VBHAI Ziff. 5.2.3., 6.2.3.; BGB § 307 Abs. 1
Leitsatz
Eine Klausel in einer Berufshaftpflichtversicherung für Architekten, die die Verletzung der Pflicht zu zutreffenden Angaben über die für die Beitragshöhe maßgeblichen Honorarumsätze durch eine Vertragsstrafe in Höhe des fünffachen Betrags der daraus folgenden Prämiendifferenz sanktioniert, benachteiligt den VN unangemessen und ist deshalb unwirksam.
BGH, Urt. v. 30.5.2012 – IV ZR 87/11
Sachverhalt
Der Bekl. ist Architekt und unterhielt bei der Kl. eine Berufshaftpflichtversicherung, der die Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung von Architekten, Bauingenieuren und Beratenden Ingenieuren Komfortschutz 03.2004 (VBHAI) zugrunde liegen. In diesen Bedingungen heißt es unter anderem:
“5.2.3 Beitragsabrechnung
Der VN ist verpflichtet, nach Erhalt einer Aufforderung des VR, welche auch durch einen der Beitragsrechnung aufgedruckten Hinweis erfolgen kann, Mitteilung darüber zu machen, ob und welche Änderung in dem versicherten Risiko gegenüber den zum Zwecke der Beitragsbemessung gemachten Angaben eingetreten ist. …
6.2.3 Unrichtige oder unterlassene Angaben zur Beitragsabrechnung
Unrichtige Angaben zum Nachteil des VR berechtigen diesen, eine Vertragsstrafe in fünffacher Höhe des festgestellten Beitragsunterschieds vom VN zu erheben, sofern letzterer nicht beweist, dass die unrichtigen Angaben ohne ein von ihm zu vertretendes Verschulden gemacht worden sind.“
Im Versicherungsantrag vom 23.5.2005 hatte der Bekl. eine Jahresnettohonorarsumme von 30.000 EUR angegeben. Die Höhe der Versicherungsprämie richtete sich nach dieser Honorarsumme. Im Januar 2006 erstellte der Bekl. für ein Bauvorhaben eine Schlussrechnung über insgesamt 401.599,75 EUR brutto, die die Bauherren nicht bezahlten. Gegen die vom Bekl. erhobene Honorarklage verteidigten sie sich mit Gegenansprüchen aufgrund einer von ihnen geltend gemachten fehlerhaften Architektenleistung.
Diese Inanspruchnahme meldete der Bekl. bei der Kl. als Versicherungsfall an und legte in diesem Zusammenhang auch seine Schlussrechnung vor. Mit Schreiben v. 9.2.2009 machte die Kl. daraufhin gegen den Bekl. eine Beitragsnachforderung von (netto) 4.257,44 EUR und eine Vertragsstrafe von (netto) 21.287,20 EUR zuzüglich 19 % Versicherungssteuer, insgesamt 30.398,19 EUR, geltend.
2 Aus den Gründen:
“… I. Das BG hat ausgeführt, der Kl. stehe kein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe zu. Die Regelungen in Ziff. 6.2.3 i.V.m. Ziff. 5.2.3 VBHAI seien nach § 34a VVG a.F. und auch nach § 307 BGB wirkungslos, weil sie zum Nachteil der VN von §§ 23 ff. VVG a.F. abwichen. Die Bestimmungen regelten die Folgen von Gefahrerhöhungen nach Abschluss des Versicherungsvertrags und die dabei vorliegenden, für den VN nachteiligen Abweichungen von den gesetzlichen Bestimmungen würden durch anderweitige, ihm günstige Vertragsgestaltungen nicht ausgeglichen.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
2. Es kann offen bleiben, ob die in Ziff. 6.2.3 i.V.m. Ziff. 5.2.3 VBHAI vereinbarte Regelung zum Nachteil des VN von den gesetzlichen Bestimmungen über die Gefahrerhöhung (§§ 23 ff. VVG a.F.) abweicht und deshalb nach § 34a VVG a.F. unwirksam ist.
3. Die Vertragsstrafenregelung in Ziff. 6.2.3 VBHAI ist jedenfalls nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, weil sie den VN unangemessen benachteiligt.
a) Die Unwirksamkeit folgt allerdings nicht schon daraus, dass die Vertragsstrafenvereinbarung dem VN in Ziff. 5.2.3 VBHAI die Pflicht auferlegt, auf Verlangen des VR Angaben zu seinen die Beitragshöhe bestimmenden Honorarumsätzen zu machen, und eine Verletzung dieser Pflicht durch eine Vertragsstrafe sanktioniert. Dies wird vielmehr durch das legitime Interesse der Kl. gerechtfertigt, ihre VN zur Mitwirkung bei der Ermittlung der Berechnungsgrundlagen des Prämienanspruchs anzuhalten, auf die sie angewiesen ist.
b) Unangemessen ist jedoch die Höhe der vereinbarten Vertragsstrafe. Eine Vertragsstrafenvereinbarung in AGB muss trotz ihrer Druck- und Kompensationsfunktion auch die Interessen des Vertragspartners ausreichend berücksichtigen (vgl. BGH BGHZ 153, 311 unter II A 4 c dd). Die Höhe einer vertragsmäßig ausbedungenen Vertragsstrafe ist daher insb. dann unangemessen, wenn die Sanktion außer Verhältnis zum Gewicht des Vertragsverstoßes und zu dessen Folgen für den Vertragspartner steht (BGH NJW 1997, 3233, 3234 unter II 2). Ihre Höhe darf also nicht außer Verhältnis zu dem möglichen Schaden geraten, der durch das mit der Vertragsstrafe sanktionierte Verhalten des Kunden ausgelöst wird (BGH, a.a.O.).
Da sich die Folgen der hier in Rede stehenden unrichtigen Angaben darauf beschränken, dass die Kl. an der zutreffenden Berechnung ihres Prämienanspruchs gehindert wird und ihr dadurch die Prämiendifferenz entgehen kann, darf die Höhe der in Ziff. 6.2.3 VBHAI vorgesehenen Vertragsstrafe nicht außer Verhältnis zu dem Prämienvorteil stehen, den der VN sich durch seine falschen Angaben erschleicht.
Das ist bei der hier vereinbarten Vertragsstrafe in fünffacher Höhe des festgestell...