Grundsätze
Wenn der Antragsteller und der Versicherungsvertreter arglistig zur Täuschung des VR zusammenwirken, erfolgt ausnahmsweise über § 242 BGB keine Wissenszurechnung zu Lasten des VR. Ein Vertretener ist gegen einen erkennbaren Missbrauch der Vertretungsmacht im Verhältnis zum Vertragspartner ausnahmsweise dann geschützt, wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch gemacht hat, so dass beim Vertragspartner begründete Zweifel entstehen müssen, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem Vertretenen vorliegt. Bei Arglist des VN scheidet daher die sonst übliche Wissenszurechnung ("Auge-und-Ohr") aus, weil der Antragsteller in diesem Fall den mit der Wissenszurechnung verbundenen Schutz nicht verdient. Bedingter Vorsatz reicht aus.
Dies kann in der Form geschehen, dass der VN das treuwidrige Verhalten des Versicherungsagenten gegenüber dem von ihm vertretenen VR positiv kennt und billigt, sog. kollusives Zusammenwirken, oder der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch macht, so dass beim Vertragspartner begründete Zweifel entstehen müssen, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem Vertretenen vorliegt, sog. evidenter Vollmachtsmissbrauch.
Kollusion liegt also vor, wenn der VN und der Agent arglistig zum Nachteil des VR zusammenwirken, evidenter Vollmachtsmissbrauch, wenn der Agent in einer Weise von seiner Vertretungsmacht Gebrauch macht, die es für den VN offensichtlich werden lässt, dass der Agent seine Vollmacht missbraucht. Für Letzteres reicht also aus, dass der Antragsteller im Laufe des Antragsgesprächs erkennt, dass "hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht" und er dies billigend hinnimmt und duldet, dass der Versicherungsvertreter gegen die Interessen des von ihm vertretenen VR handelt.
Die Grenzen sind fließend und praktisch wenig bedeutsam, so lange es sich beim Antragsteller aufdrängen muss, dass der Versicherungsvertreter nicht korrekt handelt und er dies (bedingt vorsätzlich) hinnimmt. An die Evidenz des Missbrauchs ist aber ein strenger Maßstab anzulegen, welcher der besonderen Stellung eines Versicherungsagenten gerecht zu werden hat, dessen Auskünfte als "Auge-und-Ohr" des VR grundsätzlich nicht vom Antragsteller kontrolliert werden müssen. Prozessual sind "tragfähige Feststellungen" zur Arglist erforderlich, wofür ein bloßer Hinweis im Urteil auf ein "Nicht-Glauben-Können" nicht ausreicht.
Insbesondere bei "ins Auge springenden" Vorerkrankungen muss sorgfältig hinterfragt werden, ob und ggf. in welchem Maß der Antragsteller noch auf ein Beschwichtigen des Versicherungsvertreters vertrauen durfte. Je gravierender bspw. eine Krankengeschichte ist, desto weniger wird dies trotz des besonderen Vertrauensverhältnisses, das der VR durch Entsendung seines Vertreters setzt, der Fall sein. Faktisch können hier alle Indizien, die auch bei einer Arglist-Prüfung für und gegen den Antragsteller sprechen, verwendet werden.