Auch im Unfallprozess gilt die im ersten BGB-Entwurf von 1888 als § 193 BGB-E enthaltene, aber als selbstverständlich gestrichene Grundregel, dass jede Prozesspartei die für sie günstigen Umstände beweisen muss, der Kläger die rechtsbegründenden, der Beklagte die rechtshindernden Tatbestandsmerkmale.
Der Kläger ist somit für die haftungsbegründenden Tatsachen beweispflichtig, der Beklagte für ein eventuelles Mitverschulden des Klägers.
Als Beweismittel stehen zur Verfügung:
a) Beweis des Unfallhergangs
Soweit der Beweis für die Haftung dem Grunde nach zu führen ist, gilt der Strengbeweis gem. § 286 ZPO (haftungsbegründende Kausalität). Die Regeln des prima-facie-Beweises (Anscheinsbeweises) sind anwendbar.
Bei einem Auffahrunfall ist nach den Regeln des Anscheinsbeweises davon auszugehen, dass der Auffahrende entweder unaufmerksam war oder keinen ausreichenden Sicherheitsabstand eingehalten hat.
b) Beweis der Schadenshöhe
Für den Nachweis der Höhe des Schadens reicht der Freibeweis gem. § 287 ZPO (haftungsausfüllende Kausalität).
Gemäß § 287 Abs. 1 ZPO kann das Gericht über die Schadenshöhe "unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung" entscheiden. Der Kläger ist lediglich verpflichtet, für diese Schadensschätzung des Gerichts die notwendigen Anhaltspunkte zu liefern, an deren Darlegung nur gemäßigte Anforderungen zu stellen sind. Im Rahmen dieses Freibeweises besteht auch die Möglichkeit, hinsichtlich der behaupteten Kausalität zwischen Haftungsgrund und Schadensfolge den Kläger als Partei gem. § 287 Abs. 1 S. 3 ZPO zu vernehmen.
Von dieser Möglichkeit der Parteivernehmung wird in der Praxis zu wenig Gebrauch gemacht, obgleich diese – eigene – Parteivernehmung nicht gegenüber den anderen Beweismitteln subsidiär ist, insbesondere nicht eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Sachvortrages erfordert, wie dies ansonsten bei der Parteivernehmung gem. § 448 ZPO verlangt wird.
Oft versucht ein Unfallgeschädigter, Altschäden einem aktuellen Unfallgeschehen zuzuordnen und in die Schadenberechnung einzubeziehen. In derartigen Fällen muss die Klage insgesamt der Abweisung unterliegen, da es nicht Aufgabe des Gerichts ist, durch Beweisaufnahme zu klären, welche Schäden dem Unfallgeschehen zuzuordnen sind; dies gilt auch für kompatible Schäden, da es möglich ist, dass auch die kompatiblen Schäden durch Vorschäden verursacht worden sind.
Der Kläger muss seinen Schadenersatzanspruch voll beweisen, der Beklagte muss nicht den Nachweis führen, dass Vorschäden vorhanden waren.