ZPO § 256; VVG § 21
Leitsatz
Für eine isolierte Klage auf Feststeilung, dass der Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag nicht durch Anfechtung und/oder Rücktritt erloschen ist, besteht auch dann ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Versicherte behauptet, berufsunfähig zu sein, und deshalb Leistungsklage erheben könnte.
OLG Hamm, Beschl. v. 11.4.2011 – 20 W 11/12
Aus den Gründen:
“I. Der ASt. begehrt Prozesskostenhilfe für eine Klage gegen seinen VR auf Feststellung, dass der von ihnen geschlossene Vertrag über eine Risiko-Lebensversicherung nebst Berufsunfähigkeitszusatzversicherung fortbesteht und nicht durch Rücktritt oder Anfechtung erloschen ist. Das LG hat dieses Prozesskostenhilfegesuch mangels Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage abgelehnt. Die isolierte Feststellungsklage sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig, weil der ASt. im Hinblick auf die von ihm behauptete Berufsunfähigkeit direkt auf Leistung klagen könne. Im Rahmen dieses Verfahrens sei dann als Vorfrage zu klären, ob seitens des VR Anfechtung und/oder Rücktritt wirksam erklärt worden seien.
II. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des ASt. v. 1.3.2012 ist zulässig, insb. fristgerecht eingelegt, und auch in der Sache selbst begründet. Das ergibt sich aus Folgendem:
1. Einer Partei, die nach ihren wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält nach § 114 S. 1 ZPO Prozesskostenhilfe, wenn ihre Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
2. Die beabsichtigte Klage ist zulässig.
Es besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis für die isolierte Klage auf Feststellung, dass der zwischen den Beteiligten geschlossene Versicherungsvertrag fortgilt und nicht durch Anfechtung oder Rücktritt erloschen ist.
Der Kl. kann nicht auf eine Leistungsklage verwiesen werden, da eine solche Klage nicht zwingend die Vorfrage klärt, ob der Versicherungsvertrag noch fortbesteht oder nicht. Würde zum Beispiel eine etwaige Leistungsklage mangels festgestellter Berufsunfähigkeit abgewiesen, so bliebe der Bestand des Versicherungsvertrags offen und es bestünde weiterhin ein rechtsschutzwürdiges Interesse des VN an der erstrebten Klarheit über dessen Fortgeltung, und zwar im Hinblick auf mögliche spätere Ansprüche aus diesem Versicherungsvertrag. Auch bei erfolgreicher Leistungsklage würde nicht immer über die Wirksamkeit eines Rücktritts zu entscheiden sein. Der VR ist nämlich trotz eines möglicherweise wirksamen Rücktritts dann zur Leistung verpflichtet, wenn sich die Verletzung der Anzeigepflicht auf einen Umstand bezieht, der weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalls noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistung des VR von Bedeutung ist (§ 21 Abs. 2 S. 1 VVG). In einem solchen Fall könnte also für die Entscheidung über den Leistungsantrag im Ergebnis offen bleiben, ob die Voraussetzungen eines Rücktritts vorliegen oder nicht. …“