ARB 2000 § 5 Abs. 3 lit. b
Leitsatz
Der Ausschlusstatbestand des § 5 Abs. 3 lit. b ARB 2000 setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer – ausdrücklich oder konkludent – Kostenzugeständnisse in der Weise gemacht hat, dass die Kostenlast zu seinem Nachteil von der angesichts der Obsiegensquote objektiv gebotenen Kostenverteilung abweicht. Das ist vom Versicherer darzulegen und zu beweisen.
BGH, Urt. v. 25.5.2011 – IV ZR 59/09
Sachverhalt
Der Kl. nimmt als Mitversicherter in der Rechtsschutzversicherung seiner Ehefrau die Bekl. als Schadenabwicklungsunternehmen des VR auf Freistellung von Anwaltskosten in Anspruch. Dem Vertrag liegt u.a. folgende Klausel zu Grunde:
Ҥ 5 Leistungsumfang
(3) Der VR trägt nicht
b) Kosten, die im Zusammenhang mit einer einverständlichen Erledigung entstanden sind, soweit sie nicht dem Verhältnis des vom VN angestrebten Ergebnisses zum erzielten Ergebnis entsprechen, es sei denn, dass eine hiervon abweichende Kostenverteilung gesetzlich vorgeschrieben ist;
… “
Der VR erteilte dem Kl. unter dem 23.8.2007 eine Deckungszusage für die außergerichtliche Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen aus einem Autokauf. Der Kl., der die Rückabwicklung des Kaufs mit einem Preis von 15.830 EUR anstrebte, einigte sich schließlich mit dem Verkäufer darauf, dass dieser den verkauften Pkw gegen Anrechnung von 12.000 EUR zurücknimmt, wenn der Kl. stattdessen einen beliebigen Jahreswagen kauft. Eine ausdrückliche Kostenregelung wurde nicht getroffen. Die Anwälte des Kl. erstellten daraufhin eine Kostennote über 1.776,43 EUR. Der VR zahlte hiervon unter Berufung auf § 5 Abs. 3 lit. b ARB lediglich 429,90 EUR (= 24,2 % der Kosten), da der Kl. i.H.v. 75,8 % obsiegt habe (12.000 EUR/15.830 EUR).
Mit der Klage begehrt der Kl. Freistellung von den Kosten i.H.d. verbleibenden Differenzbetrages. Das AG hat der Klage stattgegeben; das LG hat sie abgewiesen.
Mit der Revision erstrebt der Kl. die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urt.
2 Aus den Gründen:
[5] “… Die Revision des Kl. hat Erfolg.
[6] I. Das BG hat ausgeführt, dass die Bekl. aufgrund der Risikobegrenzung in § 5 Abs. 3 lit. b ARB nur verpflichtet sei, den Kl. von dem Teil der Rechtsverfolgungskosten freizustellen, der der Quote entspreche, mit der er bei der außergerichtlichen Einigung dem Verkäufer gegenüber unterlegen sei; diese Quote betrage – rechnerisch unstreitig – 24,2 %. Die Risikobegrenzung sei wirksam; die Klausel mache dem VN hinreichend deutlich, dass er im Falle einer einverständlichen Beilegung des Rechtsschutzfalles einer Belastung mit den bereits angefallenen Rechtsverfolgungskosten nur dann in vollem Umfang entgehe, wenn die Kosten im Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen zwischen ihm und dem Gegner aufgeteilt würden. Dass bei der Einigung zwischen dem Kl. und dem Verkäufer keine ausdrückliche Vereinbarung über die bereits angefallenen Kosten getroffen worden sei, stehe der Anwendung der Klausel nicht entgegen.
[7] II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
[8] 1. Der Senat ist an einer Sachentscheidung nicht bereits wegen Fehlens der nach § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO erforderlichen Mindestangaben im Berufungsurteil gehindert.
[9] a) Zwar reicht nach dieser Bestimmung zur Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urt. aus. Diese kann sich jedoch nicht auf die erst in zweiter Instanz gestellten Berufungsanträge erstrecken, deren mindestens sinngemäße Wiedergabe deshalb erforderlich ist (BGH, Urt. v. 26.2.2003 – VIII ZR 262/02, BGHZ 154, 99, 101; Zöller/Heßler, ZPO 28. Aufl. § 540 Rn 8 m.w.N.). Ohne diese Wiedergabe leidet das Berufungsurteil regelmäßig an einem von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel, der zur Aufhebung und Zurückverweisung führen muss (BGH a.a.O.).
[10] b) Diese ist im vorliegenden Fall ausnahmsweise entbehrlich, obwohl eine auch nur sinngemäße Wiedergabe der Berufungsanträge in Abschnitt I der Gründe des Berufungsurteils fehlt. Jedoch lässt sich dem Einleitungssatz in Abschnitt II der Gründe noch mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass die Bekl. mit ihrer Berufung die Abänderung des angefochtenen Urt. (nicht Aufhebung, vgl. § 528 S. 2 ZPO) und Klageabweisung erstrebt hat.
[11] 2. Der VR, der sich auf den Ausschlusstatbestand des § 5 Abs. 3 lit. b ARB 2000 beruft, hat die tatsächlichen Voraussetzungen für ein Eingreifen dieser Klausel darzulegen und ggf. zu beweisen. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
[12] a) Wie der Senat bereits mit Urt. v. 25.1.2006 (IV ZR 207/04, VersR 2006, 404) zur inhaltlich entsprechenden Vorgängerklausel des § 2 Abs. 3 lit. a ARB 75 ausgeführt hat, werden auch außergerichtliche Vergleiche vom Anwendungsbereich der Klausel erfasst (a.a.O. unter III 2 a), und zwar auch dann, wenn der Vergleich keine ausdrückliche Regelung über die außergerichtlichen Kosten der Parteien enthält, eine Kostenregelung aber konkludent getroffen worden ist (a.a.O. unter III 2 b). Dies ergibt sich aus dem Zweck der Klausel, der darin besteht zu verhindern, d...