Einführung
Unfallprozesse gehören zum Alltag jeder Allgemeinpraxis. Die meisten Gerichte sind mit Unfallprozessen befasst, größere Amtsgerichte haben Abteilungen eingerichtet, die ausschließlich für Unfallprozesse zuständig sind. Auch gibt es Sonderzuständigkeiten bei Landgerichten ("Blechkammern"). Erfolg und Misserfolg eines Unfallprozesses werden bisweilen durch handwerkliche Fehler bestimmt, da die Besonderheiten des Unfallprozesses oft nicht bekannt sind oder nicht beachtet werden.
I. Mahnbescheid
Wenn die außergerichtlichen Regulierungsverhandlungen gescheitert sind, empfiehlt es sich, unverzüglich Klage zu erheben. Vielfach wird der Erlass eines Mahnbescheides beantragt, obgleich dieser Weg der gerichtlichen Geltendmachung nur dann sinnvoll ist, wenn damit zu rechnen ist, dass der Schuldner gegen den Mahnbescheid keinen Widerspruch einlegen wird.
Da Versicherer erfahrungsgemäß immer Widerspruch einlegen, auch wenn sie regulierungsbereit sind, ist die Beantragung eines Mahnbescheides wenig sinnvoll, insbesondere dient dieses Verfahren keineswegs der Beschleunigung, sondern allenfalls der Verzögerung.
II. Der Haftpflichtprozess
Bei der Regulierung eines Haftpflichtschadens muss dem Haftpflichtversicherer eine angemessene Frist zur Prüfung von Grund und Umfang seiner Eintrittspflicht zugebilligt werden. Die Länge dieser Frist hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. In der Regel beläuft sich diese Prüfungsfrist auf 4 bis 6 Wochen.
Wenn vor Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist Klage erhoben wird, kann der Haftpflichtversicherer die Klageforderung unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkennen, so dass der Kläger die Verfahrenskosten gem. § 93 ZPO zu tragen hat. Macht der Haftpflichtversicherer die Schadensregulierung von der Vorlage aussagekräftiger Schadensbelege abhängig, gibt er keine Veranlassung zur Klageerhebung gem. § 93 ZPO, so dass die Kosten der verfrühten Klage ebenfalls zu Lasten des Klägers gehen.
Der Geschädigte braucht aber in der Regel nicht abzuwarten, bis der Versicherer Einsichtnahme in die polizeiliche Ermittlungsakte nehmen konnte.
1. Gerichtsstand
Versicherer, Halter und Fahrer können gemeinsam am Gerichtsstand des Unfallortes direkt verklagt werden (§§ 32 ZPO, 20 StVG, 115 VVG).
Es besteht nur eine einfache, keine notwendige Streitgenossenschaft, so dass auch jeweils eine gesonderte Klage gegen Fahrer, Halter und Pflichthaftpflichtversicherer möglich ist.
Es kommen somit 5 Gerichtsstände in Betracht,
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allgemeiner Gerichtsstand des Halters (§§ 12,13 ZPO), |
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allgemeiner Gerichtsstand des Fahrers (§§ 12, 13 ZPO), |
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allgemeiner Gerichtsstand des Pflichthaftpflichtversicherers (§§ 12, 17 ZPO), |
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Gerichtsstand der zuständigen Niederlassung des Pflichthaftpflichtversicherers (§ 21 ZPO), |
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Gerichtsstand des Unfallortes (§ 32 ZPO). |
In der Regel bietet es sich an, den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung zu wählen, da nur dieser Gerichtsstand der einzige gemeinsame Gerichtsstand der Anspruchsgegner ist. Wenn der Unfallhergang streitig ist, sollte die Klage bei dem gem. § 32 ZPO zuständigen Gericht erhoben werden, da das Gericht im Zweifel über Ortskenntnisse, jedenfalls über die größere Nähe zum Unfallort verfügt und auch die Unfallzeugen durch das Prozessgericht vernommen werden können.
Bei Streit über die Schadenshöhe kann einer der vorgenannten 5 Gerichtsstände unter dem Gesichtspunkt der Praktikabilität und der Ortsnähe des Prozessanwalts ausgewählt werden. In allen Fällen ist es jedoch sinnvoll und erforderlich, den Haftpflichtversicherer zu informieren, damit dieser für eine ordnungsgemäße Prozessführung sorgt und im Falle einer Verurteilung des Halters oder des Fahrers den Urteilsbetrag zahlt.
Sind Grund und Höhe unstreitig, sollte der Fahrer in den Rechtsstreit als Beklagter einbezogen werden, damit er nicht als Zeuge "in eigener Sache" in Betracht kommt. Bei Streit über die Schadenshöhe genügt es, lediglich den Pflichthaftpflichtversicherer zu verklagen, da dieser wie Fahrer und Halter für alle Ansprüche gem. §§ 7 StVG, 823 BGB einzustehen hat.
Demgegenüber ist es im Regelfall sinnlos und sogar schädlich, den Halter in den Rechtsstreit einzubeziehen. Hierdurch wird die Möglichkeit der Drittwiderklage eröffnet, so dass dann der Fahrer, der dem Kläger als Unfallzeuge zur Verfügung steht, im Wege der Drittwiderk...