BGB § 823
Will ein Patient abweichend von den Grundsätzen des totalen Krankenhausaufnahmevertrags seine Einwilligung in einen ärztlichen Eingriff auf einen bestimmten Arzt beschränken, muss er seinen entsprechenden Willen eindeutig zum Ausdruck bringen.
BGH, Urt. v. 11.5.2010 – VI ZR 252/08
Nach einer Operation am Kniegelenk im M-Hospital in A wurde die gesetzlich krankenversicherte Klägerin von Januar bis Juli 2001 drei Mal durch den leitenden Oberarzt Dr. F im Klinikum der Beklagten behandelt. Dieser führte im Januar 2001 eine Tibiakopfosteotomie mit Fibulakopfosteotomie linksseitig durch, entfernte im Mai 2001 die gelockerte Osteosyntheseklammer und nahm im Juli 2001 eine Reosteotomie und Plattenosteosynthese vor. Nach einem Vorgespräch zwischen der Klägerin und Dr. F wurde die Klägerin am 18.10.2001 durch Dr. S aufgeklärt, wobei sie einen Aufklärungsbogen unterzeichnete. Am 19.10. entfernte der in der Facharztausbildung befindliche Arzt Dr. M unter Aufsicht des Oberarztes Dr. H das Osteosynthesematerial. Intraoperativ kam es zu einer Blutung und Übernahme der Operation durch Dr. H. Am 20.10.2001 wurde eine Läsion des Nervus peronaeus festgestellt. Trotz weiterer Operationen kann die Klägerin seit der Verletzung des Nervs nicht mehr normal stehen und gehen.
Die Klägerin nahm die Beklagte auf Schmerzensgeld und Ersatz ihres Verdienstausfalls bis Ende Oktober 2004 in Anspruch. Das LG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das OLG die Beklagte verurteilt, an die Klägerin einen Schmerzensgeldbetrag von 30.000 EUR sowie weitere 26.994 EUR zu zahlen.
Die Revision der Beklagte führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Aus den Gründen:
[3] “I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts (VersR 2009, 785) war der Eingriff vom 19.10.2001 nicht von der Einwilligung der Klägerin gedeckt, weil die Einwilligung auf einen Eingriff durch Dr. F beschränkt gewesen sei. Infolge eines Organisationsverschuldens der Beklagten sei es zu der rechtswidrigen Operation durch die Ärzte Dr. M und Dr. H gekommen. Nach dem Sachvortrag der Beklagten und der inhaltsgleichen Aussage des Zeugen Dr. F habe dieser auf die Bitte der Klägerin in dem Vorgespräch erklärt, er werde die Operation, sofern möglich, selbst durchführen. Dass die unbedingte Zusage einer Operation durch den Arzt Dr. F nicht vorgelegen habe, bedeute nicht notwendig, dass eine Beschränkung der Einwilligung der Klägerin nicht in Betracht komme. Da die Frage, wer operiere, während des Aufklärungsgesprächs nicht angesprochen oder erörtert worden sei, seien keine neuen Abreden getroffen worden. Daher habe die Klägerin nicht in die von anderen Ärzten durchgeführte Operation eingewilligt, weil eine Operation durch andere Ärzte nicht aus sachlichen Gründen geboten gewesen sei. Wer eine – verbindliche oder aber auch unverbindliche – Absprache über die Person des Operateurs treffe, sei in aller Regel nicht mit einer ihm nicht offenbarten Durchführung der Operation durch einen anderen Arzt einverstanden.
[4] II. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war die Einwilligungserklärung der Klägerin in die Operation nicht auf einen Eingriff durch Dr. F beschränkt. Die abweichende Auffassung des Berufungsgerichts wird den Grundsätzen, die für den sog. totalen Krankenhausaufnahmevertrag gelten, nicht gerecht.
[5] 1. a) Die Klägerin hat mit der Beklagten einen einheitlichen, sog. totalen Krankenhausaufnahmevertrag geschlossen. Bei dieser Regelform der stationären Krankenhausbetreuung hat der Patient grundsätzlich keinen Anspruch darauf, von einem bestimmten Arzt behandelt und operiert zu werden. Zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Behandlungsvertrag kann sich der Krankenhausträger vielmehr grundsätzlich seines gesamten angestellten Personals bedienen (vgl. OLG Celle VersR 1982, 46 f.; OLG Düsseldorf VersR 1985, 1049, 1051; OLG Stuttgart MedR 1986, 201, 202; OLG München vom 9.3.2006 – 1 U 4297/05 – juris Rn 13; OLG Oldenburg MedR 2008, 295). Dem Krankenhausträger als alleinigem Vertragspartner ist es insbesondere überlassen, den Operationsplan so aufzustellen, dass alle Krankenhausärzte nach Möglichkeit gleichmäßig herangezogen und entsprechend ihrem jeweiligen Können eingesetzt werden, sodass einerseits die höher qualifizierten und erfahrenen Ärzte für die schwierigeren Eingriffe zur Verfügung stehen und andererseits den noch nicht so erfahrenen Assistenzärzten – unter Überwachung durch einen erfahrenen Kollegen – die Möglichkeit gegeben werden kann, sich anhand von weniger schwierigen Eingriffen weiter zu bilden. Anders wäre die Aufstellung eines den verschiedenen Schwierigkeitsgraden der Eingriffe gerecht werdenden Operationsplans wie auch eine vernünftige Aus- und Weiterbildung der Ärzte in Krankenhäusern nicht möglich (vgl. OLG Celle VersR 1982, 46).
[6] b) Auch beim totalen Krankenhausaufnahmevertrag bleibt es dem Patienten allerdings unbenommen zu erklären, er wolle sich nur von einem bes...