Einen weiteren Problemschwerpunkt, bei dem die Instanzgerichte häufig das Betriebsmerkmal zu eng auslegen, stellen Unfälle dar, bei denen es nicht zu einer Kollision zwischen dem Verursacherfahrzeug und dem Geschädigten gekommen ist, weil dieser noch ausgewichen ist. Nach einer grundlegenden Entscheidung des BGH ist das Merkmal bei dem Betrieb bereits dann erfüllt, wenn der Vorausfahrende ein Fahrverhalten zeigt, welches im Verkehr typischerweise als Beginn oder Ankündigung eines unmittelbar anschließenden Überholvorgangs aufgefasst werden kann. Es kommt nicht darauf an, ob die Ausweichreaktion voreilig erfolgte. Der BGH hat seine Rechtsprechung im "Tiefgaragenfall" bestätigt und klargestellt, dass eine Zurechnung zu dem Betrieb nicht erfordert, dass die veranlasste Ausweichreaktion objektiv erforderlich war. Ungeachtet dessen wird durch verschiedene Oberlandesgerichte unter Bezugnahme auf das KG angenommen, es sei die Feststellung erforderlich, dass die Ausweichreaktion subjektiv vertretbar war. Es müsse festgestellt werden, dass "das Verhalten des in Anspruch genommenen dem Geschädigten subjektiv zur Befürchtung Anlass gegeben habe, es werde ohne seine Reaktion zu einer Kollision kommen" bzw., dass er sich "berechtigterweise durch die Fahrweise habe veranlasst sehen müssen auszuweichen, um eine Kollision zu vermeiden". Zum Teil wird auch in Anlehnung an die Verfolgerfälle darauf abgestellt, ob der Geschädigte sich zu der Ausweichreaktion habe herausgefordert sehen dürfen.
Der BGH korrigierte zuletzt die zitierte Entscheidung des OLG Brandenburg und stellte klar, dass es nicht darauf ankomme, ob die von dem Geschädigten vorgenommene Ausweichreaktion aus seiner Sicht, also subjektiv, erforderlich war oder sich gar für ihn als die einzige Möglichkeit darstellte, um eine Kollision zu vermeiden. Ob der Geschädigte subjektiv vertretbar eine Gefährdung habe annehmen dürfen, sei für den haftungsrechtlichen Zurechnungszusammenhang unerheblich. Insbesondere komme es nicht darauf an, ob der Geschädigte einen Zusammenstoß auf andere Weise als durch Ausweichen hätte verhindern können. Ausreichend sei, dass die Ausweichreaktion einem bestimmten Fahrzeug "gegolten" hat bzw. dadurch veranlasst wurde. Die abweichende Rechtsprechung der Oberlandesgerichte ist m.E. schon deshalb nicht tragfähig, weil die Frage, ob ein Kraftfahrzeug durch seine Fahrweise oder sonstige Verkehrsbeeinflussung zu der Entstehung des Schadens beigetragen hat, nicht davon abhängt, ob das mitursächliche Verhalten des Geschädigten subjektiv vertretbar ist. Hier wird das fehlende Mitverschulden rechtsfehlerhaft zur ungeschriebenen Anspruchsvoraussetzung der Gefährdungshaftung erhoben.