...

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