“1. Die Frage, ob dem Geschädigten eines Verkehrsunfalls, dessen Pkw nach einem erholten Gutachten mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand zu reparieren ist und der sich dennoch statt zur Reparatur unter Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitspostulat gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zum Kauf eines Neuwagens entscheidet, neben dem Anspruch auf Ersatz der Netto-Reparaturkosten auch ein Anspruch auf Zahlung von Umsatzsteuer (in der Höhe, in der diese im Falle der Reparatur des Fahrzeugs angefallen wäre) zusteht, ist umstritten und höchstrichterlich noch nicht entschieden.
a) Der BGH (BGH NJW 2009, 3713 f.) war mit einem Fall befasst, in dem es zwar ebenfalls um einen Geschädigten ging, an dessen Fährzeug ein eindeutiger Reparaturschaden weit entfernt vom Totalschaden entstanden war und der das Fahrzeug unrepariert veräußert und ein nicht gleichwertiges Ersatzfahrzeug erworben hat. Im Unterschied zum hierzu entscheidenden Fall wurde das Ersatzfahrzeug jedoch von Privat erworben, sodass keine Umsatzsteuer anfiel. Insoweit hat der BGH entschieden, dass, wenn ein Geschädigter den Weg der Ersatzbeschaffung wähle, obwohl nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot nur ein Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten bestehe, ihm jedenfalls dann kein Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer zustehe, wenn bei der Ersatzbeschaffung keine Umsatzsteuer angefallen ist. Zur Begründung hat der BGH ausgeführt, dass dem Geschädigten im Allgemeinen zwei Wege der Naturalrestitution zur Verfügung stünden, nämlich die Reparatur des Unfallfahrzeugs oder die Anschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs. Dabei habe der Geschädigte jedoch grds. diejenige Alternative zu wählen, die den geringsten Aufwand erfordert. Darüber hinaus finde das Wahlrecht des Geschädigten seine Schranke an dem Verbot, sich durch den Schadensfall zu bereichern. Denn auch wenn er vollen Ersatz verlangen könne, solle der Geschädigte an dem Schadensfall nicht verdienen. Zwar verbleibe dem Geschädigten die Möglichkeit, dem Wirtschaftlichkeitspostulat nicht zu folgen und eine höherwertige Ersatzsache zu erwerben. Auch in diesem Fall könne er nach dem Wirtschaftlichkeitspostulat aber nur auf Reparaturkostenbasis abrechnen, weil eine Reparatur den geringsten Aufwand zur Schadensbeseitigung erfordere. Rechne der Geschädigte auf der Basis eines vorgerichtlich eingeholten Gutachtens ab, handele es sich um eine fiktive Schadensabrechnung, weil eine Reparatur tatsächlich nicht durchgeführt worden sei. Nach § 249 Abs. 2 S. 2 BGB schließe der bei der Beschädigung einer Sache zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen sei. Mit dieser durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensrechtlicher Vorschriften v. 19.7.2002 eingeführten gesetzlichen Regelung habe der Gesetzgeber nichts an der Möglichkeit des Geschädigten ändern wollen, den für die Herstellung erforderlichen Geldbetrag stets und insoweit zu verlangen, als er zur Herstellung, des ursprünglichen Zustandes tatsachlich angefallen sei. In diesen Fällen komme es für den Ersatz der Umsatzsteuer nur darauf an, ob sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes angefallen sei, nicht aber welchen Weg der Geschädigte zur Wiederherstellung beschritten habe. Bei der fiktiven Schadensabrechnung nach einer Beschädigung von Sachen solle sich nach der Absicht des Gesetzgebers allerdings deren Umfang mindern, indem die fiktive Umsatzsteuer als zu ersetzender Schaden entfalle. Umsatzsteuer solle nur noch ersetzt werden, wenn und soweit sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes durch Reparatur oder Ersatzbeschaffung tatsächlich anfalle. Sie solle hingegen nicht mehr ersetzt werden können, wenn und soweit sie nur fiktiv bleibe. Werde eine gleichwertige Sache als Ersatz beschafft und falle dafür Umsatzsteuer an, so sei die Umsatzsteuer im angefallenen Umfang zu ersetzen. Falle für die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache, etwa beim Kauf von Privat, keine Umsatzsteuer an, sei sie auch nicht zu ersetzen. In diesem Fall sei sie auch im Rahmen einer fiktiven Schadensabrechnung auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens nicht ersatzfähig, weil § 249 Abs. 2 S. 2 BGB insoweit die Dispositionsfreiheit begrenze. Nach diesen Grundsätzen sei eine Erstattung der Umsatzsteuer schon deswegen nicht möglich, weil der Kl. weder eine umsatzsteuerpflichtige Reparatur habe durchführen lassen noch bei der Ersatzbeschaffung eines neuen Fahrzeugs von privat Umsatzsteuer angefallen sei.
b) Für den hier zu entscheidenden Fall der Anschaffung einer nicht gleichwertigen Ersatzsache, bei der Umsatzsteuer angefallen ist, wird in der Rspr. der Amts- (etwa AG Münster, Urt. v. 16.10.2006, Az: 6 C 3692/06) und LG (etwa LG Paderborn SP 2008, 442 f.) verschiedentlich die Auffassung vertreten, dass bei einer fiktiven Schadensberechnung auf Gutachtensbasis gem. § 249 Abs. 2 S. 2 BGB die Erstattung der Umsatzsteuer generell nicht in Bedacht komme. Dies gelte auch für die beim Kauf eines n...