RL 91/439/EWG Art. 8 Abs. 1; RL 2006/126/EG Art. 11 Abs. 1
Leitsatz
1. Eine Anerkennungspflicht gilt nur für solche in einem anderen Mitgliedstaat neu erworbenen Fahrerlaubnisse, deren Erteilung – auch nach den unionsrechtlichen Vorgaben – eine Eignungsüberprüfung des Bewerbers vorangegangen sein muss.
(amtlicher Leitsatz)
2. Handelt es sich bei Ausstellung eines britischen Führerscheins um einen bloßen Umtausch einer – vermeintlich bestehenden – deutschen Fahrerlaubnis, so genügt dies nicht.
(Leitsatz der Schriftleitung)
BVerwG, Beschl. v. 8.9.2011 – 3 B 19.11
Aus den Gründen:
[2] “… 1. Dem Kl., der von einem in Großbritannien ausgestellten Führerschein in Deutschland Gebrauch machen will, wurden seine in den Jahren 1980 und 1982 in Deutschland erteilten Fahrerlaubnisse für die Klassen 1b, 1 und 3 sowie die ihm 1989 erteilte Fahrerlaubnis der Klasse 2 durch Strafurteil v. 8.3.1995 wegen einer Trunkenheitsfahrt entzogen. Seine 1996 in Deutschland neu erteilte Fahrerlaubnis für die Klassen 1 und 2 verlor er wegen einer erneuten Trunkenheitsfahrt durch Strafurteil v. 25.3.2002. Die in der Folgezeit in Deutschland gestellten Anträge auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nahm er zurück, nachdem zwei medizinisch-psychologische Gutachten negativ ausgefallen waren. Am 14.2.2009 erhielt der Kl. in Großbritannien einen von der Driver and Vehicle Licensing Agency in Swansea ausgestellten Führerschein der Klassen A, B, BE, B1, F, K und P; im Führerschein ist ein Wohnsitz in London eingetragen. Auf der Rückseite des Führerscheins wird in der Spalte 10 (Erteilungsdatum) zu den Klassen B, B1, F, K und P jeweils das Datum ‘22-03-82’, zur Klasse A das Datum “29-10-82' und zur Klasse BE das Datum “01-01-97' angegeben; außerdem ist in der Spalte 12 (Beschränkungen/Zusatzangaben) zu den Klassen A, B und BE der Code “70D' vermerkt. Als der Bekl. davon Kenntnis erhielt, stellte er durch Bescheid v. 28.10.2009 fest, dass dieser Führerschein den Kl. nicht berechtige, auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Kfz der dort genannten Klassen zu führen; er forderte den Kl. unter Androhung eines Zwangsgeldes auf, den Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen. Weil der Kl. dem nicht nachkam, drohte ihm der Bekl. mit Bescheid v. 11.11.2009 die Anwendung unmittelbaren Zwangs an. Spätestens am 23.11.2009 trug der Bekl. nach erfolgter Vorlage einen Sperrvermerk für Deutschland in den Führerschein des Kl. ein. Die gegen die Bescheide gerichtete Klage hat das VG abgewiesen; die Berufung des Kl. hat der VGH, soweit die Parteien das Verfahren nicht für erledigt erklärt hatten, zurückgewiesen. Zur Begründung heißt es: Der Kl. besitze keine Fahrerlaubnis der Klassen A, B und BE. Ihm sei lediglich im Wege eines Führerscheinumtausches anstelle eines deutschen Führerscheins, von dessen Besitz die britische Behörde entweder irrig ausgegangen sei oder über dessen Nichtexistenz sie bewusst oder aus Nachlässigkeit hinweggesehen habe, ein britischer Führerschein ausgestellt worden. Dass die Behörde hier nur einen Umtausch vornehmen, aber keine neue Fahrerlaubnis habe erteilen wolle, ergebe sich aus der Eintragung des Codes ‘70D’, der einen Führerscheinumtausch ausweise. Der Kl. habe zum Zeitpunkt dieses Umtausches aber über keine deutsche Fahrerlaubnis mehr verfügt. Eine auch in Deutschland geltende Fahrberechtigung für die Klassen F, K und P könne der Kl. aus dem Führerschein deshalb nicht herleiten, weil es sich insofern um nicht der Anerkennungspflicht unterfallende nationale Klassen nach britischem Recht handele. Hinsichtlich der Klasse B1 fehle die Fahrberechtigung, weil Voraussetzung hierfür eine Fahrerlaubnis der Klasse B sei, über die der Kl. aber nicht verfüge. Dass dem britischen Führerschein keine Geltung zuerkannt werde, sei auch mit dem Unionsrecht vereinbar. Die Anerkennungspflicht nach der 2. und nach der 3. EU-Führerscheinrichtlinie betreffe nur neu erworbene Fahrerlaubnisse, bei denen es Sache des Ausstellermitgliedstaats sei, die unionsrechtlichen Mindestvoraussetzungen für die Erteilung und damit auch die Eignung des Betr. zu überprüfen. Das sei beim bloßen Umtausch einer Fahrerlaubnis, wie er hier stattgefunden habe, nicht der Fall.
[3] 2. a) Aus der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ergibt sich nicht, dass der Rechtssache die behauptete grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zukommt. Eine klärungsbedürftige und im erstrebten Revisionsverfahren klärungsfähige Rechtsfrage des revisiblen Rechts wird nicht in der gem. § 133 Abs. 3 S. 3 VwGO gebotenen Weise herausgearbeitet.
[4] Die Beschwerdebegründung begnügt sich zum einen mit der Behauptung, dass die Umtauschproblematik nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG nach wie vor ungeklärt sei und dass sich auch nach der 3. EU-Führerscheinrichtlinie nicht recht nachvollziehen lasse, was es mit der alten und einer etwaigen neuen Fahrerlaubnis auf sich habe. In dieser allgemeinen Form würden sich die aufgeworfenen Fragen in Bezug auf Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG oder ...