Anders als bei einem klassischen Unfall, bei dem z.B. eine Beinfraktur zur Funktionsbeeinträchtigung des Beins führt, stellt sich die Situation bei Infektionen schwieriger dar. Sie sind nicht direkt sichtbar und erkennbar. Ein lückenloser Beweis dafür, dass eine körperliche Einschränkung z.B. auf einen Zeckenstich zurückzuführen ist, kann der hierfür beweisbelastete Versicherte eigentlich gar nicht erbringen. Es ist daher zu klären, welche Anforderungen gestellt werden können, damit der ausdrücklich zugesicherte Versicherungsschutz nicht ins Leere läuft.
I. Infektionen und Gesundheitsschädigung
Ausgangspunkt ist die medizinische Feststellung von Infektion und Gesundheitsschädigung. Den Nachweis hat der Versicherungsnehmer zu erbringen. Eine Verdachtsdiagnose reicht für einen Beweis nicht aus. Die medizinische Feststellung hat nach den Regeln der ärztlichen Kunst, also auf Basis von anerkannt medizinisch-wissenschaftlichen Methoden zu erfolgen, denn nur so kann ein objektiver Nachweis erbracht werden. Nicht wissenschaftlich anerkannten Verfahren fehlt eine Eignung zum Beweis. Sind also die vom Versicherten beigebrachten medizinischen Unterlagen nicht geeignet den Nachweis der behaupteten Infektionskrankheit zu erbringen, hat er den Anspruch nicht begründet. Man wird dem Versicherer aber eine Hinweispflicht darüber auferlegen müssen, wie und mit welchen Unterlagen der Versicherte einen Nachweis beibringen könnte. Das folgt zum einen aus dem überlegenen Wissen des Versicherers, der weiß, welche Unterlagen im Schadensfall zur Darlegung des Anspruchs erforderlich sind. Das Wissen, ob im konkreten Fall ein Bluttest, ein Abstrich, ein radiologischer Befund, eine Darmspiegelung mit Biopsie, eine Liquor-Untersuchung oder andere Methode geeignet ist, kann von einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht erwartet werden. Die Hinweispflicht folgt zum anderen aus § 186 VVG, wonach der Versicherer auf die Anspruchsvoraussetzungen hinweisen muss, als deren Teil die Objektivität der medizinischen Feststellungen zu sehen ist.
Ein Hinweis ist oft entbehrlich, wird aber dann erforderlich, wenn der Nachweis kompliziert ist und selbst Fachärzte ihn nur mit erhöhtem Aufwand erbringen können; insbesondere dann, wenn es nicht einen eindeutigen Test für eine Erkrankung gibt, und für den Nachweis von Infektion, Gesundheitsschaden und Kausalität neben der geeigneten labortechnischen Untersuchung auch die Anamnese des Krankheitsverlaufs zu berücksichtigen ist, wie z.B. bei der Borreliose.
II. Vereinbarungen zum Infektionsweg
Wie und wann infektiöse Massen in einen Körper geraten, ist meist nicht offensichtlich und nur schwierig beweisbar. Die Versicherer versuchen dieses Problem teilweise so zu lösen, dass Infektionen durch eine Durchtrennung der äußeren Hautschicht, Insektenstiche/-bisse ausdrücklich mit eingeschlossen werden. Damit wird der Versicherungsschutz auf Ereignisse ausgedehnt, die für den Betroffenen in der Regel unbemerkt ablaufen oder als Bagatelle übergangen werden. Die Anforderungen an das schädigende Ereignis sind für den Wiedereinschluss stark verringert, denn es reicht letztlich eine auf Wahrscheinlichkeiten basierende Indizienkette für den Nachweis der Hautverletzung aus (Klausel 3).
Kommt es für die Übertragung einer Infektion zu keiner Wunde, z.B. bei Inhalationsinfektionen oder solchen durch Nahrungsaufnahme, so ist der Wiedereinschluss nicht gegeben. So bleiben z.B. Windpocken oder Magen-Darm-Infektionen regelmäßig vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
Für ein plötzliches Eindringen infektiöser Massen in Auge, Mund oder Nase reicht eine Tröpfcheninfektion allerdings aus, auch einfaches Anhauchen, Anniesen oder Anhusten, nicht dagegen ein bloßes Einatmen von Krankheitserregern. Die Bedingungen für Heilberufe (Klausel 4) enthalten die Einschränkung, dass Anhauchen, Anniesen oder Anhusten nicht als Einspritzen gelten. Die Gründe hierfür wurden wohl von den Verwendern der Klausel 3 übersehen.
III. Berufliche Tätigkeit
Eine privat zugezogene Infektion wird sich selten völlig ausschließen lassen. Deshalb sind für den Nachweis, dass die Infektion in Ausübung der beruflichen Tätigkeit erfolgte, Hilfstatsachen wichtig, so ein Eintrag im Bagatellverletzungsbuch eines Krankenhauses oder die von einem Labormitarbeiter festgestellten Krankheitserreger in Blutproben. Auch ein früherer negativer Test auf den Krankheitserreger kann herangezogen werden.
IV. Fiktion des Infektionszeitpunkts
Die Vereinbarung des Tages der erstmaligen ärztlichen Feststellung einer Infektion als Unfalltag fingiert den Unfall insgesamt. Es kommt nicht me...