VVG § 28 Abs. 4
Dem Formerfordernis einer "gesonderten Mitteilung in Textform" in § 28 Abs. 4 VVG ist genügt, wenn sich der Hinweis auf die Leistungsfreiheit hervorgehoben durch Fettdruck und versehen mit einem besonderen optischen Hinweis durch einen schwarzen Keil unter der Überschrift "Belehrung über die Aufklärungspflicht des Versicherungsnehmers" auf der letzten Seite des Schadenanzeigeformulars befindet und vom Unterschriftenfeld lediglich durch eine ebenfalls drucktechnisch hervorgehobene "Schlusserklärung" getrennt ist.
OLG Karlsruhe, Urt. v. 3.8.2010 – 12 U 86/10
Der Kläger verlangt auf der Grundlage seines Hausratversicherungsvertrages Entschädigung für die Entwendung eines Fahrrads.
Aus den Gründen:
“… Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Nach den Feststellungen des LG hat der Kläger seiner Schadensanzeige vom 22.5.2009 die Rechnung des Radhauses K mit Datum 3.2.2009 beigelegt und bei den Angaben zur Schadenshöhe und zum Schadensnachweis ausdrücklich aufgeführt: ‘Siehe Beschreibung mit Rechnung und Prospekt’. Er hat zum Nachweis des Schadens auf die Rechnung vom 3.2.2009 Bezug genommen, ohne klarzustellen, dass er die dort aufgeführten Teile überwiegend gar nicht beim Radhaus K erworben, sondern sie in Wirklichkeit in anderen Geschäften oder im Internet gekauft hat.
Der Begriff ‘Rechnung’ beinhaltet – wie das LG zutreffend gesehen hat – nach gewöhnlichem Verständnis die Aussage, dass die dort aufgeführten Gegenstände die Leistung des Rechnungsstellers darstellen und von ihm stammen. Handelt es sich um die Rechnung eines Fachgeschäfts, so wird mit ihr das Verständnis verbunden, dass der Rechnungssteller dem Rechnungsempfänger die genannten Gegenstände verkauft hat. Dies gilt umso mehr, wenn die Rechnung – wie hier – zusätzlich die Mehrwertsteuer gesondert ausweist und auch noch einen Nachlass von 1 % der Rechnungssumme. Zutreffend hat das LG auch festgestellt, dass damit der Beklagten bei ihrer Leistungsprüfung suggeriert werden konnte, dass alle in der Rechnung aufgeführten Teile beim Radhaus K neu erworben worden waren, und dass diese unzutreffende Schilderung des Erwerbsvorgangs die Beklagte von weiteren Nachforschungen abhalten konnte, die ansonsten zur gebotenen weiteren Aufklärung angestanden hätten.
Zutreffend hat das LG angenommen, dass der Kläger mit der Vorlage der Rechnung auch arglistig handelte. Arglist verlangt bewusstes Einwirken auf die Entscheidungen des Versicherers durch unrichtige oder unvollständige Angaben. Bereicherungs- oder Schädigungsabsicht ist nicht Voraussetzung der Arglist. Ausreichend ist das Bestreben, Beweisschwierigkeiten zu vermeiden oder die Regulierung zu beschleunigen oder allgemein auf die Entscheidung des Versicherers Einfluss nehmen zu wollen (vgl. OLG Köln NJW-RR 88, 1114, OLG Düsseldorf VersR 1996, 706, OLG Saarbrücken VersR 1997, 826, OLG Frankfurt NVersZ 99, 392, 01, 37). Der Versicherer muss Täuschung und Arglist beweisen. Steht – wie hier – die Unrichtigkeit der Angaben des Versicherungsnehmers fest, muss dieser seinen Fehler plausibel erklären (Prölss/Martin/Knappmann, VVG, 28. Aufl., VHB 2000 § 31 Rn 1). Das ist dem Kläger nicht gelungen.
Der Kläger war nach eigenem Vortrag nach dem behaupteten Diebstahl im Besitz der richtigen Rechnung des Radhauses K über 1.950 EUR und der Rechnungsnachweise für die anderweitig erworbenen Teile in einem Gesamtwert von 3.790,45 EUR. Es ist schon nicht nachvollziehbar, weshalb er der Schadensmeldung nicht diese angeblich vorhandenen – auf Aufforderung des Senats allerdings nur zu geringen Teil vorgelegten – Unterlagen beifügte, sondern beim Radhaus K einen Gesamtwertnachweis anfertigen ließ, der nach seinem Vortrag nur aus einer Addition der bereits belegbaren Werte bestand. Dass der Kläger in der Schadensanzeige zwei Mal ohne erläuternden Zusatz auf die anliegende Rechnung verweist, obwohl diese den Erwerbsvorgang in keiner Weise richtig dokumentiert und insbesondere einen Kauf aus einer Hand vorspiegelt, kann nur dahingehend verstanden werden, dass er vermeiden wollte, sich den Wertnachweis durch Aufdeckung der wahren Sachlage zu erschweren, indem er den Anlass zu lästigen Rückfragen der Beklagten nach Herkunft und Zustand der zugekauften Teile und zu möglichen Zweifeln an der Werthaltigkeit des montierten Fahrrades in seine Schadensmeldung erst gar nicht einfließen ließ.
Das LG hat die Leistungsfreiheit der Beklagten auf § 24 Nr. 2 AHR 2004 gestützt. Ob dieser Verwirkungsvorschrift mit Strafcharakter (BGH VersR 2001, 1020) überhaupt (noch) eine selbständige Bedeutung zukommt, ist allerdings zweifelhaft (vgl. Bruck/Möller/Johannsen, VVG, 8.Aufl., Bd. III, Anm. G 136; s.a. Langheid/Wandt, MüKo zum VVG, Vor § 28 Rn 27). Sie bezieht sich auf die Verletzung der Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit, die den Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalls trifft. Daher liegt es nahe, dass die Leistungsfreiheit nicht über die gesetzlichen Grenzen ausgedehnt werden kann, die sich aus § 28 VVG ergeben (vgl. Prölss/...