VVG § 69 a.F.
Leitsatz
§ 69 VVG a.F. steht einer Vereinbarung nicht entgegen, nach der der Käufer eines Grundstücks bereits vor der Eintragung im Grundbuch in den mit dem Verkäufer bestehenden Gebäudeversicherungsvertrag – zunächst neben diesem – eintritt und dadurch einen vom Verhalten des Verkäufers unabhängigen eigenen Anspruch auf Versicherungsschutz erwirbt.
BGH, Urt. v. 17.6.2009 – IV ZR 43/07
Sachverhalt
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Versicherungsschutz wegen eines Brandschadens vom 8./9.12.2004 an einem von ihm gekauften Gebäudegrundstück in Anspruch. Die Gefahr ist auf ihn mit Abschluss des Kaufvertrages am 7.6.2004 übergegangen. Der Antrag auf Eigentumsumschreibung ging erst am 10.12.2004 beim Grundbuchamt ein. Für das Gebäude bestand seit August 1994 ein Versicherungsvertrag zwischen der Beklagten und dem Verkäufer. Diesem teilte die Beklagte durch Schreiben vom 17.8.2004 mit, sie könne seinem "Kündigungswunsch" nicht entsprechen, weil nach § 69 VVG (a.F.) an Stelle des Veräußerers der Erwerber in den Versicherungsvertrag eintrete und dieser nun ihr Vertragspartner sei. Dementsprechend unterrichtete sie den Kläger mit Schreiben vom selben Tage, wies ihn auf sein Kündigungsrecht hin und erklärte, falls ihr innerhalb eines Monats eine Kündigung nicht zugegangen sei, werde sie den Vertrag formell auf seinen Namen umschreiben und ihm den entsprechenden Versicherungsschein zusenden. Am 15.12.2004 stellte sie den Versicherungsschein mit Versicherungsbeginn zum 17.9.2004 aus.
Die Beklagte beruft sich auf Leistungsfreiheit, weil sie den Verkäufer mit Schreiben vom 4.10.2004 gem. § 39 VVG a.F. zur Zahlung der rückständigen Folgeprämie aufgefordert habe. Diese ist erst nach dem Brand durch den Kläger gezahlt worden. Außerdem sei sie wegen Gefahrerhöhung und Versäumung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. von der Verpflichtung zur Leistung frei. Im Berufungsverfahren hat sie noch Leistungsfreiheit wegen vorsätzlicher Eigenbrandstiftung nach § 61 VVG a.F. geltend gemacht.
Das LG hat der Klage stattgegeben, das BG hat sie abgewiesen.
Aus den Gründen
Aus den Gründen: [7] „… I. Das BG nimmt an, die Beklagte sei nach § 39 Abs. 2 VVG a.F. i.V.m. §§ 39 Abs. 1, 91 VVG a.F. von der Verpflichtung zur Leistung frei geworden, weil der mit Schreiben vom 4.10.2004 qualifiziert gemahnte Verkäufer als Versicherungsnehmer und Prämienschuldner die Folgeprämie nicht innerhalb der Monatsfrist gezahlt habe. Der Kläger sei gem. § 69 Abs. 1 VVG a.F. erst mit Eintragung im Grundbuch am 10.12.2004 Versicherungsnehmer geworden. Soweit für die Zeit nach Gefahrübergang eine Mitversicherung im Wege der Fremdversicherung anzunehmen sei, müsse sich der Kläger die dem Verkäufer gegenüber eingetretene Leistungsfreiheit zurechnen lassen. Eine wirksame Rückwärtsversicherung ergebe sich aus dem Versicherungsschein vom 15.12.2004 trotz des darin genannten Versicherungsbeginns am 17.9.2004 nicht. Die Möglichkeit, eine Rückwirkung zu vereinbaren, betreffe im Regelfall nur Neuverträge, nicht aber einen Vertrag, der vom Erwerber eines Grundstücks zu gleichen Bedingungen fortgesetzt werde. Für eine zusätzliche Einbeziehung des Klägers in den Vertrag vor seinem Vertragseintritt nach § 69 VVG a.F. habe weder eine Veranlassung noch sonst ein sachlicher Grund bestanden. …
[9] II. Die für die Klageabweisung gegebene Begründung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Ansicht des BG, die Beklagte könne sich dem Kläger gegenüber auf Leistungsfreiheit nach § 39 Abs. 2 VVG a.F. berufen, weil der Verkäufer und ursprüngliche Versicherungsnehmer mit der Prämienzahlung in Verzug gewesen sei, ist aus mehreren Gründen nicht zu folgen. Das BG hat bei der von ihm angenommenen Leistungsfreiheit nach § 39 Abs. 2 VVG a.F. nicht hinreichend beachtet, dass dem Kläger unabhängig von der gesetzlichen Regelung in § 69 Abs. 1 VVG a.F. ein eigener Anspruch auf Versicherungsschutz zugestanden hat und zudem der Verkäufer und ursprüngliche Versicherungsnehmer nicht wirksam nach § 39 Abs. 1 VVG a.F. zur Zahlung der Folgeprämie aufgefordert worden ist.
[10] 1. Dem Kläger stand seit dem 17.9.2004 und damit im Zeitpunkt des Versicherungsfalles am 8./9.12.2004 vereinbarungsgemäß ein vom Versicherungsvertrag mit dem Verkäufer und ursprünglichen Versicherungsnehmer unabhängiger eigener Anspruch auf Versicherungsschutz zu. Dies folgt aus dem Schreiben der Beklagten an den Kläger vom 17.8.2004 und der danach durch den Kläger nicht ausgesprochenen Kündigung des mit dem Verkäufer bestehenden Versicherungsvertrages, jedenfalls aber aus der Übersendung des Versicherungsscheins vom 15.12.2004 mit Schreiben der Beklagten vom selben Tage, in dem dem Kläger Versicherungsschutz seit dem 17.9.2004 bestätigt wird.
[11] a) In der Rspr. und Literatur ist anerkannt, dass dem Käufer eines Grundstücks in der Zeit zwischen Gefahrübergang (§ 446 BGB) und dem Eigentumserwerb durch Eintragung im Grundbuch ein versicherbares – nach Zahlung des Kaufpreises sogar das alleinige – Sacherhaltungsinteresse zukommt und der mit dem Verkäufer bestehen...