ZPO § 269 Abs. 3 S. 2 HS 1
Leitsatz
Im Falle einer Klagerücknahme kommt ein der Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 2 HS 1 ZPO entgegengerichteter materiell-rechtlicher Anspruch auf Kostenerstattung nicht in Betracht, wenn der Sachverhalt, der zu dieser Kostenentscheidung geführt hat, unverändert bleibt (Anschluss an BGHZ 45, 251 sowie BGH, GRUR 1995, 169 und WM 2002, 396).
BGH, Urt. v. 16.2.2011 – VIII ZR 80/10
Sachverhalt
“Die Bekl. mieteten im Jahre 1999 von der Kl. eine preisgebundene Wohnung in B. Nach Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen erhöhte die Kl. die Miete mit Schreiben v. 27.7.2001. Die Bekl. widersprachen der Mieterhöhung und zahlten die Erhöhungsbeträge in der Folgezeit nicht. Mit Schreiben v. 28.6.2005 kündigte die Kl. das Mietverhältnis wegen eines zwischenzeitlich aufgelaufenen Mietrückstandes von 4.414,98 EUR fristlos. Zur Zahlung dieses Betrages sind die Bekl. mittlerweile durch Urteil des AG Bonn v. 12.4.2007 rechtskräftig verurteilt worden. Eine im Anschluss an die Kündigung erhobene Räumungsklage nahm die Kl. dagegen zurück, nachdem das von ihr angerufene AG darauf hingewiesen hatte, dass bei fehlender Zustimmung zur Mieterhöhung die erhöhte Miete erst ab Rechtskraft eines dahin gehend stattgebenden Urteils geschuldet sei und im Übrigen Zweifel am Verschulden der Bekl. bestünden. Mit Beschl. v. 3.11.2005 sind die Kosten des Rechtsstreits gem. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO der Kl. auferlegt worden. Die den Bekl. zu erstattenden Kosten sind durch bestandskräftigen Kostenfestsetzungsbeschluss v. 10.11.2005 auf 856,54 EUR nebst Zinsen festgesetzt worden.
Das AG hat die auf Rückerstattung des festgesetzten Betrages nebst 7,66 EUR Zinsen, auf Erstattung der der Kl. im Räumungsrechtsstreit entstandenen eigenen Rechtsanwaltskosten von 532,90 EUR sowie von 186,24 EUR Rechtsanwaltskosten aus Anlass einer dem vorliegenden Rechtsstreit vorausgegangenen anwaltlichen Zahlungsaufforderung v. 25.4.2007 gerichtete Klage abgewiesen. Das BG hat unter teilweiser Abänderung dieses Urteils und Zurückweisung der weiter gehenden Berufung der Kl. die Bekl. zur Zahlung von 532,90 EUR nebst Zinsen verurteilt. Mit ihrer vom BG zugelassenen Revision verfolgt die Kl. ihren Klageanspruch in vollem Umfang weiter.
2 Aus den Gründen:
[3] “Die Revision hat keinen Erfolg.
[4] I. Das BG hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
[5] Die Kl. könne lediglich diejenigen Rechtsanwaltskosten erstattet verlangen, die ihr seinerzeit im Räumungsrechtsstreit als Kosten des eigenen Rechtsanwalts entstanden seien. Dagegen seien die Bekl. der Kl. weder zur Erstattung der von ihr aufgrund des Kostenfestsetzungsbeschlusses v. 17.11.2005 gezahlten Prozesskosten noch der bei ihr aus Anlass des vorliegenden Rechtsstreits vorprozessual angefallenen Rechtsanwaltskosten verpflichtet.
[6] Hinsichtlich der aufgrund des Kostenfestsetzungsbeschlusses erstatteten Kosten habe es am erforderlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Verzug der Bekl. mit der Rückgabe der Wohnung und der Übernahme der Kosten durch die Kl. gefehlt. Mit der durch diesen Verzug veranlassten Klageerhebung seien der Kl. zwar die Kosten des von ihr beauftragten Rechtsanwalts entstanden, nicht jedoch die Verpflichtung, auch die Kosten der Bekl. zu tragen. Diese Kosten seien vielmehr allein dadurch angefallen, dass die Kl. die Räumungsklage ohne rechtlich zwingenden Grund zurückgenommen habe. Die von ihr erklärte Klagerücknahme sei keine von ihr unbeeinflussbare zwingende Folge eines prozessualen Ereignisses gewesen. Denn hätte sie das AG darauf hingewiesen, dass die Kündigung nicht gem. § 569 Abs. 3 BGB ausgeschlossen gewesen sei, wären die Bekl. auf deren Kosten zur Räumung verurteilt worden. Sie habe dagegen ohne ausreichende rechtliche Überprüfung des vom AG erteilten Hinweises die Klage aus freien Stücken zurückgenommen.
[7] Ebenso wenig seien die Rechtsanwaltskosten erstattungsfähig, die durch die dem vorliegenden Rechtsstreit vorausgegangene Zahlungsaufforderung der Kl. v. 25.4.2007 angefallen seien. Auch diese Kosten könnten nicht ursächlich auf den Verzug der Bekl. mit der Herausgabepflicht zurückgeführt werden. Denn die Einschaltung der Prozessbevollmächtigten der Kl. habe insoweit nicht der Durchsetzung des Herausgabeanspruchs, sondern der Rückforderung der Kosten des vorangegangenen Rechtsstreits gedient. Zur Erstattung dieser Kosten seien die Bekl. jedoch erstmals unter dem 25.4.2007 aufgefordert worden, ohne dass sie sich vorher mit einer Erstattungspflicht im Verzug befunden hätten.
[8] II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
[9] Einem materiell-rechtlichen Anspruch der Kl. auf Rückerstattung der Prozesskosten, die sie aufgrund der im Räumungsrechtsstreit erklärten Klagerücknahme an die Bekl. geleistet hat, stehen – anders als das BG meint – bereits die in jenem Verfahren nach § 269 Abs. 3 S. 2 HS 1 ZPO eingetretene Kostenfolge und der daraufhin zugunsten der Bekl. ergangene Kostenfestsetzungsbeschluss entgegen. Ebenso wenig kommt ein Anspruch auf Ersatz der aus Anlass de...