BGB § 249 § 254 Abs. 2
Der Schädiger darf den Geschädigten im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht i.S.d. § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere und vom Qualitätsstandard gleichwertige Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, wenn der Geschädigte keine Umstände aufzeigt, die ihm eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen (Bestätigung des Senatsurteils vom 20.10.2009 – VI ZR 53/09 – zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
BGH, Urt. v. 23.2.2010 – VI ZR 91/09
Der Kläger macht einen Anspruch auf restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 12.11.2007 geltend, bei dem sein Pkw … mit Erstzulassung vom 16.4.1999 und einer Laufleistung von 139.442 km, im Heckbereich beschädigt wurde. Betroffen waren der Stoßfänger, die Heckklappe, das Heckabschlussblech, die Seitenwand unten und die Abgasanlage. Die volle Haftung des beklagten Haftpflichtversicherers des Unfallgegners ist unstreitig.
Der Kläger rechnete den Fahrzeugschaden gegenüber der Beklagten fiktiv unter Bezugnahme auf ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten auf der Grundlage der Stundenverrechnungssätze einer BMW-Vertragswerkstatt in seiner Region mit Netto-Reparaturkosten in Höhe von insgesamt 4.160,41 EUR ab. In dem Gutachten sind der Wiederbeschaffungswert mit 7.800 EUR und der Restwert des Fahrzeuges mit 2.800 EUR angegeben.
Die Beklagte zahlte an den Kläger vorgerichtlich auf den Fahrzeugschaden 3.404,68 EUR mit der Begründung, ihm seien gleichwertige, günstigere Reparaturmöglichkeiten ohne weiteres zugänglich. Sie berief sich dabei auf einen ihrem Regulierungsschreiben beiliegenden Prüfbericht, in welchem drei Reparaturwerkstätten mit Anschrift und Telefonnummer unter Benennung der jeweiligen Reparaturkosten angegeben waren und ausgeführt wurde, dass in diesen Reparaturwerkstätten eine fachgerechte und qualitativ hochwertige Reparatur gewährleistet sei. Die höchsten Reparaturkosten beliefen sich bei der Firma J in B auf insgesamt 3.404,68 EUR (netto), wobei deren Berechnung im Einzelnen aufgeschlüsselt wurde. Die drei von der Beklagten im Prüfbericht angeführten Werkstätten sind Mitglied des Zentralverbandes Karosserie- und Fahrzeugtechnik und zertifizierte Meisterbetriebe für Karosseriebau- und Lackierarbeiten, deren Qualitätsstandard regelmäßig vom TÜV oder von der DEKRA kontrolliert wird. Es werden ausschließlich Original-Ersatzteile verwendet und die Kunden erhalten mindestens drei Jahre Garantie.
Nachdem der Kläger den Differenzbetrag von 755,73 EUR eingeklagt hat, hat die Beklagte im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens eine Forderung in Höhe von 217 EUR anerkannt. Dies beruhte darauf, dass sie nach einem Hinweis des AG von der Firma J einen Kostenvoranschlag erstellen ließ, der eine höhere Stundenzahl für die Lackierarbeiten zu Grunde legte, sodass sich nunmehr Reparaturkosten in Höhe von 3.621,68 EUR ergaben. Das AG hat die Klage auf Zahlung des verbleibenden Differenzbetrages abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die (zugelassene) Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Aus den Gründen:
[5] I. “Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann der Kläger im Rahmen seiner fiktiven Schadensabrechnung nur die Kosten beanspruchen, die bei einer Reparatur des Fahrzeuges durch die Firma J entstanden wären. Zwar könne nach dem sog. Porsche-Urteil des BGH (BGHZ 155, 1 = zfs 2003, 405) der Geschädigte seiner Schadensabrechnung grundsätzlich die in einer markengebundenen Vertragswerkstatt anfallenden Reparaturkosten zu Grunde legen, er müsse sich jedoch auf eine mühelos und ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit verweisen lassen. Ein wirtschaftlich denkender Geschädigter in der Lage des Klägers hätte eine Reparatur in der Firma J in diesem Sinne als zweckmäßig und angemessen angesehen. Die Beklagte habe den Kläger nicht lediglich abstrakt auf günstigere Reparaturbetriebe verwiesen, sondern ihm drei Reparaturbetriebe genannt, welche die Arbeiten am Fahrzeug ohne Qualitätseinbuße durchführen könnten. Erst wenn der Geschädigte konkret aufzeige, wegen welcher Nachteile oder Risiken er sich für berechtigt halte, seiner Abrechnung eine kostenintensivere als die ihm aufgezeigte Reparaturmöglichkeit zu Grunde zu legen, sei diese andere Reparaturmöglichkeit unter Umständen nicht als gleichwertig anzusehen. Entscheidend sei zunächst die fachliche Wertigkeit der Reparatur. Andere Gesichtspunkte spielten bei dem Kauf eines älteren Fahrzeugs mit hoher Laufleistung nur noch eine untergeordnete Rolle.
[6] II. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
[7] 1. Das Berufungsurteil steht im Einklang mit dem Senatsurteil BGHZ 155, 1 ff. = zfs 2003, 405 und dem – nach dem Berufungsurteil ergangenen – Senatsurt. v. 20.10.2009 – VI ZR 53/09 = zfs 2010, 143 (sog. VW-Urtei...